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Als letztes EU-Land gibt sich Luxemburg auch ein Archivgesetz

Als letztes EU-Land gibt sich Luxemburg auch ein Archivgesetz

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Bisher konnten Verwaltungen beliebig darüber entscheiden, was als bewahrenswert gilt.

Bisher konnten Verwaltungen beliebig darüber entscheiden, was als bewahrenswert gilt. Das wird sich nun ändern. Denn jetzt hat Luxemburg sich als letztes EU-Land ein Archivgesetz gegeben.

«Ich kann es kaum fassen», sagt Josée Kirps. «Die Freude ist gewaltig.» Der Anlass für den emotionalen Ausbruch von Josée Kirps ist nicht etwa eine Beförderung, ein unerwarteter Geldgewinn oder gar der Einzug der bevorzugten Nationalelf ins Weltmeisterschaftsfinale. Der Grund für ihre Freude gilt der Verabschiedung eines luxemburgischen Archivgesetzes. Was für manche nach trockener, staubiger Angelegenheit klingt, ist für Josée Kirps der vorläufige Höhepunkt eines langen Kampfes.

NATO-Gründungsakte im Reißwolf gelandet

Seit 2003 ist sie Direktorin des Nationalarchivs – und seit 2003 plädiert sie für die Erschaffung eines Archivgesetzes. Denn bis auf eine Verordnung von 1879 noch unter König-Großherzog Wilhelm III. gibt es kein verpflichtendes Regelwerk zum Archivieren. Was als bewahrenswert gilt, lag im Ermessen der Verwaltung bzw. der Beamten. Dieser Zustand des beliebigen Laisser-faire hat etwa dazu geführt, dass die NATO-Gründungsakte, die der Luxemburger Außenminister Joseph Bech 1949 unterzeichnet hat, dem Reißwolf zum Opfer gefallen ist.

Es nur eine von vielen Anekdoten, die zeigt, wie wenig gewissenhaft Luxemburg mit seinem immateriellen Erbe umgeht. Wie wenig eine Archivkultur in Luxemburg ausgeprägt ist. Oder wie es Franz Fayot (LSAP) gestern in der Chamber formulierte: «Wie schlampig Luxemburg mit seinem historischen Erbe umging.» Dabei bewahren Archive das kollektive Gedächtnis einer Gesellschaft. Sie sind die Grundlage zur Erforschung der Geschichte. Darin waren sich auch alle Abgeordneten im Parlament einig.

Zerstörung von Dokumenten steht unter Strafe

Das Herzstück des neuen Gesetzes ist ein sogenanntes «Tableau de tri». Dank dieses Ordnungssystems erhalten die Behörden künftig einen Überblick darüber, welches Material es zu archivieren gilt. Gemeinsam mit dem Nationalarchiv werden die Verwaltungen sieben Jahre Zeit haben, um das «Tableau» auszuarbeiten. «Das mag für Laien nach einer langen Zeitspanne klingen», so Kirps, «aber Archivare denken in längeren Zeiträumen.» Alle Ministerien und Verwaltungen werden unter das Archivgesetz fallen – sie müssen die Dokumente nach einer Verweilfrist an das Nationalarchiv abgeben.

Die Zerstörung von staatlichen Dokumenten steht dabei unter Strafe und kann zu Geldstrafen von 500 bis 45.000 Euro führen. Grundsätzlich darf lediglich das Nationalarchiv darüber bestimmen, was zerstört werden kann. Allerdings sollten die Beamten keine Angst haben, eine Arbeitsmail zu löschen. Es gehe lediglich um größere Bestände oder um Fälle wie die NATO-Gründungsakte, so Kirps.

Ausgenommen von dieser Abgabepflicht ans Nationalarchiv sind die Abgeordnetenkammer, der Staatsrat, die Gerichte, der großherzogliche Hof, der Ombudsmann und der Rechnungshof. Es gelten zwar Regeln des Gesetzes, aber diese Institutionen können ihre eignen Archive führen. Vollkommen ausgenommen vom Archivgesetz sind dabei die Gemeinden. Man habe zwar gehofft, dass auch auf kommunaler Ebene das Gesetz gelten werde, so André Bauler (DP), Berichterstatter des Gesetzes, aber die Gemeindevertreter haben sich hinter dem Argument der Autonomie der Gemeinden verschanzt.

Steuerakten: Sperrfrist von 100 Jahren

Ursprünglich war vorgesehen, dass Steuerakten vom Gesetz ausgenommen werden sollten. «Damit wird das Steuergeheimnis verewigt», sagte etwa der Historiker Michel Pauly Anfang des Jahres. Nach einer öffentlichen Entrüstung von Historikern, Archivaren, der Presse und auch Politikern kippte diese Ausnahmeregel. Das Finanzministerium war bereit, Dokumente der Steuerverwaltung zu archivieren, aber mit einer Sperrfrist von 100 Jahren.

«Erst am Ende des 21. Jahrhunderts kann damit die Geschichte des Finanzplatzes geschrieben werden», so Fayot. Das werfe nach LuxLeaks, mehreren Affären und einer gewissen opportunistischen Steuerpolitik in Luxemburg kein gutes Licht auf das Großherzogtum. Und auch kein gutes Licht auf das Finanzministerium. Die Sperrfrist sei schlichtweg «bedauerlich».

Auch Marc Baum («déi Lénk») und Sam Tanson («déi gréng») zeigten sich nicht überzeugt von der Sperrfrist: «In Luxemburg ist immer noch nichts geheimer als das Steuergeheimnis», so Tanson.

 

post-truth
11. Juli 2018 - 14.35

Also laut Datenschutzgesetz (GDPR), ist es verboten unnötige personenbezogene Daten zu speichern. Und laut Archivgesetz muss alles was in x Jahren wichtig erscheinen wird, gehalten werden.