Ausgedampft: Bedenken zum E-Zigaretten-Konsum nehmen zu

Ausgedampft: Bedenken zum E-Zigaretten-Konsum nehmen zu
Juul Labs ist in den USA der Marktführer in puncto E-Zigaretten Foto: AFP/Robyn Beck

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Weltweit häufen sich die Indizien dafür, dass das Rauchen von E-Zigaretten weitaus gesundheitsschädlicher ist als bislang angenommen. Jetzt hat Indien das «Vapen» unter Strafe gestellt.

Die Funktionsweise einer E-Zigarette ist denkbar einfach. Darin wird eine aromatisierte Flüssigkeit erhitzt. Es entsteht Dampf, der vom Konsumenten inhaliert wird. Anders als in einer herkömmlichen Zigarette findet kein Verbrennungsprozess statt.

Besonders bei jungen Menschen kommen E-Zigaretten gut an. Dazu trägt auch bei, dass es Flüssigkeiten für E-Zigaretten – sogenannte Liquids – in vielen verschiedenen, teilweise auch süßen, Geschmacksrichtungen gibt. Anders als beim Rauchen schmeckt der Konsument also nicht den rauchigen Geschmack von Tabak, sondern etwa Apfel, Melone, Litschi oder Erdbeere. Die Liquids sind mit oder ohne Nikotin erhältlich.

Das Meinungsforschungsinstitut Pew Research fand heraus, dass die Zahl der Jugendlichen in den USA, die E-Zigarette dampfen, zwischen 2015 und 2018 stark zugenommen hat. Während 2015 nur 16 Prozent der Zwölftklässler (ca. 17-18 Jahre) angegeben haben, in den vergangenen 30 Tagen E-Zigarette geraucht zu haben, waren es 2018 bereits 27 Prozent.

Einer der großen Akteure auf dem Markt der E-Zigaretten ist der US-amerikanische Konzern Juul Labs. Die Firma hatte Ende 2018 einen Marktanteil von 75 Prozent in den USA und machte einen Umsatz von zwei Milliarden Dollar. Der Konzern geriet in die Kritik, weil er sich mit seiner Werbung vorwiegend an Jugendliche wendete.

Todesfälle in den USA

Doch es kam schlimmer. Der Konzern geriet in schwere Fahrwasser, nachdem sich in den USA Todesfälle häuften, die im Verdacht stehen, mit E-Zigaretten in Verbindung zu stehen. Anfang Oktober teilten die zum Gesundheitsministerium gehörigen «Zentren für Seuchenkontrolle und -prävention» (CDC) mit, dass ihnen mehr als 1.000 Fälle von Lungenverletzungen aus den USA bekannt sind, die mit E-Zigaretten in Verbindung stehen. Die Behörde spricht von 18 bestätigten Todesfällen und weiteren Fällen, die untersucht würden. CDC-Direktorin Dr. Anne Schuchat sagte, für Konsumenten sei es so gut wie unmöglich, zu wissen, was in den Liquids eigentlich drin ist. Das gelte besonders für Produkte, die THC enthalten und auf der Straße verkauft werden. Sie könne auch nicht garantieren, dass Produkte, die bei lizenzierten Händlern gekauft werden, sicher sind. Die CDC konnten bislang nicht klären, was genau die Vorfälle verursacht hat und ob es sich dabei um eine bestimmte Chemikalie oder ein bestimmtes Produkt handelt.

Juul stoppte daraufhin im September jegliche Werbung und tauschte seine Führung aus. Firmenmitgründer Kevin Burns wurde durch K.C. Crosthwaite ersetzt. Crosthwaite kam vom Tabakkonzern Altria. Bis 2018 war er CEO von Philip Morris USA.

Dabei galten E-Zigaretten lange als gesunde Alternative zum Rauchen. In einem Bericht des britischen Gesundheitsministeriums von 2015 heißt es: «Die derzeitige Einschätzung ist die, dass E-Zigaretten rund 95 Prozent weniger schädlich sind als Rauchen.» Außerdem gebe es keinen Hinweis darauf, dass E-Zigaretten als Einstiegsdroge für traditionelle Zigaretten wirken. E-Zigaretten seien zwar nicht risikofrei, aber verglichen mit Zigaretten nur um einen Bruchteil so gefährlich. In der Studie heißt es aber auch: «Rauchen ist Englands Killer Nummer eins und das Beste, was ein Raucher tun kann, ist aufzuhören, jetzt und für immer.» In einem Update von 2018 wiederholt das Gesundheitsministerium diese Behauptungen.

Epidemie verhindern

Als Reaktion auf die Berichte über Todesfälle, die angeblich mit E-Zigaretten in Verbindung stehen, hat Indien die Produktion, den Import und den Verkauf sowie das Bewerben von E-Zigaretten präventiv verboten. In Indien gibt es laut der Weltgesundheitsorganisation WHO rund 100 Millionen Raucher. Mehr Raucher gibt es nur in China. Daneben sind andere Formen des Tabakgenusses, wie etwa der Konsum von Kautabak, in Indien weit verbreitet. Indiens Gesundheitsminister verteidigte das Verbot. Er befürchtet, dass das Rauchen von E-Zigaretten eine «Epidemie» bei Jugendlichen auslösen könnte.

Dr. Anne Schuchat von der Gesundheitsbehörde CDC bei einer Anhörung im US-Parlament

Indien ist nur ein Land in einer langen Reihe von Ländern, die gegen das Vapen vorgehen. Laut der Nachrichtenagentur Reuters ist Vapen bereits in folgenden Ländern verboten oder eingeschränkt: Brasilien, Singapur, Thailand, Mexiko, Kambodscha, Südkorea und Australien. In Japan wurden nikotinhaltige Liquids verboten. In Großbritannien wurden die Stärke und Packungsgröße von Liquids eingeschränkt. Ein Gesetz verbietet außerdem den Herstellern, zu behaupten, ihre Produkte seien sicherer als Zigaretten – obwohl das britische Gesundheitsministerium genau dies seit Jahren behauptet. Auch in den USA wird derzeit ein Gesetz vorbereitet, welches das Vapen einschränken soll. Alle Geschmacksrichtungen außer jene, die nach Tabak schmecken, sollen verboten werden.

E-Zigaretten sind zu einem Zeitpunkt auf den Markt gekommen, als die Zahl der Raucher weltweit zurückgegangen war. Zuletzt hatte die WHO berichtet, dass die Anzahl der Raucher weltweit zwischen 2000 und 2015 um 29 Millionen gefallen ist. Trotzdem sterben weltweit immer noch mehr als acht Millionen Menschen jährlich durch das Rauchen. Etwa sieben Millionen davon, weil sie selber rauchen und 1,2 Millionen durch das Passivrauchen.

Tabakkonzerne mischen mit

Kein Wunder, dass auch die traditionellen Tabakkonzerne mitmischen wollen und ihre eigenen E-Zigaretten auf den Markt bringen. So hat zum Beispiel American Tobacco das Produkt «Govype» auf den Markt gebracht. Philip Morris hat mit iqos eine «E-Zigarette» auf den Markt gebracht, in der kein Liquid, sondern Tabak erhitzt wird. Dank des Verbotes nikotinhaltiger Liquids in Japan konnte Philip Morris mit seinem Produkt dort punkten.

Probleme drohen letzterem Produkt in Deutschland. Dort wird gerade über ein Außenwerbeverbot für Tabak diskutiert. Der Konzern möchte sein Produkt als gesündere Alternative zum Rauchen bewerben. Dieser Wandel werde mit einem Werbeverbot «nicht so schnell erfolgen wie wünschenswert», sagte eine Sprecherin von Philip Morris gegenüber dem Handelsblatt.

In Luxemburg wird nicht darüber nachgedacht, das Rauchen von E-Zigaretten einzuschränken. «Aber wenn die Situation dies erfordert, werden wir den rechtlichen Rahmen anpassen», sagte das Gesundheitsministerium im September gegenüber L’Essentiel.