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Bandenkrieg: Kampf um die verletzte Ehre  

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Nicht weniger als zwölf Männer müssen sich seit letzter Woche vor der von Elisabeth Capesius präsidierten Neunten Kammer am Tribunal in Luxemburg wegen versuchten Mordes und Totschlags verantworten.

Von Carlo Kass

Nicht weniger als zwölf Männer müssen sich seit letzter Woche vor der von Elisabeth Capesius präsidierten Neunten Kammer am Tribunal in Luxemburg wegen versuchten Mordes und Totschlags verantworten. Sie sind Mitglieder zweier Gangs, die sich Anfang Februar 2012 eine Massenschlägerei mit anschließendem Rachefeldzug leisteten.

Bei den Hauptprotagonisten dieser mehrschichtigen Straßenschlacht, bei der es wahrscheinlich um die Verletzung einer falsch verstandenen Ehre ging, wurden später Macheten, Elektroschocker, Messer und Kabel als sogenannte Totschläger gefunden. Da am 7. Februar 2012 ein Gruppenmitglied einem «Feind» den Handschlag verweigerte, kam es drei Tage später zur Razzia im Escher Bandenlokal der «Shines».

Dies wiederum löste die Wut der anderen, der sogenannten «Semedo»-Bande, aus, deren Anführer in aller Eile rund um den hauptstädtischen Bahnhof eine achtköpfige Schlägertruppe zusammentrommelte, mit der er dann zum Halali in der Minettemetropole blies. Mit zwei Wagen machten sie sich auf die Suche nach den «Shines» und legten dabei eine Rififi-reife Verfolgungsjagd durch halb Esch vor.

Wie in solchen Fällen üblich, hatten die Ermittler ihre liebe Mühe, den einzelnen Protagonisten deren genaue Rolle bei der Schlägerei zuzuordnen, was sie unter anderem anhand einer Handyauswertung zur Erstellung der Bewegungsprofile versuchten. Im Gerichtssaal waren denn auch auf einem an die Wand gebeamten Laptop-Bildschirm die Bilder der Männer und ihrer Fahrzeuge zu sehen.

Endlose Gewaltspirale

Am Dienstag sagte ein Ermittler aus Esch aus, dass sich die Lage etwas beruhigt hatte, ehe am letzten Wochenende wieder Unruhen aufflammten. Dabei muss es sich nicht um die beschuldigte Gruppe junger Männer handeln, die in Esch geboren und sich unter der Bezeichnung «The Eschsiders» in einem Fußballklub organisierten. Sie seien eher Kollegen ohne strenge Hierarchie, so der Zeuge.

Schon im Jahre 2010 war eine Geburtstagsparty für ein junges Mädchen bei der Escher Autokontrollstation außer Kontrolle geraten, als ein Mann mit einer Schrotflinte einen anderen Gast visierte. Auch in Foetz waren die Banden aus Esch, Lallingen und Schifflingen bei einer Feier aneinandergeraten. Der Zeuge sagte aus, dass die einzelnen Bandenmitglieder nicht mit der Polizei reden wollen.

Erhebliche Erinnerungslücken

Er sah jedoch Besserungspotenzial bei den Angeklagten, da sie sich nie respektlos ihm gegenüber verhielten. Sie seien lediglich in einer Gewaltspirale verfangen, die sich mit jeder Tat schneller dreht. Wie die Vorsitzende beim Durchblättern der einzelnen Strafregister mitteilte, befinden sich die vorgeladenen Jugendlichen bis auf einen in der Tat in einem bürgerkriegsähnlichen Teufelskreis.

Als dann ein Mitbeschuldigter in den Zeugenstand trat und von der Vorsitzenden befragt wurde, bestätigte sich das eingangs erwähnte Dilemma der Ermittler, den genauen Tathergang zu bestimmen. Obwohl er dabei gewesen sei, habe er nichts mit der Schlägerei zu tun gehabt, so das Fazit der diffusen Aussagen eines Augenzeugen der Schlägerei mit erheblichen Erinnerungslücken. Da dies in diesem bis Ende Juni anberaumten Prozess auch weiterhin die Regel sein dürfte, werden wir zu den Plädoyers der Verteidiger und dem Strafantrag der öffentlichen Anklage wieder einsteigen.