„Es ist wichtig, im Kopf zu behalten, dass nicht alles selbstverständlich ist.“ Das sagt Patricia Marques im Tageblatt-Interview. Die Psychologin bezieht sich dabei auf die Arbeitsrechte, für die die Arbeiterbewegung in den vergangenen Jahrzehnten gekämpft hat. Acht-Stunden-Tage, Krankenkasse, Elternurlaub – die Arbeitnehmer mussten sich schon immer für Verbesserung einsetzen. In verschiedenerlei Hinsicht geht es dem Personal von heute besser als je zuvor. Doch andere Aspekte des Arbeitsalltags bewegen sich in die falsche Richtung.
Die Arbeitswelt hat in den vergangenen paar Jahren fundamentale Veränderungen erlebt. Die Digitalisierung beschleunigt Prozesse, bringt allerdings auch Bildschirme und damit Arbeit in die eigenen vier Wände. Mit der Plattformarbeit ist es den Unternehmen gelungen, eine gesetzliche Grauzone zu erschaffen, mit der etablierte Gesetze umschifft werden können. Außerdem verändern sich die Ansprüche an Angestellte mittlerweile so schnell, dass das Angebot der Weiterbildungen nicht mehr nachkommt.
Es gibt also noch sehr viel Verbesserungsbedarf – vor allem scheint es für viele Menschen immer schwieriger zu werden, sich vom verdienten Geld einen angemessenen Lebensstandard leisten zu können. Wegen der Inflation, die in Luxemburg zwar vergleichsweise niedrig ist, sparen Betriebe, wo sie können. Gleichzeitig wird der Warenkorb für das Personal immer teurer. Und laut „Chambre des salariés“ fallen 13 Prozent der Luxemburger Arbeitnehmer in die Kategorie „Working Poor“ – also Menschen, die trotz Arbeit vom Armutsrisiko betroffen sind. Damit liegt das Großherzogtum auf dem letzten Platz in Europa.
Gleichzeitig weigern sich Unternehmen, die weiterhin Rekordergebnisse schreiben, ihren Erfolg mit den Menschen zu teilen, die dies überhaupt ermöglicht haben. Beispiel: Cargolux. Das Luxemburger Luftfrachtunternehmen verzeichnete vergangenes Jahr einen Nettogewinn von 1,6 Milliarden Dollar– ein Plus von knapp 22 Prozent verglichen mit dem letzten Rekordjahr 2021. Trotzdem scheitern die Kollektivvertragsverhandlungen. „Das Personal der Cargolux war quasi unsere Nabelschnur während der Pandemie – und dass bei der Gewinnbeteiligung bei den nun erzielten Resultaten nichts passieren soll, ist einfach nicht ernst zu nehmen“, sagt OGBL-Präsidentin Nora Back im Tageblatt-Interview.
Durch Gewinnoptimierung und Firmenmodelle, die nur funktionieren, wenn das Unternehmen Jahr für Jahr wächst, bleibt das Wohlbefinden der Angestellten oft auf der Strecke. Und jetzt kommt die Künstliche Intelligenz. KI könnte verschiedene Berufsbilder komplett vernichten. Die nächsten Jahre werden zeigen, ob wir bereit sind für diese Technologie. Falls nicht, sind die Gewerkschaften mehr gefragt denn je, um Arbeitnehmer vor Stellenabbau und schlechteren Arbeitsverhältnissen zu schützen.
Denn: „Arbeit gibt einem einen Sinn im Leben. Und das Konzept des Sinnes ist wichtig für unsere mentale Gesundheit“, sagt Psychologin Patricia Marques. Falls die Rechte der Arbeitnehmer vor den kommenden Problemen nicht geschützt werden, könnte der Job dem Geisteszustand allerdings wesentlich mehr schaden als helfen.
Bald wird AI alle Birldschirmarbeiter ersetzen, einige wurden schon jetzt ersetzt.