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Kritik bei Union und SPD

Kritik bei Union und SPD

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Nach der Einigung von Union und SPD auf einen Koalitionsvertrag wächst auf beiden Seiten die Kritik an den Vereinbarungen. Der Wirtschaftsflügel der CDU verurteilte vor allem die Entscheidung, das Finanzressort der SPD zuzuschlagen. «Der Kabinettszuschnitt, so wie er jetzt da ist, ist ein politischer Fehler», sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Christian von Stetten am Donnerstag. Bei der SPD gibt es Unmut über die geplanten Personalrochaden. Juso-Chef Kevin Kühnert zeigte sich überzeugt, dass die Parteibasis die Koalition beim Mitgliederentscheid verhindern werde.

SPD-Chef Martin Schulz hatte am Mittwoch nach dem Abschluss der Koalitionsverhandlungen seinen Rückzug als Parteivorsitzender angekündigt und Fraktionschefin Andrea Nahles als seine Nachfolgerin vorgeschlagen. Schulz will Außenminister unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) werden, wenn die SPD-Basis bei der anstehenden Mitgliederbefragung der großen Koalition zustimmt.

Die geschäftsführende Familienministerin Katarina Barley sagte im Deutschlandfunk, es ärgere sie, dass gute Inhalte dadurch in den Hintergrund träten. Wenn die Sozialdemokraten nicht den Koalitionsvertrag in den Vordergrund stellten, sei ihnen nicht mehr zu helfen. Barley verwies unter anderem auf Errungenschaften der Partei im Bildungsbereich wie eine gebührenfreie Kita-Betreuung, eine Bafög-Reform und eine Mindestvergütung für Auszubildende.

Verzicht auf Finanzministerium 

Beim Wirtschaftsflügel der CDU wiederum gibt es scharfe Kritik an der Ressortverteilung. «Gerade das Finanzministerium abzugeben, wird bei den CDU-Mitgliedern nicht gerade für Begeisterungsstürme sorgen», sagte der Mittelstandspolitiker Von Stetten in der ARD. Das Ressort soll künftig von der SPD geführt werden, für das Amt ist Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz vorgesehen. Von Stetten äußerte die Befürchtung, dass die SPD dort nun ihre eigene Politik durchsetzen werde.

Ähnlich äußerte sich der CDU-nahe Wirtschaftsrat. «Mit dem Sozial- und dem Familienressort gehen zwei der ausgabenträchtigsten Ministerien an die SPD», sagte der Präsident des Gremiums, Werner M. Bahlsen, der Deutschen Presse-Agentur. «Dadurch, dass die SPD zudem das Schlüsselressort Finanzen erhält, winkt ein Ende solider Haushaltspolitik.» JU-Chef Paul Ziemiak rief die CDU deshalb zu Wachsamkeit auf.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte den Abschluss der Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD als wichtigen Schritt. Steinmeier sagte am Donnerstag bei seinem Besuch in Südkorea: «Ich weiß, dass man im Ausland und vor allem in Europa auf den Abschluss der Regierungsbildung wartet. Und deshalb denke ich, wir sind zumindest einen Schritt weiter.» Im Gespräch mit dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in verwies Steinmeier aber auch darauf, dass der SPD-Mitgliederentscheid über eine neue große Koalition noch aussteht.

Sozialdemokratische Handschrift

Die designierte SPD-Vorsitzende Nahles setzt auf eine Zustimmung der SPD-Basis. Es werde nicht leicht, sie gehe aber fest davon aus, dass die Mehrheit der über 460.000 Parteimitglieder beim anstehenden Entscheid «Ja» zu dem dem Vertrag sagen werde, meinte sie am Mittwochabend im ZDF. Die Vereinbarung trage eine sozialdemokratische Handschrift. «Und zwar richtig dicke.»

Union und SPD hatten sich am Mittwoch auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Neben Inhalten verständigten sich die Parteien auf die Verteilung der Ministerien. Die SPD, die bei der Bundestagswahl nur 20,5 Prozent der Stimmen erhalten hatte, schnitt dabei überraschend gut ab, die CDU relativ schlecht. Die SPD soll sechs der 15 Ressorts bekommen, darunter das prestigeträchtige Außenministerium.

Am Mittwoch hatte CDU-Chefin Merkel in der Unionsfraktion versucht, Bedenken wegen des Verlustes des Finanzministeriums zu zerstreuen. Die Kanzlerin sagte in der Fraktion laut Teilnehmerkreisen, sie wisse, dass dies vielen Sorgen bereite. Sie verwies aber auf die große Bedeutung des Bundestags in Haushaltsfragen.

«Niemand kann sich sicher sein»

SPD-Vize Ralf Stegner kündigte an, für den Koalitionsvertrag zu werben. Zum Beispiel bei den Themen befristete Jobs, Pflege, Gesundheit, Rente, Europa, Bildung und bezahlbares Wohnen habe die SPD gemessen an den Aufträgen ihrer beiden jüngsten Parteitage eine Menge herausgeholt, sagte er der dpa. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks geht davon aus, dass die SPD-Mitglieder der Vereinbarung zustimmen. «Ich bin sehr sicher», sagte sie der dpa. Juso-Chef Kühnert hingegen hält es unverändert für möglich, eine GroKo noch zu verhindern. «Niemand kann sich sicher sein, was den Ausgang des Mitgliedervotums angeht. Der Zuspruch, den wir bekommen, ist ungebrochen», sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerkes Deutschland (Donnerstag).

Die Linke im Bundestag warf Union und SPD eine Stärkung der Rechtspopulisten vor. «Es ist leider keine Satire: In der kleinsten großen Koalition aller Zeiten verkommt das zum Heimatschutzministerium hochgeschriebene Innenressort zum Versorgungsbahnhof für einen abgehalfterten CSU-Ministerpräsidenten», sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Linke-Bundestagsfraktion, Jan Korte, der dpa. Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer soll in einer neuen großen Koalition ein Superministerium für Inneres, Heimat und Bau bekommen.

Linken-Chef Bernd Riexinger nannte den Koalitionsvertrag in der Berliner Zeitung unambitioniert. Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer sagte der dpa, es stünden 105 Prüfaufträge und 15 neue Kommissionen in dem 177 Seiten umfassenden GroKo-Vertragsentwurf. «Das könnte neuer Rekord beim Vertagen von Entscheidungen werden.»

Gerard
8. Februar 2018 - 10.21

Wat dei eppes opfeieren,dat geet jo net op eng Kouhaut,
sou wärd et nom Oktober och hei am Land goen.