Die LSAP ist schon ein merkwürdiger Verein: Ihr Spitzenkandidat und der beliebteste Politiker des Landes können nicht miteinander, während der Fraktionschef Blau-Rot-Grün im Alleingang gemeinsame Ambitionen abspricht. Das Ganze erinnert an Selbstmord aus Angst vor dem Tod. Und genauso liest sich auch das gestern von Reporter veröffentlichte Interview mit LSAP-Fraktionschef Alex Bodry. Seine zentralen Thesen:
– „Gambia“ hat zwar den gesellschaftspolitischen Reformstau beendet, dafür aber „kein blau-rot-grünes Projekt mehr“.
– Im Wahlkampf nimmt die Trennschärfe zwischen den Parteien wieder zu.
– Die LSAP und „déi gréng“ sind natürliche Verbündete.
Berücksichtigt man die jüngsten Ergebnisse des RTL/Wort-Politmonitors, erstaunt Bodrys Kernaussage auf den ersten Blick. Denn die Wähler strafen die amtierende Koalition in den Umfragen nicht ab. Im Gegenteil: Es scheint, trotz anfänglicher Pannen und des Referendumsdebakels, als ob weite Teile der Luxemburger Gesellschaft Anerkennung für die geleistete Arbeit des „Gambia-Projekts“ zeigen. Wieso also so defätistisch? Hier kommt Bodrys zweites Argument ins Spiel.
Es herrscht Wahlkampf. Und die LSAP braucht einen geeigneten Gegenspieler. Da die CSV jedoch gemäß Umfragen am Ende die Nase weit vorne haben könnte, zeigt sich die langjährige Erfahrung des Fraktionschefs und ehemaligen Ministers: Wer auf einen Posten in der nächsten Regierung schielt, verscherzt es sich nicht zu früh – wenn überhaupt – mit den Konservativen. Das fehlende „Projekt“ ist also weniger inhaltlicher, sondern vielmehr machttechnischer Natur. Dies zeigt sich besonders an den groben Widersprüchen der Bodry’schen Argumentation.
Er hebt einerseits hervor, dass sich die DP im Wahlkampf an ihre „wirtschaftsliberale Programmatik“ erinnert und als „Interessenvertreter der Unternehmen“ auftritt. Stimmt. Andererseits schickt die sozialistische Partei einen Wirtschaftsminister ins Rennen, der kraft seines Amtes auf den linken LSAP-Flügel suspekt wirken muss und kaum ein glaubwürdiger Klassenkämpfer sein kann.
Mindestens genauso widersprüchlich ist die vermeintliche „Nähe zwischen der Programmatik von LSAP und ‹déi gréng’“. Denn gerade die Grünen und die Sozialisten haben sich zuletzt die Stirn geboten. Besonders die von „déi gréng“ gewonnene Auseinandersetzung rund um die Steinwollfabrik verdeutlicht: Die Sozialisten müssen den viel zu weiten Bogen zwischen traditioneller Arbeiterschaft und linksliberaler, ökologisch angehauchter Wohlfühlmittelschicht schlagen. Ein Ding der Unmöglichkeit für einen roten Wirtschaftsminister. Die LSAP steht laut Bodry zudem „in einer gesunden Äquidistanz sowohl zur DP als auch zum Mainstream in der CSV“. LSAP-Spitzenkandidat Etienne Schneider widerspricht jedoch. Er betont gegenüber dem Tageblatt, dass Gambia „über 2018 hinaus“ weiter zusammenarbeiten will. Auch die grünen und blauen Koalitionspartner stoßen ins gleiche Horn.
Somit drängt sich der Eindruck auf, dass das Interview wohl nur ein kurzes, wohlkalkuliertes Solo Bodrys auf der Wahlkampfbühne sein sollte. Es offenbart jedoch ein schlecht gehütetes Geheimnis: Luxemburgs Sozialisten sind wie die Genossen im Ausland auf Identitätssuche, nach links gerückt wird nur im Wahlkampf – oder in der Opposition.
Wer von den jetzigen LSAP Kandidat(inn)en weiss noch wofür das A im Namen ihrer Partei steht? Wer von ihnen kennt den Text der "Internationalen"? Die Partei will an erster Stelle SAlonfähig sein, nicht sozial!
Der letzte Satz sagt doch alles. Die Partei, oder ihre Repräsentanten wissen nicht mehr was die Buchstaben S und A bedeuten. Damit ging es schon los als der geschätzte MARS noch Minister war.
Das zeigt wie sehr die LSAP intern zerstritten ist und macht sie für den Wähler nicht attraktiver. Die Wahlen im Herbst sind jetzt bereits verloren. Und keiner will sich mit einem Verlierer identifizieren.
""Luxemburgs Sozialisten sind wie die Genossen im Ausland auf Identitätssuche, nach links gerückt wird nur im Wahlkampf – oder in der Opposition.""
Daat trefft den Nool ob de Kapp !
Also sinn et Oportunisten dei' dem Wiehler seng Meenung spe'ider net respektei'eren !
Herr Sabharwal, wir sind uns so gut wie nie einig. Hier aber schon. Eine brillante Analyse.