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Als „weißes Blatt“ soll Olivier Faure Frankreichs Sozialisten retten

Als „weißes Blatt“ soll Olivier Faure Frankreichs Sozialisten retten
Foto: Thibault Camus/AP/dpa

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Frankreichs Sozialisten sind im vergangenen Jahr als Leidtragende des Macron-Effekts in die Bedeutungslosigkeit gestürzt. Nun soll der wenig bekannte Olivier Faure die politische Renaissance einleiten.

Der Parteisitz in Paris wird verkauft, die Fraktion in der Nationalversammlung ist auf Mini-Format geschrumpft, prominente Politiker wie Ex-Premier Manuel Valls sind von Bord gegangen. Von Frankreichs einst stolzen Sozialisten ist nach ihrem Desaster bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im vergangenen Jahr nicht viel übrig. Olivier Faure soll nun die Scherben zusammenkehren und der Partei zu einer politischen Wiedergeburt verhelfen. Der neue Parteichef wurde an diesem Wochenende bei einem Parteitag im Pariser Vorort Aubervilliers offiziell ins Amt berufen.

«Die Sozialdemokratie ist überall in Europa in der Krise, und deshalb müssen wir mit unseren Partnern eine kollektive Renaissance angehen», sagt der 49-Jährige. Seine größte Herausforderung wird es sein, der Parti socialiste (PS) wieder Gehör zu verschaffen in einer politischen Landschaft, die Staatspräsident Emmanuel Macron mit seiner erfolgreichen Kandidatur jenseits der traditionellen Parteien völlig umgepflügt hat. Derzeit wird die französische Schwesterpartei der SPD zwischen dem Macron-Lager in der Mitte und der radikal-oppositionellen Konkurrenz um den linken Volkstribun Jean-Luc Mélenchon kaum wahrgenommen.

Faure ist der Sohn eines Franzosen und einer Vietnamesin: er Steuerbeamter, sie Krankenschwester – «weder reich noch arm», wie der Politiker es beschreibt. Faure studierte Jura und Politik, hat vier Kinder und brachte vor einigen Jahre ein Comic-Buch über den erfolglosen Wahlkampf von Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal im Jahr 2007 heraus. Faures Frau arbeitete bis vor Kurzem als Beraterin für Präsident Macron im Elyséepalast.

Der neue PS-Chef kam schon jung zu den Sozialisten und kann auf drei Jahrzehnte Parteikarriere zurückblicken. Für viele Franzosen ist er aber trotzdem ein «weißes Blatt», wie er selbst eingeräumt hat.

Faure war Berater von Arbeitsministerin Martine Aubry, als diese die 35-Stunden-Woche durchsetzte. Er arbeitete später im Büro des damaligen Parteichefs François Hollande und als Generalsekretär der sozialistischen Parlamentsfraktion, bevor er 2012 selbst in die Nationalversammlung gewählt wurde. Seit Ende 2016 führt er die Fraktion, die sich nach dem Wahldebakel im Juni vergangenen Jahres in «Neue Linke» umbenannt hat.

Bei der PS will er nun Schluss machen mit den Grabenkämpfen der verschiedenen Flügel, Mitglieder stärker an Diskussionen beteiligen und die Partei nach außen öffnen. «Ich glaube nicht an die Unversöhnlichkeit der Linken», sagte Faure zum Abschluss des Parteitages. Geschlossenheit sei keine Option mehr, sondern Pflicht.

Kritiker werfen Faure vor, er sei farblos und ähnlich wie einst der glücklose Ex-Präsident François Hollande zu sehr auf Konsens bedacht. Die Zeitung Libération betitelte ein Porträt des neuen Parteichefs in Anlehnung an das Symbol der PS: «Rose ohne Dornen».