Das Betreiben von Imbissbuden und Restaurants ist für die Inhaber eine Meisterleistung. Während drei Wochen möchten zwei Millionen Besucher mit dem traditionellen Fisch, einem Pferdesteak, Bratwurst mit Pommes, Pfannkuchen, Kurtos oder Waffeln mit Erdbeeren und dergleichen beköstigt werden. Hinter dem Verkauf der Ware steckt eine aufwendige Logistik, die für den Fouerbesucher nicht sichtbar ist.
Die Betreiber selbst müssen dabei an alles denken, denn die Speisen alleine reichen nicht aus. Ketchup und Mayo, Senf, Gurken, Servietten, Zahnstocher, Pappschalen, Becher, Pfeffer, Salz, Flaschenöffner, Hygieneprodukte werden auf der Schobermesse benötigt. Anders als in einem ortsansässigen Restaurant funktioniert der Jahrmarkt nach dem sogenannten Pop-up-Prinzip.
Von A wie Apfel bis Z wie Zahnstocher
Die „Provençale“ in Leudelingen ist Luxemburgs größter Handel im Horecagewerbe. Der Großhändler verkauft und liefert vom Apfel bis zum Zahnstocher fast alles, was in der Gastronomie konsumiert wird. Die Schobermesse selbst erfordert eine meisterhafte Leistung, wie uns der Geschäftsführer Georges Eischen sowie der kaufmännische Leiter und „Fouerspezialist“ Vito Laterza verrieten.
Die Schobermesse sei jedes Jahr eine außergewöhnliche Veranstaltung während drei Wochen, aber mit einem extrem hohen Bedarf an Lebensmitteln und Non-Food-Waren. Im alltäglichen Routinebetrieb des Großhändlers bedeutet das, von 0 auf 100 während 20 Tagen täglich 50 Kunden mit einem unterschiedlichen Warensortiment zu beliefern. Eine Herausforderung sei dann auch die eher geringe Lagerkapazität der Gastronomen am Glacis sowie die schwere Zugänglichkeit zu den Kühl- und Lagerräumen der Restaurants und Imbissbuden, sagt Georges Eischen.
Die Vorbereitungen für den Jahrmarkt trifft der „Fouerspezialist“ Vito Laterza bereits Anfang Juni. Auf den Grundlagen der Vorjahre wird dann bereits die nicht verderbliche Non-Food-Ware wie etwa Servietten, Pappschalen, Einweg-Besteck, Zahnstocher oder Papierrollen bestellt und eingelagert.
Variable Tagespreise und leicht verderbliche Ware
Sehr früh werden mit den Produzenten die Preise und Lieferungen für Lebensmittel ausgehandelt. Auch dies sei keine leichte Aufgabe, betont der Geschäftsführer. Denn jeder Forain habe seine eigenen Wünsche bezüglich der Größe von „Fouerfësch“, Steak, Burger oder Pommes Frites. Alleine an Pommes liefere man nicht eine Sorte aus, sondern gleich zehn verschiedene.
Im Vorfeld müsse man ein sehr gutes Gespür für die Preisverhandlungen und Liefermengen haben, sagt Vito Laterza. Lebensmittel sind schnell verderblich, also darf man nicht zu viel vorbestellen, aber auch nicht zu wenig. Um den Bedarf genauestens einzuschätzen, genügt es nicht, die Zahlen der Vorjahre zu kennen. Die „Provençale“ beachtet auch die Wettervorhersagen. Denn bekanntlich hat das Wetter einen erheblichen Einfluss auf das Verhalten der Besucher und somit ihren Konsum, heißt es aus Leudelingen. Das Obst sei am anfälligsten für Preisschwankungen. Wenn während mehrerer aufeinanderfolgender Tage die Wetterbedingungen sehr gut sind, reifen beispielsweise die Erdbeeren sehr schnell. Dann ist der Markt von Erdbeeren überschwemmt und die Preise stürzen ab. Ein paar Tage später, etwa bei einer Schlechtwetter-Lage, können Erdbeeren dann zur Mangelware werden. Die Tagespreise schnellen in die Höhe. Lagern lasse sich das bei den Waffeln beliebte Obst sehr schwer, da es schnell verderblich sei, so Eischen.
40 bis 60 Paletten täglich
Täglich fahren vier oder fünf LKWs zum Glacis. Morgens vor 7 Uhr verlassen sie die Lagerhallen in Leudelingen. Die Mitarbeiter haben in der Nacht alle Waren verpackt. Am Glacis angekommen muss alles schnell gehen, denn spätestens um 11 Uhr müssen alle Fahrer und Helfer vom Platz verschwunden sein, erklärt Georges Eischen. Vor Ort verteilen sie etwa 40 bis 60 Paletten mit rund 400 Kilo Waren je Palette. Ein LKW dient dabei nur der Lieferung von Fisch, während die anderen Laster alle sonstigen Waren in unterschiedlichen Kühlkompartimenten transportieren. Die Schobermesse ist dann der einzige Zeitpunkt im Jahr, wo die „Provençale“ auch sonntags ausliefert.
Logistisch setzt der Großhändler dabei auf sogenannte Europaletten. Diese sind mit 80×120 cm genormt. Die Ware wird in 60×40 cm Kunststoffboxen angeliefert, zwischen jeder Palette sind 1,5 cm Freiraum. Eine sogenannte „voiture balai“ sammelt die leeren Behältnisse wieder ein. Die Bestellungen werden in der Nacht über ein Computersystem abgewickelt, das meiste werde aber immer noch von Hand vorbereitet und verpackt, so Eischen. Von den rund 500 Logistikmitarbeitern sind rund zwölf Personen für das Handling des Jahrmarktes zuständig. Insgesamt liefert die „Provençale“ rund 400 Tonnen an Lebensmitteln und Non-Food-Artikeln aus.
Im Laufe der Jahre musste sich der Großhandel den gesellschaftlichen Entwicklungen anpassen. Heute etwa liegen Burger im Restaurant sehr im Trend. Der traditionelle Fisch (im Ganzen) sei rückläufig bei den jüngeren Besuchern. Stattdessen bevorzuge eine bestimmte Klientel sogenannte Fish & Chips. Die Leute wollen alles essfertig auf dem Teller haben, Fisch zerlegen sei out bei der jüngeren Generation, so Eischen. Viel gefragt seien in den letzten Jahren die Miesmuscheln. Denn mit dem Beginn der Schobermesse werde die Saison der Muscheln eingeläutet. Ein weiterer Wandel betrifft die Restaurants selbst. Heute sei ein gewisses Unterhaltungsprogramm mit musikalischen Einlagen gefragt. Auch beobachte man immer öfter, dass etwa große Firmen 50 bis 100 Plätze für ihre Belegschaftsfeier reservieren.
Das Konsumverhalten hat sich verändert. Die logistische Herausforderung bleibt. Nach der Schobermesse ist vor der Schobermesse. Die nächste Auflage beginnt am 24. August 2024 und endet am 11. September 2024.
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