CoronavirusSo entdeckte das LNS das erste Luxemburger Sars-CoV-2

Coronavirus / So entdeckte das LNS das erste Luxemburger Sars-CoV-2
Trung Nguyen im Laboratoire national de Sante in Düdelingen. Er leitet die Abteilung Virologie und Serologie. Julien Garroy / Editpress

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Zwei Menschen haben sich bisher in Luxemburg mit dem Virus Sars-CoV-2 infiziert. Wie läuft so ein Test eigentlich genau ab? Was wird dabei gemacht? Ein Besuch im Luxemburger Laboratoire National de Sante.

Wie sieht das Virus Sars-CoV-2 aus? Trung Nguyen, Leiter der Abteilung Virologie und Serologie am Luxemburger Laboratoire National de Sante (LNS) in Düdelingen, beschreibt mit den Händen eine Kugelform. „Wie eine Sonne mit vielen winzigen Kronen auf der Oberfläche“, sagt er. „Ganz klein, zwischen 60 und 80 Nanometern, darum heißt es auch Coronavirus.“ Am LNS hat man die kleinen Sonnen mit den Kronen bisher zweimal in einem Test entdeckt. Am vergangenen Samstag war das, gegen 19 Uhr am Abend, und am Donnerstag. Da nämlich zeigte eine Testkurve einen Ausschlag. Positiv.

Arbeit mit Proben.
Arbeit mit Proben. Julien Garroy / Editpress

Wie läuft so ein Test ab? Wie und wann testet das LNS auf den Coronavirus? Was weiß man über das Virus? Diese Fragen beantworten Trung Nguyen und LNS-Direktor Friedrich Mühlschlegel am Donnerstag dem Tageblatt 

Das LNS ist ein moderner Bau aus Glas und Beton, direkt neben der Autobahn. Am Eingang müssen sich Besucher in eine Liste eintragen, der Mann am Empfang weist auch auf das Desinfektionsmittel hin, mit dem man sich derzeit die Hände desinfizieren muss, bevor man das Gebäude betritt. 

Sechs Mitarbeiter der Abteilung Virologie und Serologie sind für das Coronavirus abbestellt. Sechs weitere bearbeiten das „Tagesgeschäft“, zum Beispiel Grippeproben. Im Departement Mikrobiologie, zu dem diese Abteilung gehört, arbeiten 30 Personen. Von ihnen werden derzeit andere, entsprechend ausgebildete Mitarbeiter in Sachen Coronavirus geschult. Sie müssten – falls auch Forscher sich anstecken sollten – einspringen können.

Im Dezember erkranken in China die ersten Menschen an dem unbekannten Virus, im Januar gelingt es chinesischen Forschern den Virus zu isolieren. Sars-CoV-2 heißt dieser nun, umgangssprachlich Coronavirus. Dieser löst die Krankheit Covid-19 aus, die sich in Symptomen wie trockenem Husten, Fieber und Atembeschwerden äußert. Bis zu 80 Prozent der Menschen zeigen nur leichte Symptome, ähnlich einem grippalen Infekt. Andere aber trifft die Lungenkrankheit härter, einige sterben. Doch vieles ist unsicher, wenn man von Sars-CoV-2 spricht: Bleibt man immun? Wen trifft es härter und warum? Trifft es auch Tiere? Noch stützen keine Studien die Annahmen, die Forscher weltweit treffen.

Ein „Rezept“ der Berliner Charité

Als das Virus isoliert ist, schreibt die Berliner Charité eine Art Rezept, mit dem man das Virus nachweisen kann. Das schicken sie es an die anderen Laboratorien – so auch das LNS in Düdelingen. Dort haben die Forscher aus der Abteilung Virologie bereits Schutzausrüstung und Teststreifen für Abstriche bestellt und gelagert. Nun bearbeiten sie das Rezept der Charité. Was braucht es dafür? Die Materialien werden angefordert, die Mitarbeiter geschult. Das LNS liefert erste Teststreifen an die Gesundheitsinspektion. Denn während die Krankenhäuser mit eigenen Teststreifen arbeiten, nimmt die Gesundheitsinspektion Teststreifen des LNS, wenn sie die Menschen zuhause testet. Die Ärzte machen erste Abstriche bei ersten Patienten, die sich in den vergangenen zwei Wochen in Regionen wie China aufgehalten haben und Symptome aufweisen. 

In einem speziellen Labor wie diesem wird das Virus desaktiviert. Danach ist er nicht mehr ansteckend.
In einem speziellen Labor wie diesem wird das Virus desaktiviert. Danach ist er nicht mehr ansteckend. Julien Garroy / Editpress

Am 29. Januar trifft der erste Teststreifen im LNS in Düdelingen ein. Darauf: ein Abstrich aus dem Mund oder der Nase eines Menschen. Bis jetzt kann man den Virus nur auf menschlichen Sekreten nachweisen, auf Objekten reicht die Menge nicht. Der Test wird in ein spezielles Labor der Sicherheitsstufe 3 gebracht, hier sind kleine Zimmer, immer noch viel Glas, viel Beton. Die Menschen tragen hier weiße Laborkittel. Hier, erklärt Trung Nguyen, werde der Virus zuerst desaktiviert. So heißt es in der Fachsprache, wenn die Probe ein Verfahren durchläuft, das den Virus unschädlich, nicht mehr ansteckend macht. So geht von ihm auch keine Gefahr mehr für die Forscher aus. An dieser Stelle arbeiten die Forscher noch mit ihren Händen. Danach wird die Probe in einem „normalen“ Teil des Labors bearbeitet, ab dann passiert das meiste maschinell. Dafür hat sich das LNS extra eine Maschine ausgeliehen, die seit vergangener Woche im Einsatz ist. 

Bis zu 100 kleine gekrönte Sonnen 

Nun wird das Virus extrahiert und amplifiziert. Auch das ist wieder Fachsprache; vereinfacht gesagt, versuchen die Maschinen die kleinen Sonnen mit den Krönchen zu erkennen, indem sie sie erst auswählen und dann vergrößern. Wie viel von Sars-CoV-2 muss mindestens auf einem Teststreifen sein, damit der Virus erkannt wird? „Im Minimum 100 Viren in einem Milliliter“, sagt Dr. Nguyen. Bedeutet: In einer Flüssigkeitsmenge von nur 20 Tropfen müssen 100 kleine, 100 Nanometer große Sonnen mit Krönchen schwimmen. Tun sie das tatsächlich, schlägt eine Testkurve nach oben aus. Tun sie das nicht, bleibt die Kurve flach.

Trung Nguyen ist Wissenschaftler im LNS
Trung Nguyen ist Wissenschaftler im LNS Foto: Julien Garroy/Editpress

Fünf bis sechs Stunden dauert es von der Anlieferung der Probe bis zum Ergebnis. Am 29. Januar schlägt die Kurve nicht aus. Negativ, lautet das Testergebnis. Trotzdem fährt ein LNS-Auto die Probe zum TLR International Laboratorium in Rotterdam. Denn, so lautet die internationale Vorgabe: Alle Laboratorien müssen die ersten fünf positiven und die ersten zehn negativen Tests an ein Referenzlaboratorium schicken. Dies, sagt Friedrich Mühlschlegel in seinem Büro, von dem man auf die vielbefahrene A 13 blicken kann, geschehe nicht, weil man den Laboratorien nicht traut. Das sei eine reine Vorsichtsmaßnahme. „Eigentlich hätte die Berliner Charité die erste Probe gerne gehabt“, sagt Nguyen. „Aber damit es schneller geht, haben wir sie nach Rotterdam geschickt. Da konnten wir sie mit dem Auto transportieren. Nach Berlin hätten wir ein Flugzeug gebraucht.“ Auch der zweite Test ist negativ. 

Dann tauchen die ersten Fälle in Italien auf. „Ab da wussten wir, dass es eine oder zwei Wochen dauert, bis auch bei uns der erste positiv getestet wird“, sagt Nguyen. „Luxemburg liegt im Zentrum Europas.“

Die Virologie-Abteilung des LNS arbeitet, wenn nötig, sieben Tage die Woche. So war es auch am Samstag, 29. Februar, einen Monat nach dem ersten – negativen – Test. An diesem Tag schlägt die Testkurve aus: Der erste Luxemburger hat offiziell Sars-CoV-2, in seinem Körper schwimmen die kleine Sonnen mit den kleinen Kronen. Das Luxemburger Gesundheitsministerium beruft eine Pressekonferenz ein. Am Sonntagmorgen um 5 Uhr macht sich wieder ein LNS-Auto auf den Weg nach Rotterdam. Um 8.30 Uhr erreicht es die niederländische Hafenstadt, um 9 Uhr prüfen die Rotterdamer Forscher die Probe. Auch sie kommen auf ein positives Ergebnis. 

Alle im Umfeld des Infizierten werden getestet

Daraufhin testet die Gesundheitsinspektion das gesamte Umfeld des Infizierten, außerdem andere Patienten mit einer Lungenkrankheit. Probe um Probe trifft am LNS ein und durchläuft die Prozedur. Alle bleiben negativ. „Es gibt mehrere Corona-Viren, nicht nur Sars-CoV-2“, sagt Nguyen. Sie alle erkenne man mit dem Corona-Test, sie unterscheiden sich nur minimal voneinander. Andere Krankheiten, andere Viren, zum Beispiel Grippeviren erkennt dieser spezielle Coronavirus-Test aber nicht, erklärt der Forscher: „Der Prozess ist sehr spezialisiert.“

Friedrich Mühlschlegel ist der Direktor des LNS. 
Friedrich Mühlschlegel ist der Direktor des LNS.  Julien Garroy / Editpress

134 Tests haben die Forscher bisher gemacht. Zwischen zehn und 20 sind es pro Tag. Vorbereitet aber ist das LNS auf viel mehr. „Wir könnten bis zu 250, im Notfall auch noch mehr am Tag bearbeiten. Wir können die Bearbeitung im Bedarf schnell hochfahren“, sagt Friedrich Mühlschlegel, selber Arzt und spezialisiert auf Mikrobiologie. „Wir sind vorbereitet.“ Heißt: Das LNS hat für mindestens einen Monat genügend Teststreifen und Testmaterialien und steht mit den Lieferanten in Kontakt, damit Nachschub kommt, sobald dieser verfügbar ist. 

Noch, glaubt man, hat die Infektionswelle ihren Höhepunkt in Europa noch nicht erreicht. Noch weiß man auch vieles über die Krankheit erst aus China. Erst in zwei, drei Wochen werde man auch eher abschätzen können, wie Covid-19 in Europa verläuft, wie heftig es hier die Menschen trifft. Das LNS steht darum nicht nur ständig mit den anderen europäischen Laboratorien in Kontakt. „Wir pflegen auch eine sehr gute Zusammenarbeit mit den anderen Akteuren im Gesundheitssystem, mit dem Gesundheitsministerium, der Gesundheitsinspektion und den Krankenhäusern. Wir sind nur ein Glied in der ganzen Kette“, sagt Mühlschlegel und lobt: „Mit der Zusammenarbeit bin ich im höchsten Maße zufrieden. Jeder Fall wird nahezu in Echtzeit von allen Playern begleitet.“

Robespierrre
7. März 2020 - 23.01

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Heng
7. März 2020 - 21.45

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Jean-Michel
6. März 2020 - 23.48

@Joao Pedro M. Gomes "Den Artikel zu kommentieren, ist nicht leicht, denn… ich habe den Artikel überhaupt noch nicht lesen dürfen." Wenn Sie Firefox o.ä. benutzen dann müssen sie oben in der Adresszeile auf den Reader-Modus klicken, die Radaktion ist der Meinung jeder hätte einen Apple Computer mit Safari Browser.

Joao Pedro M. Gomes
6. März 2020 - 21.29

Den Artikel zu kommentieren, ist nicht leicht, denn... ich habe den Artikel überhaupt noch nicht lesen dürfen.