Am 30. Mai 1992 ging Arte auf Sendung. Der Kultursender hat, wie im letzten Arte-Magazin eingestanden, 30 „bewegte Jahre im Zeichen des europäischen Auftrags durchlebt und sich kontinuierlich entwickelt“. Das Programm wurde erweitert, neue Formate erschlossen und technische Innovationen genutzt, um weiterhin „state of the art“ zu bleiben. Nach 30 Jahren plant der inzwischen unverzichtbar gewordene Kanal, sich mit „Digitalisierung und Europäisierung“ den Herausforderungen einer von Grund auf erneuerten medialen Umwelt zu stellen.
Dabei sollen Dokumentationen, Reportagen und Filmjuwelen helfen, noch mehr Zuschauer, auch der jüngeren Generation, anzulocken. Prominente aus Kultur, Politik, kritische Beobachter der Medienszene gratulieren, die Verantwortlichen hingegen geben sich als Aufgabe, die „Schlüssel zum Verständnis der Welt“ zu bieten und gleichzeitig „Treibstoff für den europäischen Aufbruch“ zu sein. Künstler Jonathan Meese sagt gar: „Arte ist für mich ein absolutes Gesamtkunstwerk, voller Liebe, Respekt und Hingabe.“ Im Jubiläumsmonat Mai bietet Arte ein anspruchsvolles und abwechslungsreiches Programm an. Wir wollen ein paar sich auf bildende Kunst beziehende Perlen aus dieser Programmkette herauspicken.
Geschichte der Museen
Haben wir vor einer Woche die „Macht der Museen“ als Leitmotiv des diesjährigen Museumstages der ICOM am 18. Mai angesprochen, so geht Arte in einer Doku am Sonntag, den 15. Mai ab 16.15 Uhr der „Geschichte des Museums: Von der Wunderkammer zum Wahrzeichen“ auf den Grund. Angeführt werden Beispiele wie die Uffizien in Florenz oder der Louvre in Paris, die nicht nur ein „Millionenpublikum“ anziehen, sondern auch „Orte der Bildung, Erbauung und Selbstvergewisserung“ sind. Es wird die Geschichte des Museums als Institution von seinen Anfängen im Italien des 16. Jahrhunderts bis in unsere Zeit erzählt. Selbstredend wird die Frage nach der Zukunft der Museen in einer digitalen Welt aufgeworfen. Sicher eine spannende Reihe.
Mit der Dokumentation „Gaudi: Architekt der Moderne in Barcelona“ wird darüber hinaus die Brücke zu einem Künstler und Baumeister der besonderen Art geschlagen. Ab 15.55 Uhr wird am 29. Mai die Person Antoni Gaudi beleuchtet und sein Lebenswerk „Sagrada Família“ in der katalanischen Hauptstadt dargestellt, ein Vorzeigewerk „avantgardistischer Architektur“, das die „ästhetische Identität“ der Stadt auszeichnet. Wer Barcelona besucht hat, weiß, wovon hier gesprochen wird, kurzum eine lehrreiche Filmstunde, die helfen wird, den extravaganten Architekten besser zu verstehen.
Gretchenfrage: Was ist Kunst?
In der Vergangenheit haben wir öfters auf Dokumentationen über bekannte Künstler und wegweisende Kunstrichtungen auf Arte hingewiesen. Zwischen der Biennale von Venedig, die noch läuft, der Art Basel, die ansteht, und der documenta in Kassel, auf die wir für Juni eingestellt sind, tut es gut, dass Arte ab dem 22. Mai eine analytische Recherche zu der sich permanent stellenden Frage „Ist das Kunst?“ sendet. In der ersten Sendung einer vierteiligen Reihe geht es um die Frage „Wer macht die Kunst?“. Ob ein „Kunstwerk“ auch ein authentisches „Kunstwerk“ ist, bleibt eine Art „Buch mit sieben Siegeln“. Die Antworten driften auseinander, selbst unter Experten sind die Aussagen nicht immer eindeutig und in die gleiche Richtung orientiert.
Was Kunst ausmacht und wer die „entscheidenden Player“ sind, sind zwei Themen, die in dieser Sendung angesprochen werden. Zwei Künstler bieten an diesem Sonntag Einblick in ihren „Schaffensprozess“. Es sind die international bekannte, 1979 geborene deutsche Künstlerin polnischer Herkunft Alicja Kwade, spezialisiert auf Skulptur und Installationen sowie Video und Fotografie, und die 1978 geborene deutsche Performance- und Multimediakünstlerin Anne Imhof.
Gerade in diesen Zeiten wichtig
Am 29. Mai wird in der zweiten Folge ab 12.30 Uhr der Frage nachgegangen: „Was kostet die Kunst?“ Gehen Künstler in der Regel ihrer kreativen Arbeit nach, bemühen sich ihre Galerien in New York oder Berlin, Ausstellungen zu arrangieren und potenzielle Käufer aufzustöbern. Viele Faktoren spielen bei der „Preisbildung“ eine Rolle, doch gibt es keine „allgemeingültige Formel, mit der man den Wert eines Kunstwerks bestimmen könnte“. Alles ist relativ, wie das rezente Beispiel eines Marilyn-Monroe-Porträts von Andy Warhol bei einer Auktion diese Woche gezeigt hat. Die restlichen Folgen dieser Reihe werden im Juni ausgestrahlt.
Sicher, andere Programmelemente wären zu nennen, vor allem ausgezeichnete Spielfilme, zudem liefen bereits in den ersten Mai-Tagen Dokumentationen über den „Kunsthandel im besetzten Paris“, wobei es vor allem um die Bereicherung an „jüdischer Raubkunst“ ging, oder „Gabriële Buffet-Picabia“, ein Porträt der Pariserin, die als „Muse der Avantgarde“ und zu Zeiten Apollinaires, Strawinskys und Duchamps galt. Beide Sendungen können im Nachhinein in der Mediathek gesichtet werden. 30 Jahre Arte – gerade in Zeiten, in denen das Projekt Europa kriegsbedingt auf dem Prüfstein steht, ist der Sender unverzichtbar, denn er vermittelt „ein Gefühl europäischer Verbundenheit durch Kultur und Bildung“.
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