Europa soll ein globaler Akteur werden, jetzt schlage die Stunde der europäischen Souveränität – dann kündigt der Kommissionspräsident das Ende der Zeitumstellung an. Hier die wichtigsten Punkte aus Junckers letzter Rede zur Lage der Union.
Selbstbewusstes Europa
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat Europa aufgefordert, international selbstbewusster aufzutreten. «Wir müssen ein großer globaler Akteur werden», sagte Juncker am Mittwoch in seiner jährlichen Rede zur Lage der Union vor dem Europaparlament in Straßburg. Er schlug dabei vor, die internationale Rolle des Euro zu stärken und in der Außen- und Sicherheitspolitik das Prinzip einstimmiger Entscheidungen teilweise aufzuheben.
Souveränes Europa
«Jetzt schlägt die Stunde der europäischen Souveränität», sagte Juncker, dessen Amtszeit im Oktober kommenden Jahres endet. «Die Weltpolitik verlangt es von uns.» Europa müsse sich von denen abgrenzen, die «Handels- oder Währungskriege führen, sagte er offenbar mit Blick auf die «America first»-Politik von US-Präsident Donald Trump. Und die EU müsse Antworten auf globale Herausforderungen wie den Klimawandel und Terrorismus geben. Die EU müsse dazu aber zunächst selbst Einigkeit unter Beweis stellen und «Differenzen zwischen Nord und Süd, Ost und West, rechts und links überwinden», sagte der 63-Jährige. Denn Europa sei «zu klein, als dass es sich zwei- oder vierteilen könnte».
Mehr Gewicht für den Euro
«Der Euro muss das Gesicht und das Werkzeug der neuen europäischen Souveränität werden», forderte Juncker. Es sei «abwegig», dass Europa 80 Prozent der Rechnungen für Energieeinfuhren in Dollar bezahle oder europäische Airlines ihre Flugzeuge in Dollar kauften und nicht in Euro. Die Kommission werde deshalb bis Jahresende einen Vorschlag präsentieren, «um die internationale Bedeutung des Euro zu stärken».
Keine Einstimmigkeit mehr bei der Außenpolitik
Um global mehr Gewicht zu bekommen, müsse die EU auch die bisher nötige Einstimmigkeit bei bestimmten Entscheidungen der Außenpolitik aufheben, sagte Juncker. Sie sollten von den Mitgliedstaaten mit qualifizierter Mehrheit getroffen werden. Der Kommissionschef nannte dabei Beschlüsse in Reaktion auf Menschenrechtsverletzungen oder zur Entsendung ziviler Auslandsmissionen. In einer Mitteilung nannte seine Behörde auch Beschlüsse zur Verhängung von Sanktionen.
Die Zeitumstellung – und was passieren soll
Juncker hat die Abschaffung der Zeitumstellung für das kommende Jahr angekündigt. Die Europäer würden nicht zufrieden sein, wenn aufgrund europäischer Regulierungen weiterhin zwei Mal im Jahr die Zeit umgestellt würde, sagte. Die Entscheidung, ob sie die Sommer- oder die Winterzeit behalten wollen, sollen die Mitgliedstaaten demnach selbst treffen. Die Kommission veröffentlichte derweil einen konkreten Vorschlag, wie die Abschaffung der Zeitumstellung funktionieren soll. Demnach würden am 31. März 2019 das letzte Mal die Uhren in den EU-Staaten verpflichtend umgestellt. Beim nächsten Termin, dem 27. Oktober 2019, wäre die Zeitumstellung für die Mitgliedstaaten freiwillig. Danach soll es keine weiteren Umstellungen zwischen Sommer- und Winterzeit geben.
Mehr Grenzschützer
Juncker will die Zahl der europäisch finanzierten Grenzschützer bis zum Jahr 2020 auf 10.000 Beamte erhöhen. «Außengrenzen müssen stärker geschützt werden», sagte Juncker. Gleichzeitig solle die EU die Mitgliedstaaten bei der Bearbeitung von Asylanträgen und einer beschleunigten Abschiebung «irregulär eingereister Migranten» stärker unterstützen. Juncker forderte die Mitgliedstaaten auf, sich noch vor der Europawahl im Mai 2019 auf eine Reform des Asylsystems und die Verteilung eintreffender Flüchtlinge zu verständigen.
Aber auch mehr Solidarität
«Wir können nicht bei der Ankunft eines jeden neuen Schiffes über Ad-hoc-Lösungen für die Menschen an Bord streiten», sagte er. Ohne Solidarität der Mitgliedstaaten drohten dauerhaft Grenzenkontrollen im Schengenraum, der in Europa normalerweise Reisefreiheit garantiert. Der Kommissionspräsident plädierte zudem für «legale Einwanderungswege» in die EU. Europa brauche «qualifizierte Migranten», sagte Juncker. Er forderte die Mitgliedstaaten dazu auf, von der Kommission gemachte Vorschläge auch umzusetzen. Es ist Junckers letzte jährliche Rede zur Lage der Union.
Der frühere Luxemburger Regierungschef steht seit Ende 2014 an der Spitze der EU-Kommission. Seine Amtszeit endet im Oktober kommenden Jahres. Der 63-jährige hat bereits erklärt, dass er kein weiteres Mandat anstrebt.
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