Die deutschen Sozialdemokraten haben ein Problem. Im Wahlkampf 2021 punktete die Partei mit dem Kandidaten Olaf Scholz, der sich wohltuend vom Unions-Personaldrama Armin Laschet versus Markus Söder abhob und sich gegen die Unerfahrenheit von Annalena Baerbock (Grüne) behaupten konnte. Das Wahlkampfmotiv „Respekt“ verkörperte der Sozialdemokrat Scholz glaubhaft, gleichzeitig stand er für politische Solidität.
Zwei Jahre später ist der Kanzler in höchster Bedrängnis und mit ihm seine Partei. Scholz wird das Ampel-Chaos von Heizungsgesetz bis Haushaltsstreit angelastet – von souveränem Regieren kann keine Rede sein. Und die SPD wird gerade in der Haushaltsdebatte zunehmend wahrgenommen als Partei, die sich zwar für einen starken Sozialstaat einsetzt, dabei aber die „zahlende Mitte“ vergisst. Denn die Haushaltseinigung mit FDP und Grünen hat derzeit eine erstaunliche Schieflage.
Wahlen gewinnt man damit nicht
Am Konzept Bürgergeld war für die SPD nicht zu rütteln, dabei ist das Hilfssystem mit Transfer-, Miet- und Heizungszahlungen so unübersichtlich, dass auch Fachleute Reformen anmahnen. Die Idee, jedem individuell zu helfen und möglichst wenig zu sanktionieren, ist so nicht mehr darstellbar – erst recht nicht, wenn der Arbeitsmarkt so leergefegt ist wie derzeit. Sich hier ehrlich zu machen, ohne Härtefälle zu belangen, würde auch der SPD gut zu Gesicht stehen. Oder: Warum hat man nicht die Rente mit 63 beerdigt, ein Projekt, das dem viel zitierten Dachdecker mittlerweile weniger zugutekommt als dem gut situierten Facharbeiter, den der Arbeitsmarkt so dringend braucht?
Stattdessen treffen die Haushaltspläne nun etwa Pendler an der Tankstelle, Verbraucher im Supermarkt und Arbeitnehmer bei den Sozialabgaben. Die Koalitionsbeschlüsse sehen zum Schließen milliardenschwerer Haushaltslücken Mehrbelastungen unter anderem durch einen höheren CO2-Preis und einen Anstieg der Netzentgelte für Strom vor. Die Landwirte werden ihre Mehrkosten an die Bürger weitergeben. Auch das trifft die Mitte. Eine Einkommensteuerreform, vom SPD-Generalsekretär gerade angeregt, wäre ein kluges Zeichen.
Denn allein mit einer Erhöhung der Pendlerpauschale, wie sie SPD-Chef Lars Klingbeil nun ins Spiel bringt, wird es nicht getan sein. Doch Bezieher höherer Einkommen, denen die Idee der Solidargemeinschaft nicht abhandengekommen ist, nur der Union zu überlassen, kann kein strategisches Ziel der SPD sein. Stramm links mag man Parteitage begeistern. Wahlen aber gewinnt man damit nicht.
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