Es war einmal. Da verdrehten einige die Augen, wenn Rollstuhlfahrer Einlass begehrten, ins Wirtshaus, Geschäft oder ins Restaurant. Einige waren vielleicht auch froh, dass ein enges Treppenhaus oder steile Stufen jenem Kunden und seinem Wunsch, einfach nur dazuzugehören, von vornherein einen Riegel vorschoben.
Seitdem hat sich vieles zum Guten verändert. Vieles, aber nicht alles. Denn immer noch wird kontrovers diskutiert über Barrierefreiheit im öffentlichen Raum. So auch vergangene Woche in der Ratssitzung in Sanem. Zwar wird mit Verständnis und ungezwungener als früher über das Thema debattiert, was löblich ist, aber stets auch noch mit einem Blick in die Brieftasche.
Zu oft entscheidet letztendlich der Kostenpunkt darüber, ob feierlich unterschriebene Absichtserklärungen beherzt in die Tat umgesetzt werden. Ob also wirklich die Möglichkeiten geschaffen werden, dass alle Menschen uneingeschränkt an allen Aspekten des öffentlichen Lebens teilnehmen können.
Selbstverständlich ist das nicht. Trotz viel guten Willens wird sich damit immer noch schwergetan. Das dürfte vor allem daran liegen, dass bei der Kosten-Nutzen-Rechnung die Barrierefreiheit immer noch irgendwie als Zugeständnis an eine Minderheit angesehen wird. Dabei geht es bei Zugänglichkeitsbedingungen um jeden, der in einer wie auch immer gearteten Form in seiner Mobilität eingeschränkt ist oder wird. Väter zum Beispiel, die mit dem Kinderwagen die Stufen zum Lieblingsbistro nicht hochkommen. Menschen, die unfallbedingt an Krücken gehen müssen. Leute, die auf eine Gehhilfe angewiesen sind … und ja, dann gibt es auch noch Frauen und Männer, die eine Geh- oder Sehbehinderung haben.
Manch abweisender Charakter öffentlicher Plätze und Gebäude lässt sich nur mit Mangel an vollumfänglicher Empathie erklären. Eigentlich müsste man Entscheidungsträger wie Politiker und Städteplaner an die Hand nehmen und sie auf hohe Bordsteine, Löcher im Boden, fehlende Geländer, Lifte und Rampen aufmerksam machen.
Ein anderes Kapitel wären jene Lifte, die zwar vorhanden, aber nicht immer operationell und manchmal gut versteckt sind, so als würde man sich ihrer schämen.
Fakt ist, dass all jene, denen vermeintlich kleine Hindernisse große Schwierigkeiten im Alltag bereiten, sich nicht respektiert und vor allem nicht wirklich gewollt und dazugehörend fühlen.
Große Hoffnungen werden deshalb nun in das neue Gesetzesvorhaben über Barrierefreiheit gesetzt. Yannick Breuer, Koordinator für Barrierefreiheit bei Info-Handicap, zufolge wird der neue Text weitaus verbindlichere Auflagen enthalten als der aktuell gültige aus dem Jahr 2001. Für Neubauten, aber auch für alle bestehenden öffentlichen Plätze und Gebäude. Letztere müssen innerhalb von zehn Jahren barrierefrei umgerüstet werden. Beim Nichtbeachten drohten eine Strafe und unter Umständen der Abriss. Das Gutachten des Staatsrates zum Text steht noch aus. Ein Datum für die Abstimmung im Parlament gibt es noch nicht.
Doch warum und worauf warten? Oder, um es mit Erich Kästner zu sagen: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!“
De Boulevard Roosevelt weist dass et ganz aktuell an der Politik keen interesséiert. Déi extrem kuerz Gréngphase vun den Ampele sinn eng Frechheet. No dem Chantier sinn d'PMR Parkplazen op héicht vun der Kathedrale an dem Independent Café fort.
Net ze schwätze vun all deenen, déi "just kuerz" op enger PMR Parkplaz stoe bleiwen. "Et war souwisou grad kee Behënnerten do also hunn ech kengem eppes geholl". Déi moralesch Flexibilitéit ass ëmmer erëm faszinant ze erliewe wann een se zur Ried stellt.
Barcelona weist dass et awer geet, wann ee well...
Ich hatte erst heute als Schwerbehindertenvertreter eine Debatte mit einem deutschen Bauamt. Die Mitarbeiter des Bauamtes haben keine Ahnung von Barrierefreiheit, kommen aber nicht auf die Idee mich zu fragen. Als ich sie zur Rede stellte kam "ja aber wir müssen sie doch nicht wegen einem einfachen Fassadenanstrich dazu holen". Ich entgegnete ob sie bei ihrem Fassadenanstrich denn auf kontrastreiche Oberflächen für Sehbehinderte geachtet haben, woraufhin sie erst mal sehr kleinlaut wurden. Oft sind es Kleinigkeiten, die Menschen mit körperlichen Einschränkungen das Leben erleichtern, beispielsweise Hinweisschilder in Blindenschrift am Treppenhandlauf oder ein wenige Zentimeter tiefer angebrachter Lichtschalter. Eine barrierefreie Bauweise kommt auch unseren Senioren zu Gute und alt werden wir schließlich alle. Irgendwann sehen wir schlecht und benötigen Gehhilfen, wäre es nicht schön, wenn wir uns dann immer noch ohne Einschränkungen bewegen könnten?
Hallo, schreiben Sie mir doch bitte und schildern. Sie Ihre Erfahrungen mit der Barrierefreiheit.
mgoetz@tageblatt.lu
Danke
Marco Goetz
Nicht jeder Behinderte ist der freundliche Rollstuhlfahrer, der die Treppe nicht hochkommt. Es gibt auch die eher 'unsichtbaren' Behinderten, wie stark sensorisch oder motorisch Behinderte, die zwar nicht auf einen Rollstuhl angewiesen sind, die jedoch durch schlecht gekennzeichnete Hindernisse Probleme bekommen.
StAu, also stehende Autos sind auch eine Einschränkung der Mobilität! Und es wird immer unerträglicher.
Es ist gut, dass das Thema Behinderung zunehmend Beachtung findet. Leider aber wird der Fokus dabei noch immer auf körperliche Behinderungen gelegt.
Derzeit wird zunehmend über die Langzeitfolgen von Covid19 gesprochen und Fachleute, die sich schon seit längerem mit der Problematik des Chronic Fatigue Syndroms beschäftigen, finden so langsam ein bisschen mehr Beachtung in der Öffentlichkeit. Trotzdem gab es diese Langzeitfolgen nach schweren Virus-Erkrankungen auch schon vorher aber es gab halt keine statistischen Erhebungen, wie viele Menschen davon betroffen sind. Und diejenigen, die es erwischt hatte, blieben meist allein mit ihren Problemen, welche zu sozialer Vereinsamung und der Unfähigkeit, einem normalen Job nachzugehen, führten. Nicht einmal als Behinderung wurden ihre Probleme anerkannt.
Öffentliche Neubauten müssten grundsätzlich ohne Eingangstreppen, und sei es nur eine Stufe gebaut werden.