Im Sommer 2021 beschließt die Regierung im Rahmen des Large Scale Testing (LST), dass sich jeder in Luxemburg per PCR-Test auf Corona testen lassen kann. Ab Ende Juni und bis Mitte September. Kostenlos und so oft er wolle, ohne Einladung, ohne Termin. Allerdings nur bei den „Laboratoires réunis“. Bionext Lab oder andere Konkurrenten sind nicht zugelassen. Bei ihnen muss weiterhin viel Geld für den Test bezahlt werden.
Als unlauteren Wettbewerb, als Verstoß des Staates gegen seine eigenen Gesetze und seine Ausschreibungsregeln bezeichnet dies Bionext Lab. Das Privatlaboratorium aus Leudelingen reicht deswegen im September 2021 Klage gegen den Staat ein. Begründung: Die Gratis-Phase des LST sei etwas gänzlich Neues und hätte deshalb neu ausgeschrieben werden müssen. Ja, man hätte daran teilnehmen wollen und können, aber nicht dürfen.
Keine Neuausschreibung
Nein, sagen die Anwälte des Staates und der „Laboratoires réunis“. Die Regierung habe einfach nur die Ausführungsbestimmungen jenes Vertrages geändert, den sie im Frühstadium der Pandemie mit den „Laboratoires réunis“ abgeschlossen hat. Eine politisch gewollte Anpassung, kein neuer Vertrag, eine Neuausschreibung sei deshalb nicht nötig gewesen, heißt es. In anderen Worten: Man musste nicht jemanden zusätzlich mit an Bord nehmen.
Der Rechtsstreit, der seinen Ursprung in den Irrungen und Wirrungen der unsicheren Lage in den Anfangszeiten der Pandemie zu haben scheint, zieht sich nun bereits seit Monaten hin. Ende Mai dieses Jahres hat das Gericht entschieden, dass geprüft werden solle, ob Bionext Lab im Sommer 2021 überhaupt die Möglichkeiten gehabt hätte, alle Testwilligen vollumfänglich zu bedienen, sofern es denn als Teststation zugelassen gewesen wäre.
Bei der Ausschreibung für Phase 1 des LST hat Bionext Lab eigenen Aussagen zufolge nicht mitgemacht. Aus teilweise nachvollziehbaren Gründen. Hätte das Laboratorium bei der letzten Phase mitmachen können? Ja, sagen Bionext-Chef Jean-Luc Douson sowie die Anwälte des Unternehmens.
Die Vertreter von Staat und „Laboratoires réunis“ glauben nicht so recht daran. Deshalb haben sie beantragt, prüfen zu lassen, ob Bionext die Arbeit damals überhaupt habe bewältigen können. „Dass das Gericht unserer Forderung nachgekommen ist, freut uns“, so Me Marc Glodt, der die „Laboratoires réunis“ vor Gericht vertritt. „Damit ist einer unserer Hauptforderungen Rechnung getragen worden, nämlich zu prüfen, ob Bionext Lab überhaupt ein ,intérêt à agir‘ gehabt hat.“ Anders formuliert: Hat Bionext Lab damals aus hehren Absichten einen Prozess angestrengt, das Gericht aufgesucht oder aus anderen Interessen? War die Klage legitim oder Kalkül?
Experte kneift
Doch Paukenschlag am vergangenen Freitag: Der vom Gericht beauftragte Experte, Professor an der „Université catholique de Louvain“, der Bionext Lab und seine damaligen Möglichkeiten unter die Lupe nehmen und einen schriftlichen Bericht verfassen soll, wirft unseren Informationen zufolge das Handtuch. Scheinbar fehle es ihm an Zeit und irgendwo sei es auch nicht sein wahres Fachgebiet. Andere Gründe konnten wir nicht in Erfahrung bringen.
Was nun? Es gibt eigentlich nur eine Möglichkeit, nämlich, dass das Gericht einen neuen Experten bestellt. Das wird allerdings zu einer weiteren Verzögerung führen. Bereits erstgenannter Experte sollte bis Januar 2023 Zeit haben, seiner Recherchen zu tätigen.
Aufgrund der Ergebnisse des Gutachters wird dann irgendwann vom Gericht entschieden werden, wie mit der Klage von Bionext Lab gegen den Staat umzugehen ist. Eines ist sicher, nämlich, dass es nicht schnell gehen wird. Warum der Rechtsstreit überhaupt vor einem Schnellgericht ausgetragen wird, bleibt eine der vielen Fragen, die zu klären bleiben. Die nach Schadensersatzforderungen ist eine andere. Genauso wie die Frage, wie der Staat in Krisenzeiten zu kommunizieren hat.
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