Bezirksgericht LuxemburgMordprozess Lopes bis auf Weiteres ausgesetzt 

Bezirksgericht Luxemburg / Mordprozess Lopes bis auf Weiteres ausgesetzt 
Leere Hallen am Heilig-Geist-Plateau: Bereits am Freitag hatte die Staatsanwaltschaft angekündigt, die meisten Strafverfahren bis auf Weiteres auszusetzen. Dem ist nun auch der spektakuläre Fall um den Mord an Ana Lopes im Januar 2017 zum Opfer gefallen.  Foto: Editpress/Alain Rischard

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Der Prozess im Mordfall Ana Lopes wurde nach vier Sitzungstagen ausgesetzt. Die Verhandlung am Bezirksgericht Luxemburg wird zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt. Es müssten zu viele Zeugen und Gutachter aus dem Ausland gehört werden, um den Prozess in aller Sicherheit fortführen zu können. 

Prozesse mit inhaftierten Beschuldigten sollten eigentlich fortgesetzt werden. Das hatte die Staatsanwaltschaft am Freitag im Rahmen der Vorsichtsmaßnahmen zur Verhinderung einer möglichen Ausbreitung des Coronavirus angekündigt. Alle anderen Strafverfahren seien zunächst ausgesetzt, so eine Sprecherin der Justiz. Wegen seiner Komplexität und der hohen Zahl an noch zu hörenden Zeugen und Gutachtern wird nun aber auch der Mordprozess im Fall Lopes auf ein unbestimmtes Datum verschoben.

Dies sei nach Rücksprache mit der Verteidigung und dem Anwalt der Zivilpartei erfolgt, hieß es am Montag in einer Mitteilung der Staatsanwaltschaft. Seit dem 10. März muss sich Marco B. vor der 13. Straf- und Kriminalkammer des Bezirksgerichts Luxemburg wegen des mutmaßlichen Mordes an seiner Ex-Freundin Ana Lopes verantworten. Der 32-Jährige befindet sich derzeit in Untersuchungshaft.

Die Aussetzung des Prozesses dürfte vor allem wohl die Familie des Opfers extrem belasten. An den bereits abgeschlossenen vier Verhandlungstagen sollte sich nämlich zeigen, wie eine einzelne Straftat das Leben so vieler Menschen auf ewig verändern kann. Dem mutmaßlichen Mörder der 25 Jahre alten Frau wird nämlich vorgeworfen, seine Ex-Freundin im Januar 2017 auf dem Heimweg abgefangen, getötet und verstümmelt zu haben.

Der heute 32-jährige Marco B. streitet das jedoch ab. In den Anklagepunkten Mord, Freiheitsberaubung und Schändung einer Leiche hat er sich denn auch für „nicht schuldig“ bekannt. Die Verteidiger sehen sich allerdings mit einer überwältigenden Indizienlage gegen ihren Mandanten konfrontiert. Somit dürfte ihre Strategie kaum noch darauf abzielen, die Unschuld ihres Mandanten Marco B. zu beweisen. Vielmehr könnte es das Ziel der Anwälte sein, Zweifel zu säen, um einen Freispruch zu erzwingen. Schließlich ist eine Person laut Gesetz so lange unschuldig, bis ihre Schuld zweifelsfrei bewiesen wurde.

Ihren Lauf nahm die Tragödie in der Nacht zum 16. Januar 2017 in Bonneweg: Die 25-jährige Ana Lopes wurde in der Nähe ihrer Wohnung von ihrem Mörder überwältigt und in ein Auto gezerrt. Knapp neun Stunden später stießen französische Gendarmen auf einem Feldweg in Roussy-le-Village (F) auf ein ausgebranntes Auto. Im Innern fanden sie einen bis zur Unkenntlichkeit verbrannten menschlichen Körper. Es sollte sich dabei um die körperlichen Überreste der jungen Frau handeln, deren Leichnam mit Benzin übergossen und angezündet worden war.

In der Folge sollten mehrere Fragen auf die Ermittler zukommen. Darunter auch jene, ob mehrere Täter an dem Vorfall beteiligt waren – wie Beobachter seit längerem vermuten. Unklar bleibt nämlich, wie eine einzelne Person das Verbrechen ohne weitere Hilfe begehen konnte. Augenzeugen oder Beweise für die Tat fanden sich keine. Nur Indizien.

Mit Hilfe der Autopsie und dem Zeitpunkt des Leichenfundes kurz nach 11 Uhr konnte der Todeszeitpunkt auf den Zeitraum zwischen 0.59 und 2.13 Uhr eingegrenzt werden. Fest steht auch, dass Ana Lopes bereits tot war, als ihre Leiche angezündet wurde. Pathologen respektive Rechtsmediziner hatten bei der Leiche etwa kein Kohlenmonoxid im Blut gefunden. Die Frau kann demnach keinen Rauch mehr eingeatmet haben. Darüber hinaus wurde eine Schädelfraktur festgestellt. Eine Verletzung, die meist infolge eines plötzlichen, starken Schlags auf den Kopf entsteht. Die Ermittler gehen davon aus, dass Ana Lopes noch in Luxemburg getötet wurde.

Beweise, Indizien und Alibis

Ohne die Hilfe von DNS-Analysen, Obduktion, Überwachungsbildern, Telefonüberprüfungen, Kameras sowie präzisen Orts- und Bewegungsdaten wäre es wohl nicht zu einer Anklage gekommen. Ein richtiges Alibi hat der Beschuldigte nicht. Er sei jedoch unschuldig und habe sich zum Zeitpunkt der Tat in seinem Haus mit seiner Familie aufgehalten. Außerdem sei er um 2.30 Uhr noch mit dem Hund unterwegs gewesen.

Den Ermittlungen zufolge versuchte seine Mutter allerdings, ihn in der Nacht telefonisch zu erreichen. Ohne Erfolg. Um 3.07 Uhr schickte sie ihm eine Kurznachricht. Eine Antwort erfolgte erst um 6.19 Uhr. Das Alibi wird aber auch durch andere Indizien in Zweifel gezogen: So hat der Beschuldigte ausgesagt, um 22.30 Uhr zu Hause gewesen zu sein. Allerdings wurde sein Wagen nur wenig später – um 22.48 Uhr – vor jener Gaststätte gesehen, in der sich auch Ana Lopes an diesem Abend aufhielt.

Ana Lopes und Marco B. haben ein gemeinsames Kind. In der Beziehung kam es Berichten zufolge immer wieder zu Übergriffen. B. hätte die Mutter seines Kindes immer wieder aufgesucht und teils sogar belästigt und verfolgt. In einem Fall musste sogar die Polizei einschreiten. Diese hat einen Vorfall häuslicher Gewalt festgehalten. Zeugen zufolge habe der Angeklagte schon seit längerer Zeit mit dem Gedanken gespielt, seine Freundin umzubringen. Gedanken, die laut Staatsanwaltschaft schließlich zum Mord geführt haben.

Gegen ihn sprechen auch die Lokalisierungsdaten von Ana Lopes’ Telefon. Ermittler hatten die Telefonbewegungen via Antennen verwertet und dabei Rückschlüsse auf die Bewegungen des Opfers am Abend ihres Verschwindens gezogen. So konnte festgestellt werden, dass ihr Telefon nach 1.19 Uhr noch von Antennen in Frisingen, Bettemburg und Dalheim erfasst wurde. Von diesen Standorten wird auch der Fundort des ausgebrannten Fahrzeugs in Roussy-le-Village abgedeckt. Ein letztes Mal wird das Telefon um 2.13 Uhr erfasst.

Damit zeichnen diese Erkenntnisse, kombiniert mit Telefon-Daten und Zeitstempeln, ein anderes Bild als jenes, das der Angeklagte in seinen Aussagen beschrieben hat. Für die Ermittler sollen diese digitalen Puzzlestücke belegen: Die Tat war geplant. So fanden die Kriminalbeamten in der Nähe von Lopes’ Wohnung weitere Beweismittel wie Blutspuren, Kabelbinder und die Tüte eines Fastfood-Restaurants mit Essensresten, die sich das Opfer noch in der Tatnacht um 0.49 Uhr besorgt hatte.

Der Prozess ist auf unbestimmte Zeit ausgesetzt.