Nach Waringo-BerichtBettel will schärfere Grenze zwischen Öffentlichem und Privatem setzen

Nach Waringo-Bericht / Bettel will schärfere Grenze zwischen Öffentlichem und Privatem setzen
„Ich habe den festen Willen, die Monarchie zu stärken, indem wir unseren großherzoglichen Hof verbessern, transparenter machen und an das 21. Jahrhundert anpassen“, sagte Bettel am Mittwoch auf einer Pressekonferenz Foto: Editpress/Julien Garroy

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Den meisten Empfehlungen des Sonderberichterstatters Jeannot Waringo werde Folge geleistet, kündigte Staatsminister Xavier Bettel (DP) am Mittwoch an. Die öffentlichen Aufgaben des Großherzogs und seiner Familie sollen künftig eindeutig von ihrer privaten Lebensgestaltung getrennt werden. Großherzogin Maria Teresa soll im neuen Organigramm des Hofes keine Rolle mehr spielen. Sowohl im Bereich der Personalpolitik als auch bei der Finanzierung und in der Struktur des großherzoglichen Hofes sollen Transparenz und klare Regeln geschaffen werden. Die Neuerungen sollen in den kommenden Jahren im Rahmen der Verfassungsreform und über den Weg von Gesetzesänderungen und großherzoglichen Reglements umgesetzt werden.

Staatsminister Xavier Bettel (DP) steht persönlich zur Monarchie und ist überzeugt, dass sie die richtige Staatsform für Luxemburg ist. „Ich habe den festen Willen, die Monarchie zu stärken, indem wir unseren großherzoglichen Hof verbessern, transparenter machen und an das 21. Jahrhundert anpassen“, sagte Bettel am Mittwoch auf einer Pressekonferenz im Kooperationsministerium. Dies sei im Sinne von Großherzog Henri, der ihn dabei unterstütze, wie dieser ihm am Dienstag bestätigt habe. Seine Motivation für dieses Bekenntnis begründete Bettel mit seiner Funktion als Staatsminister: „Als Minister leisten wir den Eid nicht nur auf den Großherzog, sondern auch auf die Verfassung und die Gesetze, deshalb begreife ich meine Rolle als Staatsminister so, dass ich die Institution des Großherzogs zu beschützen habe.“

„Mehr als die Hälfte, fast 90 Prozent“ der Empfehlungen aus dem Waringo-Bericht will der Staatsminister in den kommenden Monaten und Jahren umsetzen und eine klare Trennung zwischen offizieller und privater Sphäre am Hof durchführen. In seinen Empfehlungen hat Sonderberichterstatter Jeannot Waringo gefordert, dass alle Ausgaben, die im Zusammenhang mit der offiziellen Funktion des Großherzogs stehen, transparent nachvollziehbar und mit den beim Staat geltenden Regeln vereinbar sein müssten. Nur offizielle Ausgaben sollten über den Staatshaushalt gedeckt werden. Die privaten Ausgaben sollten hingegen nicht über das Staatsbudget bezahlt werden und bräuchten demnach auch nicht öffentlich zu sein. Sowohl er selbst als auch der Großherzog würden diese Empfehlung teilen, sagte Bettel.

Großherzogin wird „entmachtet“

Im Bereich der Personalpolitik hat Waringo ein neues Organigramm vorgeschlagen. Es regelt die Verantwortungen am Hof und umfasst allein die Ämter, die für die Ausführung der offiziellen Aufgaben des Großherzogs notwendig sind. Wie dieses Organigramm künftig genau aussehen soll, müsse erst in Zusammenarbeit mit dem Hof festgelegt werden, erklärte Bettel. Waringo hatte festgestellt, dass zurzeit mehrere Versionen existieren, von denen aber keine ausdrücklich genehmigt wurde. Deshalb hatte er sich auf die gängigste Version berufen, die von 2015 stammt. In dieser Version stehen Großherzog und Großherzogin gleichberechtigt an der Spitze der Hierarchie.

In dem neuen Organigramm, das Waringo vorschlägt, taucht die Großherzogin hingegen gar nicht mehr auf. „Darin ist keine Rolle mehr für die Großherzogin vorgesehen“, betonte der Staatsminister. Maria Teresas persönlicher Internetauftritt soll zudem in die Seite des Hofes monarchie.lu integriert werden und ihre privaten Stiftungen und Vereinigungen sollen klar von den Aktivitäten des großherzoglichen Hofs abgegrenzt werden. „Die privaten Tätigkeiten der Großherzogin und ihre repräsentativen Aufgaben müssen klar getrennt sein“, sagte Bettel.

Das Amt des Hofmarschalls

Der Hofmarschall soll, genau wie andere wichtige Ämter am Hof, in den öffentlichen Dienst aufgenommen werden. Gleichzeitig soll das Amt des Sekretärs des Großherzogs abgeschafft werden. Die von Waringo vorgeschlagene Einführung eines beratenden „Commissaire à la Cour“, der eine Art Assistent des Hofmarschalls werden soll, wurde ebenfalls angenommen. Der Sonderberichterstatter hatte bemängelt, dass der aktuelle Hofmarschall, anders als seine Vorgänger, nur selten im großherzoglichen Palast anzutreffen sei, und hatte seine regelmäßige Anwesenheit dort gefordert. Auf diesen Vorschlag ging Bettel am Mittwoch nicht ausdrücklich ein.

In der Reform soll auch das Wohlbefinden des Personals am Hof berücksichtigt werden. Über deren Statut herrscht derweil noch Unklarheit. Die Angestellten, deren Stellen nicht im staatlichen Gehältergesetz vorgesehen sind, könnten in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis bleiben. Gleichzeitig könnten einige Attribute aus der Beamtenlaufbahn auf sie angewandt werden, erläuterte Bettel. Die von Waringo vorgeschlagenen Prozeduren für Einstellungen und Entlassungen am Hof seien aber durchaus notwendig und nützlich. Die Umsetzung der Reformmaßnahmen soll einerseits über die Reform der Verfassung und andererseits über großherzogliche Reglements umgesetzt werden. Auch eine Änderung des Gehältergesetzes des öffentlichen Dienstes wird notwendig sein.

Grenzen für „Administration des biens“

Auf struktureller Ebene soll ein Koordinierungskomitee geschaffen werden, das den Kommunikationsaustausch zwischen Hof und Staatsministerium institutionalisiert. Als Staatsminister stehe er zwar schon jetzt in regelmäßigem Austausch mit dem Großherzog und seinen Mitarbeitern, doch die Kontakte beruhten bislang auf „Ad-hoc-Basis“ und folgten den jeweiligen Bedürfnissen, erörterte Bettel. Die Trennung von öffentlicher und privater Sphäre soll künftig auch auf struktureller Ebene umgesetzt werden. Die „Administration des biens“ soll sich exklusiv um die Verwaltung des Familienfideikommiss (Grundbesitz) und der privaten Güter des Großherzogs kümmern.

Aktuell verwaltet die „Administration des biens“ auch die Finanzen der offiziellen Aktivitäten der großherzoglichen Familie. Diese Aufgabe soll künftig eine sogenannte „Maison du Grand-Duc“ übernehmen, die über den Erlass eines großherzoglichen Reglements ins Leben gerufen werden soll. Ferner soll die Pressestelle des Hofes dem staatlichen Informations- und Pressedienst (SIP) unterstellt werden und jegliche Botschaften des Großherzogs sollen vor ihrer Veröffentlichung vom Staatsministerium abgesegnet werden.

Genaues Vermögen unbekannt

Nicht zuletzt soll ein Inventar erstellt werden, um zu klären, welche Güter zum Familienfideikommiss gehören und welche der Großherzog zur Ausübung seiner öffentlichen Aufgaben benötigt. Gegebenenfalls könnte die Nutzung solcher Güter über Konventionen zwischen Regierung und „Administration des biens“ geregelt werden, meinte Bettel. Das private Vermögen von Großherzog Henri wird seit Jahren auf rund 4 Milliarden Euro geschätzt. Unter allen europäischen Adelshäusern würde der großherzogliche Hof damit den ersten Platz belegen. Die Pressestelle des Hofes hatte diese Summe aber noch vor einem Jahr dementiert und als „pure Fantasie“ zurückgewiesen. Genaue Angaben über das Vermögen der großherzoglichen Familie existieren bislang nicht.

Bettel erklärte am Mittwoch, dass hofintern ein Finanzkontrolleur eingesetzt werden soll und die Konten des Hofes nachträglich von einem externen Wirtschaftsprüfer untersucht werden sollen. Künftig soll der Hof die Öffentlichkeit in einem jährlichen Tätigkeitsbericht über seine offiziellen Aufgaben und seine Finanz- und Personalverwaltung informieren. Mit dem ersten Bericht ist laut Bettel aber wohl erst 2021 zu rechnen.

Funktionskosten anpassen

Die jährlichen Bezüge des Großherzogs liegen aktuell bei rund 1,2 Millionen Euro. Zusätzlich erhält er 745.000 Euro an Repräsentationskosten. Erbgroßherzog Guillaume bekommt 166.000 Euro an Repräsentationskosten. Unter Einberechnung der Personalkosten sowie der Ausgaben für Dienste von Polizei, Armee, Straßenbauverwaltung und anderen Administrationen erhält der Hof 2020 insgesamt 14,3 Millionen Euro für Funktionskosten aus dem Staatshaushalt. Bislang war man lediglich von 10,6 Millionen Euro ausgegangen, weil bestimmte Verwaltungsdienste nicht unter dem Budgetposten des großherzoglichen Hofes aufgeführt werden, wie Jeannot Waringo herausgefunden hat.

Waringo hatte auch aufgedeckt, dass der Hof bis zu 600.000 Euro jährlich an Post- und Telekommunikationsgebühren einspare, weil diese Dienste laut Gesetzen von 1884 und 1885 für den Hof kostenlos seien. In diesen budgetären Angelegenheiten soll in Zukunft klar zwischen öffentlichen und privaten Anwendungen unterschieden werden, beteuerte der Staatsminister am Mittwoch. Die staatlichen Zuwendungen an den Großherzog und Erbgroßherzog sollen im Rahmen der Verfassungsreform angepasst werden. Auch hier soll deutlich zwischen privaten und öffentlichen Ausgaben unterschieden werden.

„Klima der Angst“

In den vergangenen Jahren waren schon erste Maßnahmen zur Schaffung von Transparenz am Hof in die Wege geleitet worden, die aber nur zum Teil ausgeführt wurden. Insbesondere die Personalpolitik stand in der Kritik. Dies war für Bettel der Anlass, den Sonderbeauftragten Waringo einzusetzen, der ehrenamtlich eine tief greifendere Analyse durchführen und Reformvorschläge ausarbeiten sollte.

Waringo, der ein „Klima der Angst“ bei den Angestellten am Hof vorgefunden hatte und zu Beginn das Gefühl hatte, an seinen Untersuchungen gehindert zu werden, hat herausgefunden, dass in den vergangenen fünf Jahren 51 von insgesamt 110 Mitarbeitern gekündigt hatten oder entlassen wurden. Der Land-Journalist Pol Schock hatte am Sonntag auf RTL Radio über physische Gewalt am Hof gesprochen. Daraufhin leitete die Staatsanwaltschaft eine Untersuchung ein. Unter Berücksichtigung der Gewaltentrennung wollte sich der Staatsminister am Mittwoch nicht zu dieser Untersuchung äußern.

Jeannot Waringo soll die Umsetzung der Reformmaßnahmen in einer ersten Übergangsphase noch persönlich begleiten.

Robespierrre
6. Februar 2020 - 22.04

"Großherzogin Maria Teresa ..." Die Dame heißt Frau Mestre, ist weder Großherzogin noch hat sie einen neuen Namen bei der Heirat bekommen.