Fernand Etgen erinnerte daran, dass die parlamentarische Session 2021/22 jene war, in der die Abgeordneten nach 18 Monaten nicht mehr im provisorischen Cercle municipal tagen mussten, sondern wieder zurück in die gewohnte „Chambre des députés“ am Krautmaart kamen. „Es war eine gelungene Rückkehr in unseren aufgefrischten Plenarsaal, mit neuen Stühlen, einer besseren Beleuchtung und Akustik.“ Etgen ging am Montag rückblickend auf die parlamentarische Session 2021/2022 ein und bot einige Ausblicke auf die neue Session 2022/23.
Demnach habe 2021/22 nicht nur im Zeichen der Covid-19-Krise und deren Konsequenzen gestanden, sondern auch des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Als parlamentarischen „Höhepunkt“ nannte Etgen die Live-Versammlung mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Dort habe die Chamber ihre Position als Institution deutlich gemacht: „Wir verurteilen die russische Aggression auf die Ukraine aufs Schärfste und unterstützen die Ukraine, wo es nur möglich ist.“ So bleibe die ukrainische Flagge bis auf Weiteres vor der Chamber gehisst.
Rückblickend auf die vergangenen 12 Monate hob Etgen einige Punkte hervor, die zeigen würden, wie ausgeprägt der Wille der Bürger, am politischen Leben teilzunehmen, sei. Die Chamber sehe es als ihre Mission an, den parlamentarischen Dialog mit den Bürgern aufrechtzuerhalten und zu stärken. Als Beispiele nannte Etgen den Klimabürgerrat, den Erfolg der Petitionen sowie die neue Webseite des Abgeordnetenhauses. Petitionen seien ein wichtiges Instrument der modernen Bürgerbeteiligung am politischen Prozess, sagte er. In der nun zu Ende gehenden Session seien über 400 Petitionen eingegangen, aus denen 12 öffentliche Debatten resultierten.
Jungen Menschen eine Stimme geben
Auch in Europa sollen die Bürger Luxemburgs gehört werden. Im Rahmen der „Konferenz über die Zukunft Europas“ haben die Abgeordneten den Einwohnern zugehört und ihre Anliegen nach Brüssel gebracht. Daneben wolle man jungen Menschen eine Stimme geben. Etgen nannte das traditionelle Hearing mit dem Jugendparlament oder den Kinderrechtstag, an dem Grundschüler die Chamber besuchen. Letzteres fand in Zusammenarbeit mit dem „Zentrum fir politesch Bildung“ (ZpB) statt. Neben dem Dialog mit den Bürgern sei auch die Transparenz sehr wichtig, so Etgen. Deshalb habe man nun ein Transparenzregister eingeführt.
Wegen der Zunahme an Aktivitäten wurde die Institution auch administrativ reorganisiert und durch mehr Personal sowie weitere Dienstleistungen verstärkt.
„Die nun endende Session war sehr arbeitsintensiv“, sagte der Parlamentspräsident. Das Abgeordnetenhaus habe während der vergangenen Jahre seine Arbeit praktisch verdoppelt. So habe man alleine 2021/22 ganze 72 öffentliche Sitzungen abgehalten, die insgesamt fast 300 Stunden dauerten. Die „Chamber“ hatte über 900 nationale und internationale Begegnungen über die vergangenen 12 Monate. Als Beispiel nannte er den Besuch durch die Präsidentin des Europaparlaments, Roberta Metsola. „Wegen der Zunahme an Aktivitäten wurde die Institution auch administrativ reorganisiert und durch mehr Personal sowie weitere Dienstleistungen verstärkt, wie etwa die wissenschaftliche Zelle oder den ‚Service légistique’“, erklärte Fernand Etgen.
Zum Ausblick auf die nun beginnende Session sagte der Präsident: „Der ‚Etat de la Nation’ von Premier Bettel am Dienstag und die Abgabe des Budgets am Mittwoch sind die zwei ersten großen Dossiers, die diese Woche auf dem Programm stehen.“ Das Parlament sei nun dabei, einige Debatten für diesen Herbst vorzubereiten, wie zum Beispiel die Konsultationsdebatte am 25. Oktober über die Vorschläge des Bürgerklimarats. In diesem Kontext hob er hervor, dass auch das Abgeordnetenhaus seine Büros und Räumlichkeiten auf maximal 20 Grad heize, nachts sämtliche Lichter ausschalte und die Fassade des Gebäudes nicht mehr beleuchtet werde.
Verfassung wird im Mittelpunkt stehen
In den nächsten Wochen und Monaten stehe die Verfassung im Mittelpunkt. „Nach fast 20 Jahren Arbeit sollen verschiedene Kapitel der Verfassung in dieser Session definitiv angenommen werden“, sagte er. „Damit bekommt unser Land endlich eine Verfassung, die ihrer Zeit angepasst ist.“ Die erste Verfassung geht auf 1848 zurück. Deshalb feiert die „Chambre des députés“ nächstes Jahr den 175. Jahrestag jener Konstitution. Dazu werden eine Ausstellung und ein Volksfest organisiert.
Das Parlament investiert laut Etgen weiter in die politische Bildung, insbesondere in jene der Jugend. Dazu erwähnte Etgen die Zusammenarbeit mit dem ZpB im Rahmen des Projekts „Meng Chamber“. Praktisch jede Woche werden Schulklassen das Parlament besuchen, dies in Begleitung von Lehrpersonal und Abgeordneten. So wurde nun auch die Wanderausstellung „Wiele wat mir sinn“ in den Räumlichkeiten des Abgeordnetenhauses gezeigt, um später in Kulturzentren, Schulen usw. zu gastieren, wie ZpB-Direktor Marc Schoentgen am Rande der Pressekonferenz dem Tageblatt erklärte.
Im Mai 2023 stehe ein großes internationales Treffen in Luxemburg an, so Fernand Etgen weiter. Die Chamber organisiere die Frühjahrssession des NATO-Parlaments, wo über 300 Abgeordnete aus allen NATO-Staaten und Partnerländern, unter anderem der Ukraine, nach Luxemburg kommen werden.
„Chamberbliedchen“, Open-Data und Webseite
Einen besonderen Stellenwert lässt das Parlament der Wissenschaft zukommen. Dies werde in vielerlei Hinsicht hochgehalten, sagte Etgen und zählte auf: durch den wissenschaftlichen Dienst, die „Chair parlementaire“, die Kooperation mit dem FNR („Fonds national de la recherche“) und die Uni Lëtzebuerg. „So kann das Parlament bessere Informationen liefern, damit bessere Politik gemacht werden kann.“ Als Institution werde sie effizienter. Unter anderem nannte er die Kooperation mit dem „Zentrum fir d’Lëtzebuerger Sprooch“ zwecks Transkription der Redebeiträge. „So werden wir viel schneller das, was in der Chamber gesprochen wird, auch schriftlich zur Verfügung stellen können. Der Weg ist noch lang, aber viel weniger lang als wir ursprünglich dachten.“
Es geht uns vor allem darum, der Chamber ein neues, bürgernahes und freundliches Gesicht zu geben.
Zu den Neuerungen gehört auch das neue „Chamberbliedchen“. Ab jetzt werde es in einem neuen Format und einer neuen Distributionsform per Abo gratis verfügbar sein. Es kann sowohl digital als auch in Papierform bestellt werden. „Bislang haben sich bereits 4.500 Leute darauf abonniert“, so Etgen. Ab dieser „Rentrée“ lanciert das Parlament eine Open-Data-Politik und stellt ihre öffentlichen Daten zur freien Verfügung. Über die neue Internetseite sagte der Parlamentspräsident: „Ich bin sehr stolz auf die Eröffnung unseres neuen Webauftritts. Wir hatten unsere Seite letzte Woche diskret online gesetzt und bekamen bereits sehr viel Feedback.“ Dadurch habe man sofort einige Details verbessern können. Die neue Seite sei benutzerfreundlicher, leichter zugänglich, zeitgemäßer und in vier Sprachen abrufbar. „Es geht uns vor allem darum, der Chamber ein neues, bürgernahes und freundliches Gesicht zu geben“, betonte Etgen. Das Parlament sei ein offenes Haus.
Nun sei man gut aufgestellt und voller Motivation und Energie, um die letzte Session dieser Legislaturperiode, mit ihren vielen Herausforderungen, anzugehen.
Manche Petitionen würden keinem begabten Schulkind einfallen. Die fallen oftmals sehr unbegabten Erwachsenen ein???
Kein Wunder wenn man sich mit Petitionen rumschlagen muss,die keinem Schulkind einfallen würden.