Mobbing / „Comité directeur“ der DP tritt Mittwochabend wegen Semedo-Affäre zusammen

Der liberalen EU-Abgeordneten Monica Semedo könnte ein Ausschluss aus der Partei drohen (Foto: EU-Parlament)
Die DP-Politikerin Monica Semedo wurde bereits wegen der „psychologischen Belästigung“ ihrer akkreditierten Assistenten vom EU-Parlament sanktioniert. Der ehemaligen RTL-Moderatorin droht nun womöglich ein Ausschluss aus der Partei. Am Mittwochabend soll nun das „Comité directeur“ der DP die Mitglieder eines Weisenrats bestimmen, die über Semedos Parteizukunft entscheiden sollen.
Ein Weisenrat soll über die parteiinternen Konsequenzen für Monica Semedo entscheiden, nachdem die liberale EP-Abgeordnete vom EU-Parlament sanktioniert wurde. Sie soll ihre akkreditierten Assistenten derart gemobbt haben, dass alle drei geschlossen kündigten. Wer in dem Weisenrat sitzt, soll am Mittwochabend in einer Sitzung des „Comité directeur“ der DP entschieden werden. Das bestätigt Fraktionschef Gilles Baum gegenüber dem Tageblatt.
Der dann einberufene Rat müsse entscheiden, ob eine Exklusion von Monica Semedo aus der Partei „nötig und richtig sei“. Dieses Vorgehen sei in den Statuten vorgesehen, heißt es auch im Presseschreiben der Partei am Montag. Konkret heißt es dort allerdings, dass ein Weisenrat aus drei Personen dann vom „Comité directeur“ einberufen werden kann, wenn ein Mitglied Berufung gegen einen Ausschluss durch das Exekutivbüro der Partei einlegt.
Aus parteiinternen Kreisen heißt es gegenüber dem Tageblatt, dass man mit dem aktuellen Vorgehen einer Berufung vorgreifen wolle. Das Exekutivbüro der Partei habe in Sachen Semedo noch keine Entscheidung getroffen, sondern wolle die Stellungnahme des Weisenrats abwarten. Sollte dieser dazu raten, Semedo aus der Partei auszuschließen, und das Büro dieser Meinung folgen, habe Semedo immer noch die Möglichkeit, vor dem „Comité directeur“ der Partei Berufung einzulegen. Es sei aber unwahrscheinlich, dass ein zweiter Weisenrat einberufen werde. Man würde dann die Stellungnahme des ersten Weisenrats zur Entscheidungsfindung heranziehen.
Extrem seltener Einsatz für den „Weisenrat“
Der zweite EU-Abgeordnete der DP, Charles Goerens, ist langjähriges Mitglied der Partei und sagte am Montag gegenüber dem Tageblatt, dass er sich nicht daran kann erinnern, dass je ein „Comité des sages“ wegen eines ähnlichen Vorfalls einberufen worden sei. Das sei schon einzigartig. Vom Sekretariat der Partei heißt es auf Nachfrage, dass es ein solches Komitee vor knapp 20 Jahren schon einmal gegeben habe. 2002/3 ging es um interne Streitereien in der DP-Fraktion der Gemeinde Ettelbrück.
DP-Politikerin und „Comité directeur“-Ehrenpräsidentin Colette Flesch, die fast vier Jahrzehnte die Luxemburger Politik mitprägte, war damals eine der drei Personen, die im Weisenrat saßen. Sie war damals Europa-Abgeordnete und die ehemalige Parteipräsidentin. Neben ihr waren Dr. Alexandre Krieps, seinerzeit Abgeordneter und Präsident des DP-Bezirks Zentrum und René Sertznig, damals Präsident des Ostbezirks im Weisenrat vertreten. Flesch kann sich nur noch vage an damals erinnern. „Ich glaube, es ging damals um einen Streit bei einer Lokalsektion der Partei“, sagt sie am Telefon. Man habe aber etliche Zeugen gehört und sich „ganz viel Zeit“ für die Entscheidung genommen. Am Ende riet der Waisenrat, eines der drei zerstrittenen Mitgliedern aus der Partei auszuschließen und legte den andern beiden Gemeinderatsmitgliedern nahe zurückzutreten. Nic Arendt, um dessen Ausschluss es damals ging, schrieb 2003 in einem offenen Brief an die DP-Sektion Ettelbrück*, dass „das Dokument (des Waisenrats) sich nicht darauf beschränkt, sich mit den gegen mich erhobenen Vorwürfen zu beschäftigen, sondern dass es Ratschläge enthält, wie man dem Schlamassel in der Ettelbrücker DP-Sektion ein Ende bereiten kann“. Der DP-Waisenrat von 2002 hatte sich demnach mit völlig anderen Vorwürfen zu beschäftigen, als die drei Personen, die in der Semedo-Affäre ein „Avis“ abgeben sollen.
Flesch betont, dass die drei Mitglieder des Weisenrats keine politischen Mandate innehaben dürfen. „Außerhalb der Partei tätig, aber mit genug Erfahrung“, so das notwendige Profil. Weise, eben. „Obwohl ich selbst nicht weiß, wie weise ich war, als ich im Weisenrat saß.“ Auf die Frage, ob sie als Ratsmitglied infrage käme, sagt Flesch: „Keine Ahnung. Bisher bin ich Zuschauer, wie jeder andere auch und nicht direkt impliziert.“ Würde sie aber einberufen werden, würde sie versuchen, Einblick in den 100-seitigen Bericht der Untersuchung durch das EU-Parlament zu bekommen.
*Das entsprechende Dokument liegt der Redaktion vor.