Corona in den USA / Während sich die USA 100.000 Toten nähern, spielt Präsident Trump wieder Golf

Die USA nähern sich 100.000 Covid-19-Toten und ihr Präsident Donald Trump spielt wieder Golf. Mit der traurigen Marke, die bald übertroffen wird, lohnt sich auch der Blick zurück auf die vergangenen Wochen der Corona-Krise in den USA.
Er hat das Coronavirus einen Witz genannt, eine Finte der Demokraten, um ihm zu schaden. Ende Februar galt warmes Wetter als Wunderheiler, Anfang April hatten seine USA das Virus „völlig unter Kontrolle“. Zwischendurch hat er im März die „Fake News“-Medien angegriffen. Er twitterte, sie würden alles unternehmen, um das Coronavirus „so schlimm wie möglich“ aussehen zu lassen. Demnach seien auch die Journalisten für den Absturz der Aktienkurse verantwortlich.
Die Attacken gegen Medien werden sich die kommenden Wochen über hinziehen. Aber er war es, der Mitte März „das Gefühl hatte, dass dies eine Pandemie sein würde, lange bevor es eine Pandemie genannt wurde“. Er hat über Wochen ein Medikament als Wundermittel angepriesen, das eine Studie nun als ausdrücklich gefährlich zur Anwendung gegen Covid-19 einordnet. Er hat seinen wichtigsten wissenschaftlichen Ratgebern widersprochen, die Gouverneure der Bundesstaaten gegeneinander ausgespielt und die täglichen Pressebriefings zur Pandemie in seine eigenen Wahlkampfveranstaltungen verwandelt.
Er hat mitten in der schlimmsten globalen Krise seit dem Zweiten Weltkrieg ein Kräftemessen mit China vom Zaun gebrochen und erst den Ruf der Weltgesundheitsorganisation WHO schwer beschädigt, um ihr dann mit der Einstellung der Finanzierung zu drohen. Schecks zur unmittelbaren Überbrückung weggebrochener Einnahmen der Amerikaner wurden verspätet zugestellt, da er seine Unterschrift draufhaben wollte. Alle sollten sehen, von wem das Geld kommt: Donald Trump.
US-Flaggen und Desinfektionsmittel
Am 23. April hat der US-Präsident während einer Pressekonferenz im Weißen Haus darüber sinniert, wie gut sich das Virus wohl mit injiziertem Desinfektionsmittel bekämpfen ließe. Kurz zuvor nannte Trump jene Demonstranten, darunter als Miliz auftretende Bewaffnete, die gegen die von ihm verhängten Regeln auf die Straße gehen, „großartige Menschen“. Er habe „noch nie so viele amerikanische Flaggen bei Protesten gesehen“, lobte der US-Präsident die von extrem Rechten dominierten Demonstrationszüge.
Während alledem ging erst New York unter, dann andere Bundesstaaten. Es fehlte an allem, was zum medizinischen Schutz gebraucht wurde. Also wurde in einem bereits wild gewordenen Markt für Schutzmasken noch wilder agiert. Eigentlich befreundeten Nationen wurden Lieferungen vor der Nase weggeschnappt. Fast 40 Millionen Amerikaner fielen in den vergangenen Wochen in die Arbeitslosigkeit. Nach Einschätzung von Notenbankchef Jerome Powell hat die Corona-Pandemie die US-Wirtschaft in die schlimmste Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg gestürzt.
Im Streit um die verschiedenen Lockerungen forderte Trump am vergangenen Freitag von den Gouverneuren in den Bundesstaaten, Gotteshäuser trotz der Corona-Pandemie sofort wieder zu öffnen. Sollten die Gouverneure das nicht tun, werde er sich darüber hinwegsetzen. „In Amerika brauchen wir mehr Gebete, nicht weniger.“
1.000 Tote auf der Titelseite
Am Tag darauf fährt Trump zu seinem Golfklub in Sterling im US-Bundesstaat Virginia. US-Medien zeigten den Präsidenten mit weißem Shirt und schwarzen Hosen beim Spiel. Die USA nähern sich währenddessen 100.000 Covid-19-Toten. Mehr als 1,6 Millionen Menschen in den Vereinigten Staaten sind nachweislich infiziert.
Die New York Times antwortete gestern mit einer Titelseite, auf der sie an 1.000 der Verstorbenen erinnert. Zu jedem Namen sind das Alter und eine Kurzbeschreibung des verstorbenen Menschen aufgeführt. „Die 1.000 Menschen hier spiegeln nur ein Prozent der Todesfälle wider, keiner von ihnen war nur eine Zahl“, schrieb das Blatt in einer kurzen Einführung auf der Titelseite. „Ich wollte etwas, auf das die Menschen noch in hundert Jahren zurückblicken, um das Ausmaß zu verstehen, das wir gerade durchleben“, erklärte NYT-Journalist Marc Lacey. Am Abend zuvor hatte Trump seinen Slogan für das Wiederhochfahren des Landes getwittert: „Übergang zur Großartigkeit“.