CoronavirusErinnerungen an die Finanzkrise von 2008 werden wach

Coronavirus / Erinnerungen an die Finanzkrise von 2008 werden wach
Die Furcht vor den wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Epidemie und einer Pleitewelle in der US-Ölindustrie schickt unter anderem die Wall Street auf Talfahrt Foto: AFP/Peter Parks 

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An den Märkten macht sich Panik breit. Die Aktienkurse brechen ein. Um mehr als sieben Prozent ging es am Montagmorgen allein beim EuroStoxx50 nach unten. Die Anleger haben Angst vor den Folgen des Virus und seiner Bekämpfung. Der Goldpreis steigt.

Geschlossene Geschäfte und abgesagte Großveranstaltungen sind sicherlich gute Maßnahmen, um die Verbreitung des Coronavirus einzuschränken. Für die betroffenen Unternehmen, die Einnahmen verlieren und doch Gehälter zahlen müssen, sind sie eine Katastrophe. Für die Volkswirtschaft, die getroffen wird, sind die Maßnahmen bestenfalls eine wirtschaftliche Wachstumsbremse. Schlimmstenfalls könnten vor allem Länder mit schwächeren Wachstumsraten in eine Rezession abrutschen.

Im hoch verschuldeten und langsam wachsenden Italien hat die Regierung in Rom den bei Urlaubern beliebten und wirtschaftlich starken Norden des Landes wegen des grassierenden Coronavirus praktisch komplett abgeriegelt. Diese Maßnahme versetzte den Touristik-Werten einen Schlag. Der europäische Branchenindex fiel um 7,7 Prozent auf ein Fünfeinhalb-Jahres-Tief. Damit summiert sich sein Minus der vergangenen Wochen auf fast 30 Prozent. Das ist der größte Kursrutsch seiner Geschichte.

Bereits werden Erinnerungen an eine Schuldenkrise wach. Die Rendite der zehnjährigen italienischen Staatsanleihen stieg am Montag auf plus 1,362 von 1,079 Prozent, so stark wie zuletzt vor knapp zwei Jahren. Das bedeutet, Schuldenmachen wird für den Staat teurer.

Immer mehr Wirtschaftssektoren betroffen

Bereits vergangene Woche hatte die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) wegen der Folgen der Coronavirus-Epidemie ihre Wachstumsprognose für den Euroraum in diesem Jahr halbiert. S&P rechnet für 2020 jetzt nur noch mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts von 0,5 Prozent statt wie bisher von 1,0 Prozent. Bislang bremsten vor allem die stockende Auslandsnachfrage und Engpässe bei den Lieferketten das Wachstum. Aber inzwischen beginne auch die Binnennachfrage sich abzuschwächen, und zwar nicht nur in Italien.

Immer mehr Wirtschaftssektoren werden von der schlechten Stimmung angesteckt. Die gebremste Ölnachfrage und der allein am Montag um 30 Prozent eingebrochene Preis (der größte Tagesverlust seit dem Golfkrieg 1991) bringt die hoch verschuldeten Fracking-Ölförderer in den USA in Schwierigkeiten. Die Firmen steigern ihre Förderung weiter, während die weltweite Nachfrage kaum noch steigt, schreibt Reuters. Damit wird es schwerer für die Unternehmen, ihre auslaufenden Anleihen zu finanzieren. Die Förderkosten sind deutlich höher in den USA als am Persischen Golf.

Die Märkte könnten die Fülle der Hiobsbotschaften nicht mehr angemessen verarbeiten, sagte der von der Nachrichtenagentur Reuters zitierte Portfoliomanager Thomas Böckelmann von Euroswitch. „Vielmehr wird der Ur-Fluchtinstinkt geweckt, der mittlerweile skurrile Züge annimmt, ob vor dem Supermarktregal oder an den Börsen.“ Etsy Dwek, Chef-Anlagestrategin von Natixis, meinte gegenüber Reuters: „Gegenwärtig bestimmt die blanke Angst die Entwicklung an den Märkten.“

Noch mehr negative Zinsen?

Europas Zentralbank hat derweil nicht wirklich alle geldpolitischen Waffen zu ihrer Verfügung. Die Zinsen erneut senken, um so die Wirtschaft wieder anzukurbeln, kann sie nicht wirklich. Die Zinsen sind bereits bei null. Seit der letzten Krise. Kritiker warnen bereits seit Jahren, es sei nicht gesund, bei guter Konjunktur eine Geldpolitik im ewigen Krisenmodus zu fahren.

Investoren hoffen nun, dass die US-Notenbank Fed auf ihrer Sitzung in der kommenden Woche den Zinssatz um einen vollen Prozentpunkt senkt. Sie hatte den Zins bereits vergangene Woche überraschend um einen halben Prozentpunkt herabgesetzt. Gleichzeitig wetten sie auf eine Zinssenkung um einen halben Prozentpunkt durch die Bank von England Ende März.

Zudem gehen die Anleger derweil laut Reuters davon aus, dass die Europäische Zentralbank trotz bestehender Nullzinspolitik ihren Einlagenzins für Banken weiter auf minus 0,70 Prozent senken will. Das bedeutet, dass Banken bei der EZB höhere Strafzinsen zahlen müssen. Dies schickte am Montag die Finanzwerte beiderseits des Atlantiks auf Talfahrt, weil die Margen im klassischen Kreditgeschäft dadurch unter zusätzlichen Druck geraten.

Auch in Luxemburg macht man sich Gedanken um die Entwicklung des Wachstums, oder über möglicherweise fehlendes Wachstum. Am Montag hat das statistische Institut Statec ein Papier zu den möglichen wirtschaftlichen Folgen für die Luxemburger Konjunktur veröffentlicht. Zu Beginn verweist Statec darauf, dass aktuell nur wenig Daten über die realwirtschaftlichen Auswirkungen des Virus verfügbar seien. Tatsache sei aber, dass das Auftauchen und die Verbreitung von Covid-19 „in einem bereits schwierigen globalen Wirtschaftskontext“ stattfinde. Auch seien die direkten Handelsbeziehungen nach China (ein Prozent der Exporte) nicht riesig, hebt das Institut hervor. Indirekt, über die Lieferketten, würde Luxemburg aber getroffen.

Zuversicht in Luxemburg

Insgesamt sei es jedoch noch zu früh, um die Folgen für den Handel einschätzen zu können, schreibt Statec. Die Konjunkturumfragen für Januar und Februar würden jedenfalls noch keinen Anlass zur Sorge geben. Negative Anzeichen kämen seit Ende Februar von den Börsen. Die Kurse brechen ein. Dabei ist „das Börsenumfeld entscheidend für die Wirtschaft Luxemburgs“, ruft Statec in Erinnerung. An der Entwicklung der Börsenkurse hängt das Geschäft vieler Akteure des Finanzsektors, etwa der Investmentfonds. Auch auf das Volumen der eingenommenen Steuereinnahmen haben die Kurse einen Einfluss. „In dieser Hinsicht ist der beobachtete Rückgang an den Finanzmärkten ein schlechtes Omen“, schreibt Statec.

Dennoch geht das Institut in seinem Basis-Szenario von einem geringen Einfluss aus. Das Wachstum in der Eurozone werde 2020 zwar auf 0,8 Prozent zurückgehen, doch nicht wegen des Virus, sondern wegen der bereits seit Monaten schlechteren wirtschaftlichen Lage, so die Statistiker. Bisher hatte man mit 1,6 Prozent gerechnet. Beim Coronavirus beruft sich Statec auf die Forscher von Oxford Economics. Diese schätzen, dass die Epidemie das Wachstum im Euroraum um etwa 0,1 Prozentpunkte reduzieren werde. In anderen Ländern, etwa China, würden die Folgen viel heftiger. Dabei steht China für 15 Prozent des weltweiten BIP, so die Statistiker.

Trotz der freundlichen Einschätzung für Europa hat Statec auch ein Szenario, in dem Europa in der ersten Hälfte 2020 in die Rezession abrutschen könnte: Sollte die Wirtschaft der EU 2020 und 2021 um 2,5 Prozent einbrechen, dann könnte sich Luxemburgs Wachstum auf 0,7 und 1,7 (2020 und 2021) Prozent verlangsamen, ist in den am Montag veröffentlichten „Regards 3-2020“ weiter zu lesen. 2018 war Luxemburg noch um 3,1 Prozent gewachsen.

Statec weist ausdrücklich darauf hin, „dass das Szenario der globalen Rezession rein hypothetisch ist und es keine Anzeichen dafür gibt, dass sie wahrscheinlich wäre“. In jedem der errechneten Szenarien würde Luxemburg weiterwachsen.

Haut
10. März 2020 - 11.31

Der Saudische Prinz MBS (Mohammed Bone Saw) zeigt den Amis und den Russen gerade was 'ne Harke ist. Unserer SUV-Gemeinde hierzulande kann's nur recht sein.