Alles weit weg: So sah Luxemburg bislang internationale Konflikte. Doch der Ukraine-Krieg zeigt: Externe Schocks destabilisieren unser Land in seinen Grundfesten.
Ein erstes Beispiel: der Kampf gegen die Inflation. Lässt man das Kleinklein der Index-Diskussionen weg, bleibt die Feststellung: Selbst die Suche nach der bestmöglichen Lösung für „Land a Leit“ spaltet die Nation des Sozialdialogs. Und wie so oft ist dieser Umstand nicht dem Zufall geschuldet. Die Tripartite zu einem Zeitpunkt einzuberufen, zu dem die Datenlage komplett wackelig war, sich gleichzeitig aber abzeichnete, dass der Ukraine-Krieg keine drei Tage dauern würde, ist mindestens unglücklich. Denn: Die Folge dieser taktisch raffinierten politischen Methode der Regierung sehen wir heute. Was Premier Bettel kurzfristig einen „Sieg“ in der Medienarena einbrachte, entwickelte sich im anschließenden Themenzyklus zu einem „Zerpléck de Spaass“: Eigentlich versteht bis heute niemand so recht, auf welchen Projektionen die Verhandlungen konkret (!) geführt wurden, wann diese aktualisiert werden, wie die Hilfsmaßnahmen konkret (!) umgesetzt werden und was letztendlich wirklich abgemacht wurde.
So folgte das übliche Spektakel: Die heiße Kartoffel wurde herumgereicht, zentrale Annahmen erwiesen sich als falsch, die internationale Lage verschlimmerte sich und am Ende müssen die Statec-Mitarbeiter als Sündenböcke herhalten. Das Resultat dieses opportunistischen Politikverständnisses: Wenn man Verhandlungen abrupt beendet und es später in der Chamber-Spezialkommission „Tripartite“ wegen tausendundeiner offenen Fragen zur offenen Eskalation kommt, irritiert dies. Denn offenbar scheint immer noch nicht klar zu sein, was schließlich in den Gesetzestexten mit Blick auf Prognosen und Zahlenmaterial reinsoll. Genau in dieser Hinsicht sollten wir uns aber langsam Sorgen machen. Wenn eine Regierung Tripartite-Verhandlungen nur führt, um sich 2023 „en chillt Waljoer“ zu bescheren, ist das fahrlässig: Wie kann man angesichts einer möglicherweise internationalen Abwärtsspirale wackelige Prognosen als Grundlage in einem Gesetzestext festschreiben, die nicht erst nach Monaten, sondern bereits nach Wochen „kale Kaffi“ sein könnten? Und die mal wieder Ärmere benachteiligen, weil das politische Endlos-Geschiebe der Index-Tranchen genau von diesen Berechnungen abhängt?
Und als wäre diese Arbeitsmethode der Regierung nicht genug, könnte der Kontrast mit Blick auf die institutionelle Gemengelage nicht größer sein: Während Vize- und Verteidigungsminister François Bausch eine Solidaritätsvisite im von Kriegsangst überwältigten Baltikum durchführt, „knéchelen“ wir uns in Luxemburg durch die Dieschbourg-Affäre. Bausch hat im Tageblatt-Interview zugegeben, wie die Krisenkommunikation der Grünen ablief: Carole Dieschbourg wurde bereits vor den Abgeordneten über die Entscheidung des „Parquet“ informiert, dass ihr Dossier an die Chamber weitergeleitet wird. Welche Folgen dies hat, wird sich noch zeigen. Unterdessen bleibt unklar, ob die Chamber überhaupt für das Dossier Dieschbourg zuständig ist: Der Verfassungsrechtler und Uni.lu-Prof Luc Heuschling sollte diese Woche gehört werden. Geht aber leider nicht: Unsere Chamber-Spitze besucht das britische Parlament, weil Agenda, und überhaupt, „voilà“, dann halt nächste Woche.
Und genau dieser Eindruck reproduziert sich auch in den parlamentarischen Tripartite-Diskussionen: Wenn Sozialpartner auf Drängen der Mehrheitsfraktionen nicht mehr gehört werden und Oppositionsabgeordnete deswegen den Saal verlassen, kann man das einen klugen Medienstunt nennen. Wenn die Grundlage für die Saalflucht aber berechtigt ist, sollte man sich lieber nicht vorstellen, was in diesem Affentheater passiert, wenn sich die wirtschaftliche Lage tatsächlich verschlimmern sollte – und der Ukraine-Krieg ökonomisch noch näher rückt.
Das Maß ist voll. Tanson muß ihrer Freundin Dieschburg ins Exil folgen!
Der kleine überhebliche Bettel könnte seine Zarenfreunde
aunrufen und um Rat fragen.