Bereits am Dienstag waren mindestens 29.000 Menschen ausgereist. Die Behörden in Pakistan wollen rund 1,7 Millionen Afghanen, die ihren Angaben zufolge illegal in dem Land leben, abschieben. Innenminister Sarfraz Bugti bekräftigte, nach Ablauf der Frist am Mittwoch werde es keine „Zugeständnisse“ geben.
Pakistan hatte allen Afghanen ohne gültige Aufenthaltspapiere bis zum 1. November Zeit gegeben, freiwillig auszureisen. Ansonsten müssten sie mit einer Zwangsabschiebung und einer Unterbringung in für diesen Zweck neu errichteten Zentren rechnen.
Mit dem Stichtag habe das Abschiebeverfahren begonnen, erklärte das Innenministerium. „Die freiwillige Rückkehr von illegalen Ausländern wird jedoch fortgesetzt und gefördert.“ Demnach haben seit der Ankündigung der Ausreisefrist bereits mehr als 140.000 Menschen das Land verlassen.
Infolge jahrzehntelanger Konflikte in Afghanistan sind Millionen Einwohner ins Nachbarland Pakistan geflüchtet. Dazu zählen rund 600.000 Afghanen, die nach der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban im Jahr 2021 die Grenze überquert hatten. Laut Human Rights Watch sind auch Afghanen von der Abschiebung bedroht, die seitdem auf ihre Umsiedlung in die USA, Großbritannien, Deutschland und Kanada warten, deren Visa für Pakistan aber inzwischen abgelaufen sind.
Nach Angaben der pakistanischen Medien wurden am Mittwoch im ganzen Land 49 Auffangzentren eröffnet, von denen einige mehrere Tausend Menschen aufnehmen können. Als Grund für die Abschiebungen nannte die Regierung eine Verschlechterung der Sicherheitslage in der Grenzregion beider Länder angesichts der Zunahme von Selbstmordanschlägen, für die sie militante Kämpfer aus Afghanistan verantwortlich macht.
Experten sagen, die Flüchtlinge würden zum Opfer der sich verschlechternden Beziehungen zwischen Pakistan und Afghanistan. Sie weisen darauf hin, dass viele Pakistaner die Ausweisungen befürworten.
Seit Jahrzehnten im Land
Einige der Afghanen in einer Warteschlange am größten Grenzübergang Torkham berichteten von Schikanen der Behörden, um sie zur Ausreise zu bewegen. „Ich möchte eigentlich nicht nach Afghanistan zurück, aber mir bleibt keine andere Wahl“, sagte der 32-jährige Irfanullah. „Die Polizei drang einfach in unsere Häuser ein. Wir sind gegangen, um uns weitere Demütigungen zu ersparen.“ Andere berichteten von willkürlichen Festnahmen, Erpressungen und Misshandlungen.
Menschenrechtsorganisationen und das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) forderten mehr Zeit für die Ausreise der Menschen, die teilweise Jahrzehnte in Pakistan gelebt hatten. Die Situation in Afghanistan sei für viele Geflüchtete nach wie vor gefährlich, und eine Abschiebung würde sie erheblichen Sicherheitsrisiken aussetzen, erklärte Human Rights Watch.
Auch die Taliban-Regierung in Afghanistan ist mit der Lage überfordert. Sie rief Islamabad am Dienstagabend dazu auf, auf Zwangsdeportationen zunächst zu verzichten, um den betroffenen Menschen mehr Zeit zur Vorbereitung ihrer Rückkehr zu geben.
Jenseits der Grenze warteten afghanische Rückkehrer schon seit Tagen auf ihre Registrierung. Zu ihnen gehörte auch Benafscha, die mit ihrer Familie in ihre Heimatprovinz Kundus weiterreisen möchte. „In Kundus haben wir kein Land, kein Haus und keine Arbeit“, sagte die Mutter von sechs Kindern, die erneut im vierten Monat schwanger ist. Die 35-Jährige hat in Pakistan fast ihr gesamtes Leben verbracht, erhielt aber niemals dort Papiere. In Afghanistan, sagte sie, „haben wir nichts“. (AFP)
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