Headlines

EditorialDas Digitale ist nicht die schöne, bessere Welt

Editorial / Das Digitale ist nicht die schöne, bessere Welt
Suspekte digitale Welt: Auf allen Ebenen vernetzt zu sein, kann niemals den persönlichen Kontakt ersetzen Foto: Jens Büttner/dpa

Jetzt weiterlesen! !

Für 0.99 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Die Regierung verspricht via Anzeige eine digitale Welt für jeden. Sie wirbt für digitale Inklusion. In anderen Worten: Jeder soll beim digitalen, also per Computer generierten Fortschritt dabei sein, mitmachen und profitieren können. Unterm Strich soll das also wohl bedeuten, dass alles besser wird. Aber ist dem so?

Nein, ist es nicht. Sicher nicht vollumfänglich und noch nicht jetzt. Zumindest darf man also ob des Angebotes zweifeln oder anmerken, dass der Weg zum digitalen Paradies kein einfacher ist oder sein wird.

Lebt ein Mensch, der sich heute gegen dieses, schön präsentierte Allheil-Wundermittel in Form der digitalen Welt in irgendeiner Form wehrt, verkehrt? Nein! Warum?

An schriftlichen Benachrichtigungen, ergo Informationen oder Anleitungen, wie in Zukunft mit Internet, Online-Informationen besser oder überhaupt umzugehen ist, mangelt es. Viele haben und wollen keinen Computer, geschweige denn einen Internet-Zugang. Was sollen sie also anfangen mit guten Ratschlägen aus der virtuellen Welt für ihren bodenständigen Alltag? Zum Glück haben sie Kinder. Die sind allerdings, was das Digitale anbelangt, oft auch überfordert.

Ja, die Zahl derjenigen, die nicht in irgendeiner Form im Netz unterwegs sind, sich nicht irgendwie auskennen und die nicht zumindest ansatzweise klarkommen, dürfte Tag für Tag abnehmen. Der Alltag heute zeigt aber, dass selbst für jene, die es tun, aber selbst nur halbwegs informiert oder sehr wenig digital-begabt sind, alles nicht so einfach ist.

Nein, wir wollen die Internetseiten nicht nennen, zumindest jetzt nicht, wo es schlicht und ergreifend einfach nicht klappt – aus diversen Gründen. Wo man Dokumente übermitteln soll, es aber nicht schafft, sei es, weil: „Datenmenge zu groß“ oder „Zeit überschritten“ – oder weil man als nicht unter dem Sternzeichen des digital Geborenen, als Unwissender, nicht weiß, was zu tun ist, die Sprache nicht versteht oder nicht weiß, wie im Falle einer Fehlermeldung zu reagieren ist.

Solche Erfahrungen schaffen Stress, vor allem dann, wenn selbst die „Hilfe-Taste“ im Online-Programm Antworten in kaum verständlicher Sprache liefert. Auch deswegen hat eine Konferenz des Luxemburger Verbraucherschutzes (ULC) vor zwei Wochen Skepsis geweckt. Ein Experte in Versicherungsfragen plädierte nämlich für Versicherungsabschlüsse online. In Zeiten schwindender Kaufkraft und bewussteren Konsumverhaltens sei das eine gute und vor allem preiswertere Lösung.

Zum Glück hat der Experte in seiner Rede darauf hingewiesen, dass dieses Angebot nur dann wirklich kundenfreundlich sei, wenn die Betroffenen im Bedarfsfall in der wirklichen Welt Kontakt zu einem Menschen aufnehmen könnten.

Es bleibt am Ende die Feststellung, dass das Digitale nicht per se schlecht ist. Es kann durchaus viel Gutes tun und vieles vereinfachen. Es ist allerdings wie mit dem Fortschritt im Allgemeinen: Er ist nur gut, wenn er allen zugutekommt. In dem Sinne sollten die Anbieter Geduld zeigen. Die Nutzer indes sollten sich vergewissern, dass hinter dem Computer ein Mensch sitzt – eine persönlich ansprechbare Person.