Interview / Strom, Steuern und eine Wasserstoff-Tankstelle – das erwartet Luxemburg nach dem kostenlosen Transport

François Bausch bei der Pressekonferenz zum kostenlosen öffentlichen Nahverkehr (Foto: Editpress/Julien Garroy)
Der kostenfreie öffentliche Transport ist ab Samstag Realität in Luxemburg. Damit ist eines der Prestige-Projekte von François Bausch („déi gréng“) etabliert. Das Tageblatt hat sich mit dem Transportminister über die Maßnahmen unterhalten, die nun folgen sollen.
Tageblatt: Ab Samstag ist der öffentliche Transport umsonst. Die Kirsche ist da, der Kuchen fehlt. Ist das eine Werbemaßnahme, um die Menschen über die Baustellen hinwegzutrösten?
François Bausch: Das Ziel des kostenlosen öffentlichen Transports ist es nicht, die Menschen zu trösten. Wir eröffnen ja permanent neue Angebote. Es geht darum, eine Diskussion zu provozieren. Die Menschen sollen sich fragen, ob es Möglichkeiten abseits des Autos gibt. Und wenn ja: Welche lassen sich kombinieren? Natürlich funktioniert heute noch nicht alles so perfekt, wie ich es mir wünschen würde. Aber es gibt bereits Alternativen, die für viele Menschen greifen könnten. Sie greifen aber immer noch reflexartig zum Autoschlüssel. Das muss sich ändern.
Und das klappt?
Wir haben einen Investitionsplan bis 2025. Bis dahin müssen wir den Menschen das System so vermitteln, dass sie es verstehen und auch nutzen. Wir arbeiten aber auch schon an der Fortsetzung bis 2035. Zurzeit laufen wir der Entwicklung hinterher und ich will, dass wir in die Lage kommen, die Verkehrssituation in Zukunft antizipieren zu können.
Es gibt neben Modu 2.0 ja auch das Programm „Horizont 2035“ – Sie wollen, wie Sie sagen, die Entwicklungen antizipieren. Jetzt gibt es aber Studien, die den Erfolg von Modu 2.0 bezweifeln, da die angenommene Zahl von 20 Prozent mehr Verkehrsteilnehmern von der wirtschaftlichen Entwicklung überholt wird. Besteht überhaupt die Möglichkeit, dem rasanten Fortgang nicht bis in alle Ewigkeit hinterherzulaufen?
Ich denke nicht, dass unsere Schätzungen unrealistisch sind, auch angesichts des Umstandes, dass die wirtschaftliche Entwicklung in den nächsten Jahren vermutlich ausgebremst wird. Die 20 Prozent sind schon ambitioniert, wenn uns das gelingt, ist das schon ein großer Sprung nach vorne. Wichtig ist, dass die Fortsetzung „Horizont 2035“ bis zur Hälfte der laufenden Legislaturperiode steht. Ich möchte der nächsten Regierung einerseits die Finanzierungsgesetze, andererseits ein ganzes Konzept mit auf den Weg geben.
Wollen Sie noch mal Verkehrsminister werden?
Länger als zehn Jahre möchte ich nicht in der Regierung sein. Ich hatte Glück, dass ich während zwei Amtsperioden Transportminister sein konnte, das hat es in Europa bislang meines Wissens noch nicht gegeben. Gut vier Jahre habe ich noch vor mir. Ich hoffe, dass ich nach Ablauf der Zeit den Hebel umlegen konnte und den Paradigmenwechsel in der Mobilität in Luxemburg eingeleitet habe.
Neben dem öffentlichen Transport ist das „Co-Voiturage“ eine weitere Säule in Ihrer Mobilitätsstrategie. Dafür existiert sogar eine App. Gibt es da Nutzungszahlen?
Die App wird bei Weitem nicht so häufig benutzt, wie ich mir das wünschen würde. Wir haben etwa 3.000 Nutzer. Wir werden jetzt einen Neustart mit einer verbesserten Version hinlegen. Die Firma, die unsere App ursprünglich entwickelt hat, wurde aufgekauft – interessanterweise von der Firma, die wir uns bei der Ausschreibung eigentlich gewünscht hätten. Aber ich glaube, dass das „Co-Voiturage“ erst richtig greifen wird, wenn ich den Menschen, die ihr Auto Mitfahrern anbieten, einen Vorteil bieten kann.
Wie könnte so ein Vorteil aussehen?
Auf der Autobahn A3 wird die neue Spur beispielsweise für Leute reserviert, die zu dritt im Auto fahren. Das wird auch digital überwacht. Dazu kommen P&R-Parkplätze, die dem „Co-Voiturage” gewidmet sind. Dann kommen noch steuerliche Ermäßigungen hinzu. Es reicht nicht nur, die Technik zur Verfügung zu stellen, das Gesamtpaket muss attraktiv sein.
Bei der Tram ist der Mentalitätswechsel gelungen: Anfangs wurde viel darüber gelacht, heute wird sie rege genutzt. Wie steht es um die Akzeptanz der Elektromobilität? Da bleiben die Zahlen doch – genau wie beim „Co-Voiturage“ – hinter den Erwartungen zurück?
Das hat zwei Gründe: einerseits das Angebot an Elektrofahrzeugen, das noch etwas dürftig ist, andererseits die Infrastruktur. Das Angebot und die Auswahl an E-Autos wird aber bald rapide anziehen. Hinsichtlich der Lade-Infrastruktur arbeite ich gerade mit Claude Turmes an einem Plan, um neben den Chargy-Ladestationen auch ein Schnellladesystem im ganzen Land aufzuziehen. Die Menschen sollen nicht in die Situation kommen, wegen ihres Ladebalkens in Panik zu geraten.
Wieso gehen Sie von einer Steigerung des Angebots aus?
Aufgrund der europäischen Direktive zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes von Fahrzeugflotten wird das Angebot an Fahrzeugen förmlich explodieren. Die Direktive wird 2025 noch mal verschärft, die Autohersteller kommen gar nicht daran vorbei, umzuschwenken. Und in Zukunft wird der Wasserstoff noch hinzukommen.
Was ist denn hinsichtlich des Wasserstoffs geplant? Davon hat man ja bis jetzt in Luxemburg noch nichts gehört.
Wir haben zwei Dinge in der Planung: einerseits eine Wasserstoff-Tankstelle, die 2022 auf der Aire de Berchem eröffnen soll. Wir haben lange mit Shell verhandelt, um uns den Preis nicht von der Firma diktieren zu lassen. Das zweite Projekt ist industrieller Natur: Paul Wurth hat eine deutsche Firma aufgekauft, die sehr stark in der Produktion von Wasserstoff und synthetischen Kraftstoffen ist. Wir müssen diesen Weg ebenfalls verfolgen. Wasserstoffautos werden in Zukunft eine große Rolle spielen. Meiner Meinung nach wird sich in den nächsten 20 bis 30 Jahren ein Mix aus Elektroautos, Brennstoffzellenfahrzeugen und Hybriden entwickeln – also Fahrzeuge, bei denen die Brennstoffzelle Strom für die Batterie des Elektroautos produziert. Deswegen ist es wichtig, technologieoffen zu bleiben.
Luxemburg war immer eine Autofahrernation. Denken Sie, dass der Mentalitätswechsel gelingen wird?
Davon bin ich überzeugt. Es geht darum, keine Politik gegen das Auto, sondern für eine neue Mobilität zu machen. Mit moralischen Argumenten wie Umweltschutz werden wir keinen Blumentopf gewinnen. Mobilität muss praktisch sein und den Menschen Vorteile bieten – schneller, einfacher, entspannter. Und dann darf sie gerne auch noch umweltfreundlich sein, das ist der Bonuspunkt am Ende.
“Auf der Autobahn A3 wird die neue Spur beispielsweise für Leute reserviert, die zu dritt im Auto fahren. ”
Ich fahre einen E-Smart und bin mit 2 Personen voll besetzt, wieso darf eine 7 oder 9 sitzige Drecksschleuder mit 3 Leuten fahren und ich nicht?
Wasserstofftankstelle. Der Anfang ist gemacht. Viele große Dinge haben klein angefangen.
was wir erwarten ? eine Regierung die die ideologische Steuererhohungen auf Pkw ruckgangig macht.
@BillieTH
“was wir erwarten ? eine Regierung die die ideologische Steuererhohungen auf Pkw ruckgangig macht.”
Lesen Sie nochmal, Bausch tritt nicht mehr an bei den nächsten Wahlen, ihr ewieges Gemecker ist ihm wurscht.
Sagt man in Köln. Und wie et kütt weiss im Moment noch keiner, jedenfalls weder Bausch noch Turnschuh. Wassestoff, E- oder doch zurück zum sauberen Diesel??? Ich denke eher dass es zum Wasserstoff kommt. Weiss es aber auch nicht. Und deshalb, ne vous laissez pas prendre, fallen Sie nicht auf diese Grünen rein, die können nach der nächsten Wahl im Vorstand von wem auch immer sitzen und Sie haben sich ein teueres E Auto gakauft das niemand mehr haben will. Und die beiden Weltverbesserer fahren weiter mit Deutschen Luxus Benziner.
Wasserstoff kommt nie.
Erstens weil kein Nimby der etwas auf sich hält, eine Wasserstofftankstelle oder Lager in seiner Nähe duldet,
zweitens, weil 95% des Wasserstoffs aus Erdgas hergestellt wird, dann kann man gleich ein Erdgasauto fahren anstatt noch teuer den Wasserstoff rauszulösen.
Das ist genauso dämlich wie Biodiesel aus Rapsöl zu machen, wenn man den Diesel direkt mit Rapsöl betreiben kann, wie Rudolph Diesel auch damals.
Elektrisch erstellter Wasserstoff gibt’s nur für teures Geld in Pilotanlagen die sich nicht rentieren.
@grass :
Das erinnert mich an die Fabel des Dichters Äsop aus dem 6. Jhd. vor Christi „Der Fuchs und die Trauben“.
Bis vor kurzem war Wasserstoff beim Minister Bausch ein Tabu Thema, was wohl sein Kollege Tausendsassa vom Energie Ministerium mit seinen Experten dazu sagt?
Besagter Energie Minister Turmes und seine Kollegin Dieschburg sind seit ihrer anstrengenden Arbeitsvisite auf den Kapverden abgetaucht, anstatt den ambitioniertesten Klimaplan aller Zeiten direkt mit den Bürgern zu diskutieren.
Weder Batterieautos noch Wasserstoffautos werden sich durchsetzen.
Die Batterien sind zu teuer, zu schwer, lassen sich nicht schnell genug aufladen und die Reichweite ist zu gering. Batterieautos sind nur in Nischenanwendungen sinnvoll.
Beim Wasserstoff sind die Tanks zu schwer und zu gefährlich, egal ob Hochdrucktanks oder Metallhydridspeicher. Wenn man bedenkt wie schon LPG-Autos aus “Sicherheitsgründen” kontrolliert und schikaniert werden, könnte das bei Wasserstoff noch 10x schlimmer sein.
Eine Möglichkeit wären weiter entwickelte Redox-flow Batterien oder aus überflüssigem Strom mit Wasser+CO2 hergestelltes Methanol mit Methanolbrennstofzelle im Auto. Der Strom könnte aus Fusionsreaktoren stammen, da Solar- und Windenergie kaum reichen werden.
Aber leider wird die Forschung zu den zitierten Alternativen nicht gefördert oder sogar von grünen, technikfeindlichen Umwelt- und Nimbyvereinen oder Parteien blockiert.
Also wird weiter Erdöl verbrannt werden, denn die Steuern und Verbote werden früher oder später zu Aufruhr in der Bevölkerung führen. -> siehe “Gilets jaunes”
Im Grunde könnte man behaupten, dass die jetztige sogenannte grüne Politik unsinnig ist und der Umwelt einen Bärendienst leistet.
@Jemp
“Also wird weiter Erdöl verbrannt werden, denn die Steuern und Verbote werden früher oder später zu Aufruhr in der Bevölkerung führen. -> siehe “Gilets jaunes””
Wo sind sie denn, die Gilets Jaunes?
Die regierung soll mal vorangehen und die diensautos abschaffen und zu fuss gehen autos fahrer unterhalt der staatsautos kostet den steuerzahler viel geld kommen die gilets jaune bin ich sofort da und waehlen tu ich die gruenen nicht mehr denn die sind schon lange verwelkt csv was hat religion mit regierung zu tun und die sozialisten haben vergessen wie und durch was sie entstanden sind
@Ferdinand: Haben Sie nichts von den Unruhen in Frankreich mitgekriegt? Fanatiker sind de facto blind und taub für alles was nicht in ihre Ideologie passt.
@Jemp
“@Ferdinand: Haben Sie nichts von den Unruhen in Frankreich mitgekriegt?”
Letztes Jahr, ja. Hat nichts genutzt, jetzt wird die Reform per Dekret durchgepeitscht, da sehen die gelben Jacken aber doof im Regen aus.