Die offizielle Zeremonie zum Nationalfeiertag, die am Sonntagmorgen in der Philharmonie begangen wurde, hatte dieses Jahr viele melancholische Momente – von Anfang an. Da erinnerte Premierminister Xavier Bettel an den Altgroßherzog Jean, der am Ostermontag im Alter von 98 Jahren verstarb.
Von Laurent Graaff, Frank Goebel und Jessica Oé
Fotos von Alain Rischard und Didier Sylvestre
Nachdem der Festakt mit der Komposition Regiis Ostium von Ernie Hammes eingeleitet worden war, sprach Xavier Bettel über seine Begegnungen mit dem Altgroßherzog. Diese seien immer «eine große Ehre und Freude gewesen». Jean sei eine «große Inspiration» und «auch im hohen Alter extrem gut informiert» gewesen und habe weniger seine eigene Sicht dargelegt, als dass er die richtigen Fragen gestellt habe.
Die Rückschau Jeans auf das Erleben des Zweiten Weltkriegs als «größte Katastrophe auf unserem Kontinent» sei für ihn, Bettel, heute ein ganz konkreter Auftrag, «alles einzusetzen für die Werte, für die unsere Vorfahren gekämpft haben».
Weiter bezeichnete Bettel den Klimawandel als eine der drängendsten Herausforderungen, bei der sich Luxemburg besonders einbringen müsse. Er lobte die jungen Leute, die als Klima-Aktivisten «unermüdlich daran erinnern, dass keine Zeit mehr zu verlieren ist».
Auch der Chamber-Präsident Fernand Etgen erinnerte in seiner Rede an jene, die ihr Leben im Kampf gegen den Nationalsozialismus ließen und unterstrich die Rolle des heutigen Europa.
Nach einem musikalischen Intermezzo (Konzert für Klarinette und Orchester, W.A. Mozart (KV 622), Solist: Max Mausen) wurde dann eine ganze Reihe von Persönlichkeiten aus dem öffentlichen Leben ausgezeichnet. Darunter:
– Bob Kneip*, Gründer der Firma Kneip Communication,
– Jean-Claude Reding, ehemaliger Präsident des OGBL und der «Chambre des salariés»,
– Michel Wurth, ehemaliger Präsident der Handelskammer,
– Fernand Fox, Schauspieler,
– Paul Diederich, Gründer der «Fondation Alzheimer»,
– der Sportler Tom Habscheid,
– Frank Elstner, Fernseh- und Radio-Urgestein und
– Désirée Nosbusch, Schauspielerin und Moderatorin.
Späte Kriegsopfer
Für einen weiteren sehr emotionalen Moment, der Xavier Bettel beinahe die Stimme versagen ließ, sorgte die posthume Ehrung des Adjudant-Major Luc Derneden und des Adjudant-Chef Mike van de Berg: Die beiden Soldaten des Kampfmittelräumdienstes waren am 14. Februar 2019 auf «Waldhaff» getötet worden, als eine Granate aus dem Zweiten Weltkrieg beim Entschärfen explodierte – und sie so zu späten Kriegsopfern machte.
Familienangehörige der beiden Toten nahmen die „Croix d’honneur de mérite militaire“ entgegen. Ausgezeichnet wurde auch der Adjudant-Major Remy Eiffes, der durch sein rasches Handeln das Leben von Adjudant-Chef John Lanser rettete, der bei dem Unfall auf «Waldhaff» schwer verletzt wurde und deshalb nicht an der Zeremonie teilnehmen konnte. Ebenfalls ausgezeichnet wurde Adjudant-Chef Joé Cottong.
Grand-Duc Henri blickte in seiner Ansprache auf das Leben seines Vaters Jean zurück und bedankte sich bei alle jenen, die dazu beigetragen haben, dem ehemaligen Staatschef einen würdevollen Abschied zu bereiten: «Es liegt nicht in meiner Natur, meine Gefühle und Gedanken nach außen zu tragen», sagte er in der Philharmonie. Aber er sei sehr dankbar für «die Anteilnahme von Tausenden Menschen, Luxemburgern und Nicht-Luxemburgern».
Der Großherzog zeigte sich außerdem besorgt über «das Aufkommen von Ressentiments» in unseren Gesellschaften: Das sei beispielsweise der Fall in Ländern, «die uns nahestehen», was das Geschehen umso schockierender mache: «Politiker, die sich gegenseitig beleidigen, anstatt sich über Ideen und Projekte auszutauschen. Bürger, deren Aggression explodiert oder die sich gegen die demokratische Ordnung revoltieren. Soziale Netzwerke, wo es immer mehr Exzesse zu lesen gibt und immer weniger Mäßigung zu finden ist», zählte er auf – und sah «Mauern, die immer höher werden und dadurch die Menschen zwingen, immer lauter zu schreien, um gehört zu werden».
Das alles bilde den «Nährboden für vereinfachende Ideen, Populismus oder Extremismus».
Glücklicherweise seien dem Zusammenleben in Luxemburg bisher solche Differenzen erspart geblieben. Luxemburger seien unterschiedlich, ohne dass sie gespalten seien: «Lasst uns alles Nötige tun, damit uns das erhalten bleibt!»
Er schloss ab mit den Worten «Vive eis Eenegkeet, vive eist Land a vive Europa!»
* Dieser Artikel wurde nachträglich geändert. Uns ist ein Fehler beim Namen des Gründers von Kneip Communication unterlaufen. Es handelt sich um Herrn Bob Kneip, nicht um Bob Krieps, wie wir fälscherlicherweise geschrieben hatten.
“Vive eis Eenegkeet, Vive eist Land a Vive Europa!” Vläicht kënnt den Här nët ze oft ënnert d'Leit, soss wär hien nët esou "blauäugig".
Und wieso werden die Mauern immer höher?