Die BGL Ligue in Quarantäne„Wir müssen den Egoismus beiseitelegen“

Die BGL Ligue in Quarantäne / „Wir müssen den Egoismus beiseitelegen“
Manuel Correia (l., Trainer der UNA Strassen) ist im Krankenhaus als Elektriker angestellt und erlebt die Ausnahmesituation aus nächster Nähe Foto: Editpress/Wildson Alves

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Der nationale Fußballverband hat gestern Abend beschlossen, den Ball wegen der Corona-Krise bis auf Weiteres ruhen zu lassen. Eine komplette Absage der Meisterschaft steht derzeit noch nicht im Raum. Bei den Vereinen wurde das Kollektiv- durch Individualtraining ersetzt. Im Vordergrund steht jedoch bei allen Mannschaften die Gesundheit.

Strassens Trainer Manuel Correia befindet sich in einer besonders unangenehmen Lage. Der 43-Jährige ist Elektriker im „Centre hospitalier Emile Mayrisch“ in Esch und ist täglich mit der Ausnahmesituation konfrontiert. „Die Versammlungen hören nicht auf und wir sind permanent in Alarmbereitschaft. Aber wir sind gut vorbereitet, um die nötige Hilfe zu leisten, wenn es zu einer größeren Anzahl an Fällen kommen sollte.“ Correia hat seine Mannschaft für die kommenden vier Tage freigestellt, geht aber davon aus, dass die Pause länger dauern wird. Die Spieler sollen sich vor allem mit Koordinations- und Kraftübungen sowie mit Laufeinheiten fit halten. Viel wichtiger ist Correia aber, dass seine Spieler eine Vorbildfunktion einnehmen und zu Hause bleiben. „Wenn ich sehe, dass Eltern noch immer unbehelligt mit ihren Kindern draußen sind und die Menschenmassen nicht meiden, dann kann ich nur den Kopf schütteln. Wir sollten den Egoismus beiseitelegen und die neuen Verhaltensregeln respektieren. Wir sind in der Lage, eine starke und intelligente Nation zu sein, falls nicht jeder nur an sich denkt“, so Correias Appell.

Der UNA-Trainer hat sich bereits seine Gedanken über die Fortsetzung der Meisterschaft gemacht: „Fußball ist derzeit sehr nebensächlich. Wir sollten nicht in Panik geraten und voreilige Entscheidungen treffen. Wenn es aber nicht anders geht, dann könnten wir im kommenden Sommer und Herbst die Rückrunde der diesjährigen Meisterschaft nachholen und erst im Januar 2021 die neue Saison beginnen.“ Hoffnungen hat Correia auch, was das Verhalten der FLF angeht: „Es ist der reichste Verband des Landes. Falls es bei Vereinen aufgrund der Corona-Krise zu großen finanziellen Einbußen kommen sollte, sollte sich die FLF solidarisch zeigen.“

Wir sind in der Lage, eine starke und intelligente Nation zu sein, falls nicht jeder nur an sich denkt

Manuel Correia, Trainer UNA Strassen

„Große Eigenverantwortung“

Die Stadt Differdingen hat alle Sportplätze und -hallen für die kommenden zwei Wochen abgeriegelt. Davon betroffen ist auch der Progrès Niederkorn. Trainer Roland Vrabec und sein Betreuerstab haben den Spielern für diese Pause individuelle Trainingspläne ausgehändigt. „Eine große Eigenverantwortung und viel Disziplin sind verlangt, damit die Spieler fit sind, wenn es in zwei Wochen wieder losgehen würde“, sagt Vrabec. Vorgesehen sind Grundlagen- und Intervall-Läufe sowie individuelle Koordinations- und Stabilisationsübungen. „Im Sommer haben wir die Fitnessdaten der Spieler gesammelt und die körperlichen Defizite aufgedeckt. Deshalb waren wir jetzt in der Lage, jedem Spieler einen ganz individuellen Plan mit auf den Weg zu geben, der an seine Bedürfnisse angepasst ist.“ Der 46-jährige Trainer der Niederkorner hält sich derzeit bei seiner Familie in Frankfurt auf, hat aber einen Pendlerschein bekommen und könnte jederzeit wieder nach Luxemburg reisen. Die nächsten Tage will Vrabec jedoch noch in Deutschland bleiben und die Entwicklungen abwarten.

Keine Schule, aber auch kein Training

Am vergangenen Donnerstag hat sich Etzella-Trainer Neil Pattison mit seiner Mannschaft zum Training getroffen. „Ich habe das Training damit begonnen, dass ich die Spieler darum bat, die Spannung aufrechtzuerhalten – obwohl das sehr schwierig ist“, erklärt Pattison. „Es ist etwas anderes als eine Winterpause. Da weißt du, wann es wieder losgeht und du kannst auf den Punkt mental fit sein.“ Nach den Trainingseinheiten am Donnerstag und am Freitag habe sich der Trainer mit der Vereinsführung unterhalten und sei zu dem Entschluss gekommen, nicht mehr zu trainieren. Die Spieler des Tabellenzehnten haben ein individuell abgestimmtes Programm erhalten, mit dem sie sich fit halten sollen. Die Programme beinhalten Kraft- und Lauftraining, die über Apps kontrolliert werden. „Wir haben leider nicht die Möglichkeit, unsere Spieler über GPS zu überprüfen, da sind andere Vereine im Vorteil“, sagt der 41-Jährige. „Aber ich schätze meine Spieler so seriös ein, dass sie die Pläne einhalten.“ Der Lehrer hat, auch nach der Schließung der Schulen, nun mehr Zeit, sich auf neue Trainingsinhalte zu konzentrieren. Doch an einem anderen taktischen Konzept zu arbeiten, hält Pattison für kontraproduktiv.  

Thomé wie Klopp

Ähnlich geht es auch Rosport-Trainer Marc Thomé, der die freie Zeit nutzt, um im Internet nach neuen Übungen zu suchen. Abgucken tue er sich zurzeit vor allem etwas von Jürgen Klopps Gegenpressing, doch die intensivere Arbeit erfolgt mit anderen luxemburgischen Trainerkollegen, mit denen er sich zwei- bis dreimal in der Woche austausche. Vergangenen Samstag hat die Mannschaft noch ein Abschlussspiel untereinander bestritten, seitdem ruht die Trainingsanlage an der Sauer. Den Spielern wurde ein Trainingsplan ausgehändigt, doch vor allem das Spielgerät würde seinen Spielern fehlen. „Es ist nur individuell, ohne Ball“, erklärt Thomé. „Über zwei Wochen können sie ihr Fitnessniveau so halten, doch dann müssen wir eine neue Vorbereitung starten, das ist alles andere als einfach.“ Entspannter geht er aber mit der Situation um, zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr auf einem Abstiegsplatz zu stehen. „Ich weiß nicht, wie es weitergeht. Was passiert, wenn die Saison komplett abgebrochen wird? Wir sind besser dran als die zwei Tabellenletzten.“ Schön wäre es nicht, wenn die Saison abgebrochen würde, erklärt Thomé. „Wir sind Fußballer und wollen einen fairen Wettbewerb.“

Es wäre zu einfach, zu sagen, dass wir und Rodange absteigen

Elvir Pepik, Interimstrainer Mühlenbach

Ein Abstiegs-Szenario, über das sich Elvir Pepik, Trainer des Tabellenletzten aus Mühlenbach, nicht viele Gedanken macht. „Das darf der Verband so nicht entscheiden, da in der Meisterschaft nicht alle Spiele bestritten wurden“, erklärt er. „Es wäre zu einfach, zu sagen, dass wir und Rodange absteigen.“ Der Bosnier hält andere Lösungsvorschläge für sinnvoller. „Es wäre eine Option, dass die Mannschaften, die sich auf einem Aufstiegsplatz befinden, aufsteigen dürfen, aber keiner absteigt.“ Über einen direkten Abstieg mache er sich keine Gedanken, aber die große Ungewissheit plagt auch den Übungsleiter der Blue Boys. „Vielleicht wäre ein Play-off für die ersten sieben der Tabelle und ein Play-down für die letzten sieben auch eine Option.“

Wie es im luxemburgischen Fußball weitergehen wird, wird zunächst auch von der Entscheidung der UEFA abhängen, die sich heute zur Videokonferenz trifft (mehr dazu: Seite 28). Eine große Ungewissheit, die aktuell in ganz Europa die Verantwortlichen der Vereine plagt. Doch in einer Sache waren sich alle Trainer einig: Die Gesundheit der Menschen hat oberste Priorität. 

Der Niederkorner Trainer Roland Vrabec hält sich derzeit bei seiner Familie in Frankfurt auf und hat einen Pendlerschein, der ihm eine Einreise nach Luxemburg ermöglicht
Der Niederkorner Trainer Roland Vrabec hält sich derzeit bei seiner Familie in Frankfurt auf und hat einen Pendlerschein, der ihm eine Einreise nach Luxemburg ermöglicht Foto: Editpress/Gerry Schmit