Redaktionskollege Dan Elvinger ist Vater geworden. Ein Mädchen. Mira. Die Bewundernswerte oder die Prinzessin bedeutet der Name, je nach Übersetzung. Aber warum erzähle ich das? Vor allem, weil ich den Leitartikel vom Kollegen übernehme. Gerne!
Bei Mutter- und Vaterfreuden wird hierzulande eine Grenze zwischen Beruf und Privatem deutlich, die sonst nicht immer so klar zu erkennen ist. Per Gesetz gibt es einige zusätzliche freie Tage. Wie bei Hochzeiten oder Sterbefällen.
Immer mehr Menschen, auch junge, hadern mit dem Mit- und Nebeneinander der Herausforderungen im Job wie in der Freizeit. Sie reden davon, nicht mehr abschalten zu können. Den eigenen Freiraum nicht mehr zu erkennen. Work-Life-Balance ist ein Begriff, den man in dem Kontext heute öfters liest und hört. Er bezeichnet nichts anderes als das Gleichgewicht zwischen Privatem und Arbeit im Interesse der körperlichen und geistigen Gesundheit. Unausgewogenheit kann zu chronischem Stress, Erschöpfung bis hin zu Burnout führen. Viele leiden darunter, wenige sprechen darüber.
Das Problem ist, dass es nicht immer so einfach ist, Job und Freizeit auseinanderzuhalten. Je nach Beruf kann es durchaus stressig sein, wenn der Arbeitgeber davon ausgeht, dass „seine“ Arbeitnehmer eigentlich immer zu Diensten sein sollen – zum Wohle der Produktivität. Feste Arbeitszeiten, klar geregelte Überstunden oder unter anderem auch die Möglichkeit, nicht mehr zu jeder Tageszeit erreichbar sein zu müssen, sind einige Beispiele, die den Allmachtswünschen des Patronats widersprechen.
Es bedarf nicht unbedingt eines externen Sklaventreibers, um Druck zu erzeugen. Politiker tun das von sich aus, vor allem in diesen Vorwahlzeiten. Besonders jene, die in kleineren Gemeinden über einen nicht vollumfänglichen politischen Urlaub verfügen und neben ihrer Arbeit in ihrer Kommune auch noch einem anderen verantwortungsvollen Beruf nachgehen müssen.
Deshalb sollte man schon hellhörig werden, wenn politisch aktive Frauen und Männer anklingen lassen, dass sie „leicht“ überlastet seien. Während die einen das wegstecken, reagieren andere konsequenter und sagen „Nein“. Wie Jean-François Wirtz, Bürgermeister von Betzdorf. Er widmet sich bald nach den Kommunalwahlen nur noch seiner eigentlichen Arbeit bei der Post – und seiner Familie.
Wenn es nicht mehr geht, dann sollte man Stopp sagen, vor allem aber darüber reden. Wobei man durchaus nachvollziehen kann, dass der Arbeitergeber oder andere dabei nicht immer mit Verständnis reagieren. Für junge Menschen ist das besonders wichtig. Wenn die Job-Aussichten trotz Studium schlecht sind, der Wunsch nach den eigenen vier Wänden in weiter Ferne zu liegen scheint, dann ist das eine Belastung für den Alltag. Dann besteht Redebedarf.
Dabei ist guter Rat teuer. Arbeit und Freizeit sind nicht wirklich absolut zu trennen. Das macht das Leben aus, sagt ein junggebliebener, grauhaariger Mann. Letztendlich kommt es auf die Antwort an, die man Menschen, jeden Alters, in einer solchen Situation gibt.
Es geht um Hilfe. Hilfe, um die man bitten darf, soll und muss! Um Hilfe, die in den meisten Fällen dann auch gewährleistet wird.
Beim Burnout ist das Verständnis des Umfeldes genau das Gleiche wie bei anderen psychischen Problemen, wie Depression und der ganze Rattenschwanz an medizinischen Fachausdrücken, mit denen selbst der Betroffene nicht klar kommt. Die Problematik ist gekennzeichnet dadurch, dass das Umfeld wohl eine Veränderung am Verhalten der betroffenen Person feststellt, sie dadurch meidet, aber auf keinen Fall darauf anspricht. Auch In unserer aufgeklärten Gesellschafft sind solche Personen suspekt und man lässt sie lieber fallen. Wurden Sie in ganz schlechter Verfassung so im Vorübergehen schon mal von einem Bekannten befragt: "Geht es Dir gut"'? und sie haben mit "Nein" geantwortet, dann haben Sie dadurch den guten Bekannten für etliche Zeit die Flucht geschlagen. Betroffene könnten hierzu noch Seiten schreiben. Die Seele und ihre Anfälligkeit wird in unserer Leistungsgesellschaft wohl nie die Beachtung finden die ihr zusteht.
Stressauslöser gibt es viele. Oft werden sie nicht erkannt und man erscheint „grundlos“ gestresst.
Lange ehe der Begriff Burnout populär wurde, wurde eine Folge davon häufig genannt, der Nervenzusammenbruch, was eine akute Belastungsreaktion ist. Beobachtet man bei Menschen eine ungewohnte Reizbarkeit und einen Rückzug aus dem sozialen Umfeld, so können dies Anzeichen eines (drohenden) Burnouts sein.
Heute sind die Menschen anfälliger für einen Burnout. Stress kommt von allen Seiten, beruflich, familiär, gesundheitliche Beschwerden, aber auch die auf jeden einstürzenden Meldungen über Krieg, Pandemie und anderes mehr, bewirken immer größere Stressphasen.
Eine Reduzierung von Stresssituationen ist notwendig … zumindest dort, wo man selber Einfluss drauf haben kann.
Schaltet mal eure nervigen (Un) Sozialen Medien ab und ihr werdet wieder mehr Zeit für euch haben!
Ich finde es Schade, dass hier mit keinem Wort die Care-Arbeit erwähnt wird, obwohl der Einstieg daran denken lässt. Diese Arbeit gehört sicher nicht zur Freizeit und wird in unserer Gesellschaft vor allem von Frauen geleistet. Für viele Männer in heterosexuellen Beziehungen ist es selbstverständlich, dass ihre Partnerinnen auf der Arbeit zurückstecken und "Nein" sagen, z.B. das kranke Kind aus der Kita abholen. Hier wünsche ich mir einen differenzierteren Blick.