Wirtschaft Corona: Wo die Schutzanzüge herkommen  

Wirtschaft  / Corona: Wo die Schutzanzüge herkommen  
Der Stoff für diese Anzüge kommt aus Luxemburg. Der Chemieriese DuPont produziert am Standort Contern.  Foto: Dupont

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An Kliniken, mobilen Einsatzzentren, an „Centres médicaux“ und in den Medien: Wenn es um Corona geht, haben die Menschen Schutzanzüge an. Der Stoff für diese Anzüge kommt aus Luxemburg, von DuPont in Contern. Im Land selbst hat nach Konzernangaben das Gesundheitsministerium geordert, wie der verantwortliche Produktmanager mitteilt. Ein eher ungewöhnlicher Auftrag. 

Normalerweise liefert der weltweit agierende Konzern die für den Schutz gegen Viren geeigneten Anzüge eher in Regionen, für die sich die Welt weniger interessiert. Ebola-Gebiete in Afrika sind ein Beispiel. Der Stoff dafür kommt aus Luxemburg. In Contern ist der Geschäftsbereich „Personal Protection“ des US-amerikanischen Chemieriesen DuPont angesiedelt, der eine weitere Produktionsstätte in Richmond, USA hat.

In Zeiten des Coronavirus kommt dem Standort Luxemburg besondere Bedeutung zu. Das bestätigt Albrecht Gerland, Produktmanager für den europäischen Markt, auf Anfrage des Tageblatt. In Luxemburg hat das Unternehmen Anzüge vor allem an das Gesundheitsministerium und das „Haut-Commissariat à la protection nationale“ geliefert. Fragen danach, wie viele es waren, wer damit ausgestattet wurde und was das Ministerium es sich hat kosten lassen, ließ das „ministère de la Santé“ per Mail gestern unbeantwortet. Auf telefonische Anfragen hieß es, „überlastet“.  

Normalerweise kommen eher Bestellungen aus der Industrie

Bestellungen wie diese sind ungewöhnlich, denn normalerweise werden in Luxemburg Anzüge wie diese sonst nur im Produktionsbereich der Industrie gebraucht. Gerland nennt ArcelorMittal oder Goodyear als Beispiele. Bestellungen aus dem Medizinbereich gebe es sonst wenig bis gar nicht. Weltweit liefert das Unternehmen 200 Millionen Stück Schutzanzüge jährlich aus. Das gilt für die gesamte Palette von Schutzanzügen – nicht nur gegen Viren wie Corona.

Der Konzern ist in Luxemburg gut aufgestellt. Steigern lässt sich eine Produktion, die sowieso an sieben Tagen 24 Stunden lang läuft, nicht wesentlich. Sie lässt sich aber „optimieren“, wie Gerland sagt. Rund 1.200 Menschen arbeiten am Standort Contern und Nachschubprobleme für den Rohstoff, einen Kunststoff, der aus Europa kommt, kennt das Unternehmen ebenfalls bis jetzt nicht. Angaben dazu, von wo genau der Kunststoff geliefert wird, will der Produktmanager nicht machen. Er verweist auf Firmeninterna.

Enorme Nachfrage

Stückzahlen zu den Lieferungen in Ebola-Gebiete, wo dieses Virus in den letzten eineinhalb Jahren aktiv war, will Gerland ebenfalls nicht geben. Nur so viel: „Das war im Vergleich zur Nachfrage jetzt klein.“ Wie klein, zeigt eine interne Berechnung von DuPont aus den ersten Tagen nach dem Ausbruch von Corona. Sie basiert auf Zahlen aus China und aus dem Monat Februar.

„Wir hatten, als es losging, innerhalb von ein paar Tagen das 30-Fache an Bestellungen des normalen Umfangs von dort“, sagt Gerland. „Innerhalb von weniger als vier Wochen nach dem Ausbruch hatte sich das verhundertfacht.“ Zahlen dazu, wie viel und ob in den Iran, der ebenfalls von Corona stark betroffen ist, geliefert wird, gibt es bisher genauso wenig. Gerland ist bei DuPont auch für den Mittleren Osten und Afrika zuständig.

Aus Luxemburg kommt der Stoff

Ein Konzern dieser Größe denkt und handelt global. Vertrieb und Herstellungsketten laufen quer über den Globus. Für die Schutzanzüge heißt das: In Luxemburg wird der Stoff produziert. In Asien, genauer gesagt in Vietnam und Kambodscha, sowie in Rumänien werden daraus die Anzüge zusammengenäht. Per Schiff kommt das fertige Produkt über die europäischen Containerhäfen zurück nach Europa und wird von einem Zentrallager in Belgien aus verteilt. Das betrifft nur den europäischen Markt, auf dem zurzeit der Fokus liegt.

DuPont hat seinen sozialen Sitz in Wilmington, Delaware, USA. Der Konzern zählt weltweit zu den Branchenriesen der chemischen Industrie. Er ist in 70 Ländern der Welt aktiv, beschäftigt 34.000 Mitarbeiter und unterhält zehn Forschungs- und Entwicklungszentren weltweit sowie 215 Produktionsstätten. 2019 hat der Konzern nach eigenen Angaben einen Umsatz von 21,5 Milliarden US-Dollar erzielt.

Für Luxemburg allein gibt es keine Umsatzzahlen aus dem abgelaufenen Geschäftsjahr 2019. Weltweit hat der Konzern im Jahr 2019 im Bereich „Safety and Construction“, zu dem die Produktion von Schutzanzügen gehört, 5,2 Milliarden US-Dollar Umsatz erzielt. Das entspricht knapp einem Viertel des Gesamtumsatzes. In der Bilanz von 2020 dürfte sich die Corona-Krise auf der Einnahmenseite deutlich niederschlagen. 

„Tyvek“ heißt die Kunststoffverbindung, aus der Stoff hergestellt wird 
„Tyvek“ heißt die Kunststoffverbindung, aus der Stoff hergestellt wird  Foto: Dupont