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SREL-Prozess, Tag 4Luxemburgs Ex-Geheimagenten zeigen Nerven

SREL-Prozess, Tag 4 / Luxemburgs Ex-Geheimagenten zeigen Nerven
Der ehemalige Operationschef des Luxemburger Geheimdienstes Fränk Schneider zog sich am Freitag den Ärger des Gerichts zu. Er trete auf wie ein Tourist, warf ihm der vorsitzende Richter vor. Schneider begründete sein Benehmen mit seiner Antipathie gegenüber dem Chef-Ermittler der Polizei.  Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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Auch 13 Jahre nach den Geschehnissen um die sogenannte SREL-Affäre kochen die Emotionen immer noch hoch. So wurde am vierten Verhandlungstag des entsprechenden Prozesses gleich mehrmals ersichtlich, wie schwer die gesamte Affäre die Angeklagten doch zu belasten scheint.

Während Fränk Schneider, der ehemalige Operationschef des Luxemburger „Service de renseignement“ (SREL), aus seinen Ressentiments gegenüber dem Chef-Ermittler der Kriminalpolizei keinen Hehl machte, geriet Ex-SREL-Chef Marco Mille zum Abschluss seiner präzisen Ausführungen vor der 12. Strafkammer des Bezirksgerichts plötzlich ins Stocken. „Eine Sache liegt mir ganz besonders am Herzen“, betonte der Sicherheitsexperte, bevor er von Emotionen überwältigt wurde und mehrmals hörbar schluckte.

Seit Dienstag müssen sich die ehemaligen Mitarbeiter des Nachrichtendienstes vor Gericht verantworten. Dem ehemaligen Direktor Marco Mille, dem damaligen Operationschef Fränk Schneider und dem Ex-Geheimagenten André Kemmer wird vorgeworfen, den Geschäftsmann Loris Mariotto illegal abgehört zu haben. Tatsächlich hatte das Trio im Januar 2007 eine Telefonüberwachung auf Mariotto geschaltet, nachdem dieser dem Geheimdienst eine CD überreicht hatte, auf der sich ein brisantes Gespräch zwischen Großherzog Henri und Staatsminister Jean-Claude Juncker befinden sollte.

Dabei soll unter anderem ein Zeuge zur Sprache gekommen sein, der den Bruder des Großherzogs in Verbindung mit der „Bommeleeër“-Affäre brachte. Da der Datenträger – Codewort „Frisbee“ – auf den ersten Blick leer erschien, sollte Mariotto am Abend nach der Übergabe per Telefon unter Druck gesetzt werden. Das anschließende Gespräch zwischen Kemmer und Mariotto wurde von einem Mobilfunkgerät des Geheimdienstes mitgeschnitten. Außerdem wurden Mariottos Handy- und Festnetznummer angezapft. Alles mit den nötigen Genehmigungen, wie der damalige Direktor des Geheimdienstes am Freitag wieder betonte.

Keine Audiodatei auf dem „Frisbee“

Dass der „Frisbee“-Datenträger auf den ersten Blick leer zu sein schien, bestätigte auch der Computerforensiker der Kriminalpolizei. Dies sei von Mariotto augenscheinlich beabsichtigt gewesen, da die Daten auf der CD gut versteckt waren. Erst bei genauerer Analyse habe der Techniker eine 110 MB große Bilddatei entdeckt, die eine ungewöhnlich hohe Auflösung hatte. Alles deute darauf, dass der Tonträger nicht verschlüsselt, sondern einfach nur manipuliert wurde, um die Empfänger in die Irre zu führen, lautete das Fazit des Computerforensikers. Eine Audiodatei sei nicht darauf enthalten gewesen. Was später von einem Experten an der Universität Louvain bestätigt wurde. „Eine wahre Koryphäe auf dem Gebiet der Verschlüsselungstechniken“, so der Zeuge.

Der Chef-Ermittler der Kriminalpolizei ging indessen nochmals auf die Untersuchungen ein, die nach Veröffentlichung der Affäre im Jahr 2012 in die Wege geleitet worden war. Da er bereits im Ruhestand sei, habe er nicht die nötigen Ressourcen gehabt, sich im Detail auf die Befragung vorzubereiten, unterstrich der ehemalige Chefkommissar gegenüber den Richtern.

„Sie kennen unser Metier“

Erinnern aber konnte er sich noch an die schwierigen Umstände der Ermittlungen. „Es war nicht einfach“, so der Zeuge. So habe man seinem Team ans Herz gelegt, dem Nachrichtendienst nicht zu schaden. Auch seien die drei Protagonisten Profis gewesen, äußerst belastbar, stressresistent, reaktionsschnell und rhetorisch flink. „Sie kennen unser Metier. Herkömmliche Verhörtechniken konnten wir bei diesen Leuten nicht anwenden“, betonte der Ermittler.

Gleiches habe auch für den ehemaligen Premierminister Jean-Claude Juncker gegolten. Dieser habe strikt nur Themen angesprochen, die von den Ermittlern vorgebracht wurden. Bei seiner Vernehmung habe der Ex-Staatsminister allerdings betont, dass er Genehmigungen für Abhörmaßnahmen auch in dringenden Fällen nur schriftlich erteilt habe. Die Angeklagten behaupten allerdings, er habe der Überwachung per Telefon zugestimmt. Juncker sei an jenen Tagen im Land gewesen. „Es wäre einfach gewesen, den Premier aufzusuchen und eine schriftliche Genehmigung einzuholen“, so der Chef-Ermittler.

Beschäftigt habe man sich auch mit der Frage, wieso die Affäre 2012 plötzlich den Medien zugesteckt worden sei. Sowohl Mille als auch Kemmer hätten laut Ermittler kein Motiv gehabt. Schneider hingegen sei zu jener Zeit von einem Zeugen bezichtigt worden, Dokumente im „Bommeleeër“-Dossier zerstört zu haben. Das Staatsministerium habe ihn trotz Aufforderung nicht in Schutz genommen. Von den drei Angeklagten habe Schneider demnach die meisten Gründe gehabt, Schaden zuzufügen.

„Kein Respekt für diesen Zeugen“

Was der ehemalige Operationschef des SREL vehement zurückwies, nachdem er vom vorsitzenden Richter für sein „respektloses Benehmen am Morgen“ gerügt worden war. Er sei zu spät zur Sitzung erschienen, habe den Saal wieder verlassen und lese Zeitung während der Aussage des Ermittlers, so Richter Marc Thill. „Wenn Sie wollen, dass das Gericht Sie respektiert, dann müssen Sie dem Gericht und den Zeugen auch den nötigen Respekt entgegenbringen“, so der Präsident der 12. Strafkammer.

„Ich habe den allerhöchsten Respekt vor dem Gericht“, so Schneider. „Doch ich habe keinen Respekt für diesen Zeugen“, meinte der ehemalige Operationschef. Grund seien dessen Spekulationen zu seiner Person, die absolut nichts mit der Anklage zu tun hätten. Er habe keinen Grund gehabt, die Vorkommnisse an die Öffentlichkeit zu bringen. „Ich bin heute nicht Staatsminister oder Regierungsmitglied. Ich bin immer noch derselbe Geschäftsmann wie 2012“, so Schneider. Ihm habe es also nichts gebracht.

Auch habe er keinen Grund gehabt, eine illegale Abhöraktion durchzuführen. „Mir wurde nie eine Telefonüberwachung abgeschlagen“, betonte der Sicherheitsexperte. Es sei einfach für ihn gewesen, eine Genehmigung einzuholen, fuhr Schneider fort. Er sei sich sicher, dass Juncker der Überwachung zugestimmt habe. Er habe das entsprechende Telefongespräch zwischen seinem Vorgesetzten und dem Staatsminister zum Teil mitverfolgt. Außerdem habe er die Aussagen seines Chefs nicht anzuzweifeln. Wer jedoch im Nachhinein jene 20 Gespräche abgehört habe, die über Mariottos Handynummer abgefangen wurden, wisse er nicht. „Ich habe nicht reingehört“, so Schneider.

Eine aussichtslose Schnitzeljagd

Damit scheint bis heute nicht geklärt, was der Geheimdienst aus jenen 20 Gesprächen erfahren hat, die an diesem Wochenende im Januar 2007 via Telefonüberwachung aufgezeichnet wurden. Der ehemalige Geheimdienstdirektor Marco Mille kann sich nämlich auch nicht mehr daran erinnern. Er wisse nur, dass ihm daraus berichtet wurde und es daraufhin keinen Grund mehr gab, Mariotto weiter zu überwachen. So sei aus Kemmers Telefonat mit Mariotto bereits ersichtlich geworden, dass dieser sich den Geheimdienst nur noch vom Halse halten wollte. „Mariotto hatte André Kemmer die CD gegeben, um seine Ruhe zu haben“, so Milles Fazit. Deshalb habe er eine verschlüsselte Datei auf den Träger geladen, um den Geheimdienst auf eine aussichtslose, aber zeitraubende Schnitzeljagd zu befördern.

Minutiös ging er in seiner Aussage nochmals das mit der Uhr aufgezeichnete Gespräch zwischen ihm und dem Staatsminister durch, um anhand Junckers Aussagen zu beweisen, dass dieser sehr wohl von der Überwachung wusste und seine Genehmigung erteilt hatte. Dass er das Gespräch aufgezeichnet hatte, lag seiner Aussage nach in der Brisanz der Informationen, die ihnen damals zur Verfügung standen. Nach Mariottos erster Kontaktaufnahme 2005 habe man nämlich davon ausgehen müssen, dass entweder der Großherzog oder der Staatsminister selber das „Bommeleeër“-Dossier beeinflussen könnten.

Dies sei aber nur eine Theorie von vielen gewesen. Dennoch habe der Geheimdienst im Anschluss herausfinden wollen, was es mit dem ominösen „Frisbee“ auf sich hatte. Das Gespräch mit Jean-Claude Juncker am 31. Januar 2007 habe dann die letzten Ansätze dafür geliefert, dass dieser kein Interesse daran hatte, die Ermittlungen zu behindern. Die Aufnahme mit der Uhr sollte als Beweis angenommen werden.

Nach der Aussage von Ex-Geheimagent André Kemmer (l.) könnten die Anwälte, darunter Me Pol Urbany (r.), am Dienstag bereits zu den Schlussplädoyers übergehen
Nach der Aussage von Ex-Geheimagent André Kemmer (l.) könnten die Anwälte, darunter Me Pol Urbany (r.), am Dienstag bereits zu den Schlussplädoyers übergehen Foto: Editpress/Didier Sylvestre

Dass es bis auf die Datenträger keine weiteren Beweise oder Schriftstücke zu dieser Affäre gibt, begründete Mille ebenfalls mit der Brisanz der Vorkommnisse. Es habe sich um eine „affaire réservée“ gehandelt, in welcher der Kreis der Eingeweihten so klein wie nur möglich gehalten werden musste. Er selbst habe nur zwei solcher Dossiers in seiner Karriere erlebt. Es sei denn auch üblich gewesen, solche Affären nicht zu dokumentieren.

Auf die Frage, ob er dem Gericht noch etwas mitteilen wolle, wurde der bis dahin gefasste Angeklagte von seinen Gefühlen überrumpelt. „Eine Sache liegt mir ganz besonders am Herzen“, begann Mille an die Richter gewandt, um dann in ein sekundenlanges Schweigen zu fallen. Der Vorsitzende sprang dem Angeklagten zur Seite, indem er die Verhandlung auf Dienstag vertagte. „Sie erhalten zum Schluss nochmals die Möglichkeit, sich zur Affäre zu äußern“, so ein verständnisvoller Marc Thill.

Die Verhandlung wird am Dienstag mit der Aussage von André Kemmer fortgesetzt. Zur Sprache kommt auch die Zivilpartei. Außerdem könnten bereits die ersten Plädoyers gehalten werden.

Alois
8. März 2020 - 23.03

Egaal waad,öm waad geet ett hei?Haff,Juncker,Mariotto,SREL, Hoffmann.. Potpourri onie Enn!! Bommeléer wanns de een bass dann bekenn dech!!