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EditorialBrief an Roy Reding: Warum eine Reaktion unausweichlich ist

Editorial / Brief an Roy Reding: Warum eine Reaktion unausweichlich ist
„Der Wolf im Schafspelz kommt als Unschuldslamm auf die Welt“, so der Immunologe Gerhard Uhlenbruck. Foto: Editpress/Isabella Finzi

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Sie gehören ignoriert: Rechtspopulisten leben von Gegnern, Provokation und Tabubrüchen. Weshalb eine Reaktion auf Roy Reding dennoch unausweichlich ist.

Was für ein Love-Fest. Die Chamber entdeckt die Pressefreiheit – wenn Eier auf die Fassade des Premiers fliegen. Das politische Wir-Gefühl: „Gut gebrüllt, Löwe.“ Dabei reduziert sich die parteiübergreifende Kritik auf moralische Empörung. Besonders deutlich wird das, wenn es um einen Tageblatt-Journalisten und Roy Reding geht.

Vom Premier über die Mehrheitsfraktionen bis hin zur größten Oppositionspartei: Alle erheben sie den Zeigefinger der Guten. Dabei wirken die Wortmeldungen nicht wie flammende Plädoyers für unsere Pressefreiheit, sondern eher wie hilfloser Antipopulismus. Hilflos, weil Reding und Konsorten genau wissen, wie weit sie gehen können: stets am Limit, immer freundlich grinsend und um Haaresbreite am Rechtsbruch dran.

Und genau das ist der Fall bei Redings „versehentlicher“ Veröffentlichung einer E-Mail des Tageblatt-Kollegen. Der Ort ist nicht zufällig gewählt: eine radikalisierte Filterblase voller Hass, eine digitale Echokammer der Wissenschaftsleugner und Politikverdrossenen. Redings Publizieren der Presseanfrage samt Kontaktdaten eignet sich besonders für Hetze: Das direkte Gegenüber fehlt, über 300 Menschen wird ein abwesender Journalist zum Fraß vorgeworfen. Die Masche dahinter: Stimmung machen, Hatespeech entfesseln und auf der Grenze zur strafbaren Tat spazieren. So wird der Journalist im Chat als „Spëtzel vun der Gestapo“ verunglimpft, was Reding munter mit einem „Oui oui“ kommentiert. In Luxemburgs virtuellem Raum geht offenbar alles.

Darum machen wir an dieser Stelle ebenfalls von einem hohen Gut Gebrauch: der Pressefreiheit. Denn Ihre Meinungsfreiheit, Herr Reding, bedeutet noch lange nicht, dass Ihre Hetze unwidersprochen bleiben muss. Ihr scheinheiliges Auftreten in der Chamber verschont Sie nicht von Kritik, im Gegenteil. Sie haben sich mit Ausreden gewunden, Rücktrittsforderungen überhört und den Kern der Kritik willentlich ignoriert: Ihre Meinung ist nicht Konsens, sie steht im Widerspruch zu den Prinzipien unserer freien demokratischen Rechtsordnung. Wer den Mob bei Faschismusvergleichen beim Einschüchtern eines Journalisten unterstützt, weiß ganz genau, was er tut. Sie haben in einem widerspruchslosen Umfeld den Eindruck erweckt, der politische Kopf der Anti-Vax-Bewegung zu sein, gejagt von der imaginären Lügenpresse. Sie haben Applaus gesucht in einer Welt von Radikalen und Frustrierten, in der Andersdenkende mundtot gemacht werden und Ihr Protestaufruf den Anschein allgemeiner Gültigkeit erwecken sollte.

Wozu das im echten Leben führt, erleben inzwischen Kollegen in unserer Branche. Ihre von Gerüchten und Verschwörungstheorien benebelte Meute macht sich inzwischen einen Spaß daraus, auch bei Journalisten Eier an die Fassade zu klatschen. Und es wird dazu aufgerufen, vor Redaktionen zu protestieren. Sie haben einen Enthemmungseffekt mitbewirkt, über den Sie die Kontrolle verloren haben – bis in Ihre eigene Partei hinein. Im ADR-Headquarter hieß es gestern gegenüber einem Tageblatt-Journalisten: „Sorry, mir wird gerade etwas schlecht.“ Uns auch: Ihr Rechtspopulismus ist zum Kotzen.