Schüsse, Schreie und laufende Menschen: Am Samstag haben die luxemburgischen Rettungs- und Polizeikräfte die größte Terrorübung durchgeführt, die je in Luxemburg organisiert wurde. Mehr als 1.000 Personen haben teilgenommen.
Das Szenario war dem Terrorangriff auf das „Bataclan“ in Paris nachempfunden. Vor etwa drei Jahren, am 13. November 2015, stürmten drei Terroristen in den Konzertsaal, als die Band Eagles of Death Metal gerade ein Konzert gab. Die Männer schossen mit Sturmgewehren in das Publikum, warfen Handgranaten und nahmen Geiseln. 90 Menschen wurden ermordet.
In der Rockhal war das Szenario am Samstag ähnlich: Ein DJ spielte seit einer halben Stunde, als gegen 11 Uhr am Morgen fünf Terroristen den Konzertsaal auf Belval angriffen. Einer ließ vor der Tür einen Sprengstoffgürtel hochgehen. Die vier weiteren drangen in den Saal ein und schossen in die Menge. Später nahmen sie etwa 25 Personen als Geiseln.
„Wir hatten in letzter Zeit Übungen auf strategischer und taktischer Ebene“, sagt Luc Feller vom Hochkommissariat für nationale Sicherheit. Das Kommissariat wurde dann gegen Mai gebeten, eine operative Übung durchzuführen, um auch diese Ebene zu testen. „Die Organisation hat etwa ein halbes Jahr gedauert“, sagt Feller. Den Statisten waren vorher Karten ausgehändigt worden, auf denen ihr Verhalten und die Schwere ihrer Verletzungen notiert worden waren. Ihnen wurde beispielsweise erklärt, dass sie nach Beginn des Angriffs hinausstürmen sollten. Oder dass sie von einer Kugel getroffen wurden und verstorben sind. Für die Statisten begann der Tag sehr früh. Bereits um 6 Uhr am Morgen fanden sie sich in der Sekundarschule in Belval ein, um geschminkt und vorbereitet zu werden.
#exerciceVigilnat
300 Polizisten an 300 Memberen vum @CGDISlux hunn haut op engem Exercice mat >1000 Statisten an der @rockhal_lu deelgeholl, wou eng Terror-Attack simuléiert gouf. Verschidde Stroosse wore gespaart. Mir soen iech Merci fir äert Verständnes. pic.twitter.com/3Y3E9LytbW— Police Luxembourg (@PoliceLux) 12. Januar 2019
„Es soll darum gehen, dass die Rettungskräfte und Polizisten einem Problem gegenüberstehen, dem sie real auch begegnen könnten“, erklärt Guy Schuller, Direktor der Krisenkommunikation im Staatsministerium. Deswegen wurden die Teilnehmer auch nicht informiert, wie der Angriff ablaufen würde. Sie mussten sich selbst einen Überblick über die Situation verschaffen. „Eines der Ziele der Übung ist, herauszufinden, wie die Kommunikation zwischen Polizei und Rettungskräften abläuft“, sagt Frank Stoltz, Pressesprecher der Polizei. Eine der schwierigsten Aufgaben für seine Leute bestand darin, die herausrennenden Menschen ordentlich zu identifizieren. Sie mussten aufpassen, dass sich kein Terrorist unter den Fliehenden befand.
Auch die „Groupe de support psychologique“ war vor Ort, um die Menschen zu betreuen, die geflohen waren. Ihre Expertise wurde aber teilweise auch wirklich gefordert. Denn auch eine Übung kann traumatisch für einige Teilnehmer sein. Die, die sich nicht wohlfühlten, konnten sich also bei den Psychologen melden. Für die Rettungskräfte war die Übung auch eine geeignete Feuerprobe. „Wir können ausprobieren, wie unsere Befehlskette in einem solchen Fall funktioniert“, erklärt Cedric Gantzer, Sprecher des nationalen Rettungszentrums CGDIS. Die Rettungskräfte wurden im vergangenen Jahr reformiert. Seitdem koordiniert das CGDIS alle Einsatzkräfte in Luxemburg. Auch Rettungskräfte aus Frankreich und Belgien haben teilgenommen. So konnte die grenzüberschreitende Zusammenarbeit getestet werden.
Zusammenspiel zwischen Polizei und Rettungskräften
Belval war wegen der Übung am Samstag teilweise gesperrt worden. Ein Teil der Busse und des Verkehrs wurde umgeleitet. Die Züge waren nicht betroffen. Damit die Übung ohne Störung ablaufen konnte, wurde der Bereich rund um die Rockhal abgesperrt und mit einem Sichtschutz versehen. Für die Schaulustigen, die sich die Übung ansehen wollten, hielt sich das Spektakel in Grenzen. „Ich hatte ein bisschen mehr erwartet“, so ein Anrainer gegenüber dem Tageblatt. Tatsächlich spielte sich der Großteil der Übung innerhalb der Rockhal ab. Etwas weiter weg von der Rockhalle, unter den ehemaligen Hochöfen, hatten Rettungskräfte und Polizei den sogenannten PMA („Poste médical avancé“), eingerichtet. Es handelte sich hierbei um Zelte, in denen die Verletzten versorgt wurden. Ein Team, das in ständigem Kontakt mit den Krankenhäusern war, entschied dann, wo die Verletzten hingefahren wurden.
Neben dem PMA befanden sich die Kommandoposten der Rettungskräfte und der Polizei. Von hier aus wurde der Einsatz gesteuert. „Im Kommandoposten werden laufend Informationen gesammelt und Entscheidungen getroffen“, sagt Tom Barnig, Direktor der operativen Koordinierung des CGDIS. Er hatte für die Rettungskräfte die Leitung bei der Übung übernommen. Deswegen musste er auch in ständigem Kontakt mit dem Leiter der Polizei sein. „Wir mussten die ganze Zeit mit der Polizei abwägen, wie weit unsere Rettungskräfte vorrücken können.“ Bei einem solchen Einsatz sei es wichtig, dass das Leben der eigenen Leute nicht in Gefahr gerate.
Problembehebung im Krankenhaus
Auch die Politik schaute bei der Übung vorbei. Premierminister Xavier Bettel (DP), Verteidigungsminister François Bausch („déi gréng“), Innenministerin Taina Bofferding (LSAP) und Justizminister Félix Braz („déi gréng“) waren vor Ort, um sich das Treiben anzusehen. „Es ist ein Szenario, das wir uns natürlich nicht wünschen“, sagte Bettel. Man müsse aber auf alles vorbereitet sein. Neben dem Schauplatz rund um die Rockhal hatte auch das Krankenhaus CHEM in Esch an der Übung teilgenommen. Dort wurden die Verletzten hingefahren. Das Krankenhaus hatte in der Garage für die Krankenwagen einen Raum eingerichtet, in dem die Verletzten für die Übung eingelieferten wurden. In einem Nebenraum wurde eine Krisenzelle untergebracht. Hier haben im Laufe des Tages sieben Personen die Koordinierung übernommen.
Für das Krankenhaus war dies eine Möglichkeit, Probleme auszumachen, die bei solch einer Situation auftreten könnten. „Wir haben heute beispielsweise herausgefunden, dass wir ein Problem mit den Telefonen im Krankenhaus haben“, erklärt ein Verantwortlicher. Tatsächlich war es so laut in dem Raum mit dem Verletzten, dass die Telefone nicht richtig gehört wurden. Nun wird das Krankenhaus analysieren, wie dieses Problem gelöst werden kann, damit es im Ernstfall nicht im Weg steht. Außerdem wurde getestet, wie viel Personal in einem Notfall abrufbereit ist. „Wir mussten Chirurgen finden und OP-Teams zusammenstellen, weil wir hier vor allem mit Trauma-Verletzungen zu tun hatten“, erklärt ein Arzt. Bei einem Trauma handelt es sich um eine Verletzung, bei der lebendes Gewebe durch Gewalteinwirkung von außen zerstört wird.
Gemischte Gefühle im Belval-Plaza
Etwa fünf Stunden nach Beginn der simulierten Attacke war auch schon alles vorbei. Vor der Rockhal auf Belval lagen nur noch ein paar leblose Puppen, während die Teilnehmer schon anfingen, aufzuräumen. Auch im CHEM wurde gegen 16 Uhr alles eingepackt. Die Verantwortlichen von Rettungskräften und Polizei sprachen von einer zufriedenstellenden Übung. Sie trafen sich unter Ausschluss der Öffentlichkeit noch später am Abend in der Sekundarschule von Belval, um ein Fazit zu ziehen.
Im Belval Plaza, dem Einkaufszentrum gleich neben der Rockhalle, waren die Gefühle derweil gemischt. „Ich kann natürlich in solchen Zeiten verstehen, dass eine Übung durchgeführt werden muss“, erklärt eine Verkäuferin in einem Schuhladen. „Dass es ausgerechnet an einem Samstag sein muss, ist aber nicht optimal.“ Ihre Kunden kamen nicht und riefen sogar an, dass sie wegen der gesperrten Straßen nach Hause gefahren seien. Auch in einer Bar gleich neben dem Vorhof des Konzertsaals waren die Mitarbeiter enttäuscht. „Einige Schaulustige kamen vorbei, aber letztendlich hatten wir viel weniger Kunden als sonst an einem normalen Samstag.
Gleich gegenüber dem Einkaufszentrum, in einem kleinen Burger-Laden, zeigt man sich derweil zufrieden. „Wir hatten heute wegen der Übung mehr Kunden als sonst“, sagt der Chef. Die Schaulustigen wären nach Beginn bei ihm vorbeigekommen, um etwas zu essen. Auch der Lärm habe sich in Grenzen gehalten. „Wir sind ganz froh, dass die Übung stattgefunden hat.“
Leider mussen esou Übungen an eiser Zäit sinn !
Grousse Merci un al déi Leit déi do mat gemaach hunn.
Et dass wäit aus méi Wichteg wei ee puer Schong !
Liest emol Kommentare op RTL.lu. Ech schumme mech Lëtzebuerger ze sinn !!!!
Wat do steet ass zum Deel nëmmen nach "Domm".