HosingenOhne Post und ohne Bank – aber voller Hoffnung

Hosingen / Ohne Post und ohne Bank – aber voller Hoffnung
Hosingen entwickelt sich zu einem regionalen Zentrum nördlich der „Nordstad“. Keine Rede von ‚abgehängtem Norden’. Trotzdem ist die Ortschaft ohne Post und bald ohne Bank. Verstehen tun Bürger und lokale Politiker das nicht.  Foto: Ralph Hermes

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Hosingen scheint das Gegenteil dessen zu sein, was man sich unter abgehängtem Norden vorstellen könnte. Die geplante Umgehungsstraße, neue Wohnungen, zusätzliche Geschäfte und Betriebe sowie eine bessere Anbindung an die öffentlichen Verkehrsmittel machen aus dem Ort ein regionales Zentrum mit viel Potenzial und Lebensqualität. Umso unverständlicher erscheint Bürgermeister Romain Wester die Entscheidung der Sparkasse, ihre Filiale in Hosingen Ende März schließen zu wollen. 

12. Februar 2020. Die Nachricht kommt unerwartet. Per Pressemitteilung. Die Sparkasse macht dicht. Elf Filialen sollen landesweit bis Ende März geschlossen werden.

Auch die Sparkasse in Hosingen. – Warum? Weil in Hosingen tote Hose herrscht? Könnte man ja vielleicht noch verstehen, Banker sind nun mal keine barmherzigen Samariter. Doch weit gefehlt. Hosingen, oder besser „Park Hosingen“, wie die Gemeinde mit ihren 13 Dörfern und rund 4.000 Einwohnern seit der Fusion 2010 von Consthum, Hoscheid und Hosingen heißt, wirkt wie eine zusehends aufblühende Landschaft. Davon kann sich jeder bei einem Besuch überzeugen.

Mit 22 Jahren wurde er Schöffe. Heute ist Romain Wester Bürgermeister und weiß um das Potenzial „seiner“ Gemeinde Park Hosingen. Deshalb kann er die Entscheidung der Sparkasse, ihre Filiale Ende März schließen zu wollen, nicht nachvollziehen
Mit 22 Jahren wurde er Schöffe. Heute ist Romain Wester Bürgermeister und weiß um das Potenzial „seiner“ Gemeinde Park Hosingen. Deshalb kann er die Entscheidung der Sparkasse, ihre Filiale Ende März schließen zu wollen, nicht nachvollziehen Foto: Marco Goetz

Romain Wester, Bürgermeister der heute flächenmäßig viertgrößten Gemeinde des Landes, sitzt in seinem Büro im neuen Rathaus und versteht die Welt nicht. Er blickt durchs Panoramafenster und spricht von der Umgehungsstraße, die kommen und eine andere urbanistische Entwicklung erlauben würde – auch mehr Lebensqualität. Er redet von einem dichteren Netz an Geschäften sowie kleineren und mittleren Unternehmen. „Wir haben heute die Möglichkeit, zu handeln, agieren, statt zu reagieren, und Betriebe und Menschen anzuziehen.“ So wie den Fliesenfachhandel Rinnen, der von Clerf nach Hosingen komme. „Vor allem wollen wir keine Schlafgemeinde werden.“

400 Wohnungen

Um die 400 neue Wohnungen würden in den nächsten Jahren gebaut, so der Bürgermeister.  Die Gemeinde verfügt über eine „Maison médicale” mit fünf Ärzten. Es gibt eine Apotheke. Einen Metzger. Einen Supermarkt mit Bäcker, ein Hotel und eine Vielzahl an Restaurants. Und viel Natur, mit Fahrrad- und Wanderwegen.  

Insgesamt arbeiten 2.000 Leute in den verschieden Betrieben. Das Café-Restaurant beim Campingplatz entwickle sich zum beliebten Treffpunkt für die Leute aus der Gemeinde. „Eigentlich ist immer etwas los“, so Romain Wester.  Abgehängter Norden sieht definitiv anders aus. 

Eine vollwertige Bankfiliale wäre in dem Kontext nun wirklich kein Luxus. Eine Bank, in die auch Grenzgänger gekommen seien, so der Bürgermeister, oder wo Geschäftsleute und Vereine sich mit Kleingeld versorgen konnten.

Doch am Freitag, dem 27. März, schließt die „Spuerkeess“. Die letzte Bankfiliale in der Gemeinde. Vor nicht allzu langer Zeit gab es deren drei: die BGL, die Raiffeisen-Kasse und eben die Sparkasse. Zudem die Post. Zwischen Wemperhaardt und Diekirch wird es dann keine Sparkassen-Filiale mehr geben. Die nächste Bank ist in Marnach, es handelt sich um eine Raiffeisen-Agentur.

Softer Übergang

Auch als die Post die Gemeinde 2019 verließ, sei niemand froh gewesen. Zumindest habe es aber konstruktive Gespräche im Vorfeld gegeben, so Romain Wester. So habe die Entscheidung hinausgezögert werden können, bis wenigstens einige Postdienste gewährleistet blieben: die Abgabestelle in der Gulf-Tankstation, ein Post-Raiffeisen-Bankomat beim Schwimmbad sowie ein Paketzustellplatz und ein Postfach („Boîte postale“) bei der Gemeinde und zusätzliche Briefkästen.

Deshalb hätte man sich einen sanfteren Übergang gerade auch bei der Sparkasse erhofft, so der Bürgermeister.

Ginette Oberlinkels ist vor 12 Jahren in ihre Heimat nach Hosingen zurückgekehrt. Der Lebensqualität wegen. Die Sparkasse im Ort wird sie vermissen, genauso wie jetzt schon die 2019 geschlossene Postfiliale. 
Ginette Oberlinkels ist vor 12 Jahren in ihre Heimat nach Hosingen zurückgekehrt. Der Lebensqualität wegen. Die Sparkasse im Ort wird sie vermissen, genauso wie jetzt schon die 2019 geschlossene Postfiliale.  Foto: Marco Goetz

Ginette Oberlinkels gibt ihm recht. Sie ist 72, geboren in Wiltz, aufgewachsen in Hosingen. Sie hat einige Jahre im Süden des Landes gelebt. Vor 12 Jahren, als sie pensioniert wurde, ist sie nach Hosingen zurückgekehrt.

Mit E-Banking komme sie eigentlich ganz gut klar, sagt sie. Aber es seien die kleinen Dinge, die den Unterschied machen: „Ich fahre jetzt in den Urlaub nach Kuba und hatte einige Fragen. Zum Beispiel, ob ich Dollar oder Euro mitnehmen darf und wenn ja, welche Summe. Oder ob ich hier in Luxemburg kubanische Pesos bekomme. Um Antworten zu erhalten, musste ich zur Sparkassenfiliale ins Shoppingcenter auf der Wemperhaardt fahren.“ Fast 20 Kilometer. Nach Diekirch fahre sie nicht gerne mit dem Auto, wegen der Parkplatzsituation.

Auch der Wegfall der Post in Hosingen mache ihr Leben nicht leichter. „Wenn ich nicht zu Hause bin, wenn ein Paket oder ein eingeschriebener Brief ankommt, muss ich um die fünf Kilometer bis nach Marnach fahren, um ihn abzuholen.“ Das ist nicht weit, aber bei Schneefall oder Glätte kann’s schon kompliziert werden. „Wenn man in Rente ist, kann man sich noch irgendwie organisieren, aber die Leute, die tagsüber zur Arbeit müssen, haben es da schwerer“, sagt sie. Noch vor einigen Jahren hätte sie sich solche Zustände nicht vorstellen können, so Ginette.

Öffentlicher Transport

Einen direkten Anschluss ans Schienennetz gibt es in Hosingen nicht. Früher, als die Zugstrecke in den Norden gebaut wurde, sollte Hosingen berücksichtigt werden. Doch wie Ginette Oberlinkels und Bürgermeister Wester erzählen, hegten die Bauern damals Bedenken, was die Gesundheit der Kühe anbelangte, und sie fürchteten, die Hühner würden schwarze Eier legen, des Rußes wegen. So wurde die Bahnstrecke ins Tal verlegt und ein Bahnhof Hosingen wurde nie gebaut.

Mit der Reorganisation des RGTR-Bustransports unter Minister François Bausch („déi gréng“) würde die Gemeinde aber jetzt besser an den ÖV angebunden, sagt Bürgermeister Wester. Von und nach Kautenbach zum Beispiel, wo auch der Direktzug aus dem Zentrum hält, fahre in Zukunft alle halbe Stunde ein Bus statt wie bisher nur stündlich.

Das sei auch für einen anderen wichtigen Pfeiler des kommunalen Lebens wichtig, nämlich die Vereinswelt, so Wester. 42 Vereine gibt’s in der Gemeinde. „Wir müssen dafür sorgen, dass diese Vereine überleben können, nicht nur, indem wir ihnen finanzielle Unterstützung geben, sondern auch logistische.“ Was Sportvereine angeht, habe Hosingen deshalb viel in deren Einrichtungen investiert. In das Erlebnis-Schwimmbad zum Beispiel, wo Woche für Woche um die 1.000 Schüler aus den umliegenden Orten zum Schwimmunterricht kommen. Neben den rund 180.000 Gästen, die das Bad pro Jahr besuchen.

Bürgermeister Romain Wester wirkt nicht wie ein unrealistischer Träumer, wenn er über die Zukunft seiner Kommune spricht. „Wir wollen ein Angebot haben, dass es den Menschen in der Gemeinde erlaubt, gut zu leben und sich zu Hause zu fühlen.“

Die Gemeinde setzt dabei u.a. auf die Zusammenarbeit mit dem „Forum pour l’emploi“ oder der APEMH („Association des parents d’enfants mentalement handicapés“). 130 Menschen arbeiten in den geschützten Werkstätten der Organisation und kümmern sich zum Beispiel um die Grünanlagen der Gemeinde.

Kopfschütteln wegen Schließung

Romain Wester, Mitte 40, saß schon im Alter von 22 Jahren im Schöffenrat. Seit den letzten Kommunalwahlen ist er Bürgermeister und kennt seine Gemeinde gut. Er bezeichnet sie als regionales Zentrum nördlich der „Nordstad“. „Da wäre eine Bank ein durchaus wichtiges Teil im großen Puzzle.“ Ein Bankomat könne das nicht ersetzen. Der bleibt stumm, wenn guter Rat verlangt wird. Wie es weitergehen wird, weiß er heute nicht. Klar scheint, dass der Kommune wohl Post und Bank abhandenkommen können, nicht aber die Hoffnung. 

In ihrer offiziellen Pressemitteilung vum 12. Februar hatte die Sparkasse übrigens u.a. geschrieben: „En revanche, la demande pour les activités de conseil a tendance à s’orienter vers les agglomérations et les pôles concentrant l’emploi.“

Dieser Satz lässt Bürger und Politiker in „Housen“ gleichermaßen aufhorchen und den Kopf schütteln über die Entscheidung der Sparkassen-Verantwortlichen. Denn eigentlich trifft jener Satz genau auf die Entwicklung der Gemeinde Park Hosingen zu.

Chris B
10. März 2020 - 8.08

Voila a wann et nemmen dofir war sou krett een de klenge Mann och iwerzeegt kee Borgeld ze benotzen.?

Aereger
9. März 2020 - 16.20

Bargeldlos zahlen ist die Devise, dann braucht man kein Wechselgeld das so was von unhygienisch ist, da steckt man sich bloß an.

Romano
9. März 2020 - 8.40

Sich mit Kleingeld versorgen? Wir leben in Corona-Zeiten, Bargeldlos zahlen ist die Devise, am Besten auch noch mit dem Handy, dann braucht man das Terminal nicht zu berühren.