Damit sei, so die BBC, seine Pflicht zur Neutralität verletzt worden. Linekers Kollegen allerdings sahen dies anders. Sie traten aus Solidarität zu ihm in den Streik, so dass der Sender über das Wochenende praktisch keine kommentierte Sportberichterstattung mehr anbieten konnte. Die daraus resultierende Krise zwang die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt zum Einlenken.
Generaldirektor Tim Davie veröffentlichte am Montagmorgen eine Erklärung. „Gary ist ein hochgeschätzter Teil der BBC“, verlautete er. „Ich freue mich, dass er am kommenden Wochenende wieder unsere Berichterstattung präsentieren wird.“ Lineker bekräftigte den Friedensschluss: „Ich bin froh, dass wir einen Ausweg gefunden haben.“ Davie sagte, dass Unparteilichkeit wichtig für die BBC sei und kündigte eine unabhängige Überprüfung der Richtlinien für den Gebrauch von sozialen Medien an „mit einem besonderen Blickpunkt darauf wie sie für freie Mitarbeiter außerhalb der Nachrichtensparte gelten“. Lineker wiederum antwortete mit einem Tweet an seine Fans („Danke für die unglaubliche Unterstützung“) und seine Kollegen („für die außergewöhnliche Demonstration der Solidarität“).
Und dann ging er nochmals auf die Flüchtlingsthematik ein, die die Krise auslöste. Linker hatte vor knapp einer Woche ein neues Flüchtlingsgesetz scharf kritisiert, das illegal Eingewanderten das Recht auf Asyl entzieht und ihre Internierung, auch die von Kindern und Familien, sowie ihre schleunige Abschiebung ins ostafrikanische Ruanda ermöglicht. In seinem Tweet am Montag erklärte er: „Wie schwer auch die letzten Tage gewesen sein mögen, sind sie doch nichts im Vergleich, wenn man sein Land wegen Verfolgung oder Krieg fliehen muss, um Sicherheit in einem fernen Land zu suchen. Es ist herzerwärmend, das Mitgefühl von so vielen von euch gegenüber ihrer Misere gesehen zu haben. Wir verbleiben ein Land von überwiegend toleranten, gastfreundlichen und großzügigen Menschen.“
Kritik von Rechtskonservativen im Anflug
Die damit implizierte Kritik an der Regierungspolitik wird ihn bei seinen Kritikern nicht beliebter machen. In den letzten Tagen hatten Kabinettsminister ebenso wie Abgeordnete der Konservativen den Moderator angegriffen und eine Entschuldigung, wenn nicht dessen Entlassung verlangt. Rechte Massenblätter wie der Daily Express oder die Sun hatten souffliert, noch am Montagmorgen warnte ein Leitartikel in der Mail die BBC vor einer „Kapitulation“. Doch der Anstalt blieb gar nichts anderes übrig angesichts des Drucks, unter den sie in der Öffentlichkeit geriet. Brot und Spiele, wussten schon die alten Römer, halten das Volk bei Laune. Nimmt man den Briten die Sportberichterstattung, folgt ein nationales Drama, das sich gewaschen hat, wie die letzten Tage demonstrierten.
Die Kehrtwende, Lineker wieder auf Sendung gehen zu lassen, hilft allerdings der BBC nur bedingt. Jetzt ist harsche Kritik von rechtskonservativen Politikern und Publizisten programmiert, die den Sender als eine Bastion des liberalen Establishments sehen. Manche nehmen sogar das Wort vom Kulturmarxismus in den Mund. Eine Gruppe von Tory-Abgeordneten organisiert zur Zeit einen Sammelbrief, der nach der Abschaffung der Rundfunkgebühr ruft. Oppositionsführer und Labour-Chef Keir Starmer nimmt dagegen den BBC-Vorsitzenden Richard Sharp ins Visier. Sharp hatte, bevor er von Premierminister Boris Johnson zum Anstaltschef gemacht wurde, der Konservativen Partei 400.000 Pfund gespendet. Nach seiner Ernennung kam heraus, dass Sharp zudem dabei geholfen hat, Johnson einen Privatkredit über 800.000 Pfund zu vermitteln, ohne dies dem zuständigen Unterhausausschuss zu melden. Starmer verlangte am Montag seinen Rücktritt. Sharps Position, sagte er, „wird zunehmend unhaltbar.“
Zu Demaart
Die Vita von Gary Lineker war als Fußballer schon beeindruckend, seine soziale Engagements danach sehr bemerkenswert. Und wie jeder von uns hat er eine politische Meinung, welche er schon lange kundtut. Das Possenspiel einiger Konservativer mit ihm und der BBC ging völlig daneben, darum willkommen zurück Gary Lineker.