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Bootsflüchtlinge: Brüssel weist Drohung aus Rom zurück

Bootsflüchtlinge: Brüssel weist Drohung aus Rom zurück

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Im Streit um die Verteilung von Flüchtlingen aus Italien hat die EU-Kommission neue, ungewöhnlich harsche Drohungen aus Rom zurückgewiesen.»Wir sind überzeugt, dass unkonstruktive Kommentare oder gar Drohungen nicht hilfreich sind», sagte ein Sprecher der Brüsseler Behörde. Man bemühe sich weiter um Lösungen für die rund 150 Flüchtlinge auf der «Diciotti», die im Hafen von Catania festgehalten werden.

Von unserem Korrespondenten Eric Bonse, Brüssel

Zuvor hatte der Chef der italienischen Regierungspartei Fünf-Sterne-Bewegung mit einem Stopp der EU-Beitragszahlungen gedroht. Wenn sich die EU-Länder nicht unverzüglich auf eine Lösung für die «Diciotti» einigen könnten, seien er und «die gesamte Fünf-Sterne-Bewegung nicht mehr bereit, der EU jedes Jahr 20 Milliarden Euro zu geben», sagte Vize-Premier Luigi Di Maio.

Doch am gestrigen Freitag sah es nicht nach einer Entspannung aus. In Brüssel kamen zwar Diplomaten aus zwölf EU-Ländern – darunter Italien, Deutschland und Frankreich – zu einer kurzfristig einberufenen Krisensitzung zusammen. Doch das Treffen, zu dem die EU-Kommission alle interessierten Mitgliedstaaten eingeladen hatte, endete ohne greifbares Ergebnis.

Andere EU-Länder wollen strukturelle Lösung

Italien habe auf eine Lösung gedrungen, sagte ein EU-Diplomat der Nachrichtenagentur Reuters. «Aber das war nicht das vordringliche Thema für die anderen, sie wollten mehr strukturelle Lösungen für die Schiffe im Mittelmeer finden. Daher gab es keine Verständigung in Bezug auf die ‚Diciotti‘.»

Auch die EU-Kommission wiegelte ab. Es gehe um eine nachhaltige europäische Lösung, sagte der Behördensprecher. Unabhängig davon würden die Bemühungen um die Verteilung der Flüchtlinge auf der «Diciotti» fortgesetzt. Die EU-Behörde bemüht sich bereits seit vergangenem Sonntag um eine Lösung – bisher vergeblich.

Deshalb muss sie sich nun selbst gegen Kritik verteidigen. Brüssel sei nicht handlungsfähig, sagen die einen. Die EU-Kommission lasse sich von Italien erpressen, behaupten andere.

«Keine Erpressung»

Der Kommissionssprecher wies auch diesen Vorwurf zurück. «Das Wort Erpressung ist uns fremd», sagte er. Die EU beruhe auf Regeln und erwarte, dass sich alle daran halten. Dies gelte auch für die Zahlung der EU-Beiträge.

Italien hatte im vergangenen Jahr 10 Milliarden Euro an Finanzhilfen aus dem EU-Budget erhalten. Bisher zahlt das Mittelmeer-Land aber mehr in den Gemeinschaftshaushalt ein, als es aus Brüssel zurück erhält. Die EU-Beitragszahlungen werden monatlich erhoben. Es sei noch nie vorgekommen, dass ein EU-Land seinen Beitrag schuldig bleibt, hieß es am Freitag in Brüssel.

Mit anderen Worten: Di Maio schafft mit seiner Drohung einen Präzedenzfall, der Streit um die Flüchtlingspolitik hat eine neue Eskalationsstufe erreicht.