CoronavirusAuch Luxemburg könnte ganze Ortschaften abriegeln – will das aber „möglichst vermeiden“

Coronavirus / Auch Luxemburg könnte ganze Ortschaften abriegeln – will das aber „möglichst vermeiden“
Die Regierung wendet bei der Bekämpfung des Coronavirus den Grippe-Notfallplan an Grafik: Frank Goebel

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Im Zuge der Bekämpfung des Coronavirus werden vielerorts Hotels, Dörfer und sogar ganze Regionen unter Quarantäne gestellt. Das wäre auch in Luxemburg möglich, ist aber nicht wirklich vorgesehen, sagt die Regierung.

Im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus greifen weltweit Staaten und Kommunen zu drastischen Maßnahmen: Sie riegeln, wie auf Teneriffa, Gebäude komplett ab – oder gleich ganze Städte und Dörfer. Den Anfang hat China gemacht, wo der Erreger wohl auch herstammt. Inzwischen folgen aber auch europäische Staaten diesem Vorbild. So sind etwa in Italien derzeit einige Orte unter Quarantäne gestellt, in denen insgesamt mehr als 50.000 Menschen leben.

Theoretisch wäre das auch in Luxemburg so möglich. Das hat eine Anfrage des Tageblatt an das Gesundheitsministerium ergeben. Wie eine Sprecherin des Ministeriums erklärt, sei eine strenge Quarantäne um ganze Ortschaften, die folglich nicht mehr erreicht oder verlassen werden können, theoretisch möglich. „Wir möchten dies aber, soweit möglich, vermeiden und gezielter vorgehen.“ Wenn möglich, wolle man nur direkt betroffene Personen unter Quarantäne stellen.

Das wird so schon praktiziert: So werden etwa die 16 Personen zu Hause unter Quarantäne gehalten, die vor Kurzem in dem Hotel „H10 Costa Adeje Hotel“ Urlaub gemacht haben und nach Luxemburg zurückgekehrt sind, bevor die Anlage auf Teneriffa selbst abgeriegelt wurde.

„Beschränkung individueller Reisen“

Grundlage für diese – und theoretisch auch weiterreichende – Maßnahmen seien die Gesetze, die die „Direction de la santé“ betreffen und ein „Règlement grand-ducale“ bezüglich einer potenziellen Grippe-Pandemie, das derzeit an die aktuelle Lage angepasst werde. Ein Dokument der Regierung vom 21. Juli 2006 (Download als PDF in französischer Sprache) zählt 187 Einzelmaßnahmen auf, die je nach Schwere und Stadium einer Pandemie in Luxemburg ergriffen werden können.

Dazu zählen etwa: die „Unterbrechung oder Aussetzung von Luft-, See- und Landverbindungen, die Vektoren für den Export von Epidemien sind“ (Nummer 103) oder die „Unterbrechung öffentlicher Aktivitäten (öffentliche Verkehrsmittel, Versammlungen, Bildung und Ausbildung …) in den betroffenen Gebieten“ (Nummer 105). Die Liste der Maßnahmen reicht bis zur völligen „Aussetzung aller Zusammenkünfte der Bevölkerung“: jegliche Konzerte, Sportveranstaltungen, Messen und Ausstellungen wären damit tabu.

Damit die Gesellschaft in solchen Zuständen überhaupt grundsätzlich weiter funktionieren kann, gibt es weitere Maßnahmen wie die „Einführung von Preiskontrollen“ (122) oder der Rückgriff auf „erfahrene Studenten, Freiwillige und genesene Personen“. 

Das alles sind Maßnahmen, die theoretisch möglich sind, bei Weitem jetzt aber noch nicht ergriffen werden müssen. Wie nützlich solche gründlich vorbereitete Notfallplanung ist, zeigt sich derzeit im deutschen Nordrhein-Westfalen: Nachdem das Coronavirus bei einem Paar im Kreis Heinsberg festgestellt wurde, dürfen alle Leute, die mit ihnen in Kontakt waren, ihre Häuser für zwei Wochen nicht verlassen. Mehrere Hundert Leute stehen damit in präventiver Quarantäne. Fragen, wie mit Menschen zu verfahren sei, die sich den Anordnungen widersetzten, hätte man sich bisher gar nicht stellen müssen, da die Leute sehr kooperativ seien. Das berichtet der Kreissprecher Ulrich Hollwitz gegenüber dem Tageblatt.

In Gangelt bei Heinsberg weist ein Schild in einem Kindergarten darauf hin, dass die Einrichtung geschlossen bleibt
In Gangelt bei Heinsberg weist ein Schild in einem Kindergarten darauf hin, dass die Einrichtung geschlossen bleibt Foto: AFP/Ina Fassbender

„Natürlich stößt das öffentliche Leben in unserem eher ländlichen Raum in dieser Situation an seine Grenzen“, räumt Hollwitz ein. Denn unter den Menschen, die jetzt möglicherweise wochenlang nicht arbeiten können, befinden sich auch beispielsweise Lehrer, Polizisten und Busfahrer.

Zwar fiele etwa der Ausfall von Busfahrern derzeit ohnehin nicht so stark ins Gewicht, da der öffentliche Transport weitgehend eingestellt wurde und viele öffentliche Einrichtungen geschlossen sind. Schwerer wiege da schon der Wegfall von Feuerwehrleuten: In Quarantäne befinden sich nämlich alle Besucher einer bestimmten Karnevalsveranstaltung – und darunter waren viele Feuerwehrleute, sodass der örtliche Löschzug stark geschwächt sei. Trotzdem wirkt der Sprecher sehr gefasst: „Dazu haben wir ja Notfallpläne und einen Krisenstab“, sagt er. „Im Bedarfsfall können wir veranlassen, dass Feuerwehren aus benachbarten Gemeinden einspringen.“ Trotz der Ausnahmesituation sei ein „Schuss Gelassenheit“ wichtig: Man müsse in der Situation „professionell, also ruhig und solide“ arbeiten. „Das ist ja auch, was der Bürger erwartet.“

jonas
28. Februar 2020 - 17.15

Das will ich sehen! Wenn 3 Ortschaften abgeriegelt werden, dann ist kein Polizist und Soldat mehr übrig für den Rest des Landes. Jedes Kaff hier hat doch 17 Zugangsstraßen und 20 Feldwege und dann können die Leute auch noch querfeldein latschen.

Justin
28. Februar 2020 - 15.56

MartyMcFly ". kein direkter Kontakt zwischen isolierten Bewohnern und Lieferanten, keine Barzahlung, ..." Keine Barzahlung? Dann können wir Deutschland abschreiben.

Swiss
28. Februar 2020 - 11.33

@Ichy "Was ist wenn ich im Urlaub also Ausland ... Was ist wenn ich nicht zurückfliegen darf, ..." Bleiben Sie besser zu hause.

Ichy
28. Februar 2020 - 8.16

Was ist wenn ich im Urlaub also Ausland in Quarantäne verwiesen werde? Gibt es eine Lohnfortzahlung, muss ich dafür Urlaub nehmen? Was ist wenn ich nicht zurückfliegen darf, weil die Airlines die Rückflüge wegen einen hohen Anzahl an infizierten gestrichen hat?

Tarchamps
27. Februar 2020 - 22.47

@Gaspari "Frage – nehmen wir an ich komme nach einer Reise zrueck und meine Ortschaft ist abgeperrt. Was nun? Muss ich mir ein Zelt kaufen und in einer Wiese wohnen?" Genau. Abwesenheit ist verboten.

MartyMcFly
27. Februar 2020 - 21.24

Häusliche Quarantäne bedeutet auch dass die isolierten Fälle nicht einkaufen und nicht ausser Haus speisen dürfen. Das bedeutet auch dass für die Versorgung der Betroffenen mit Grundnahrungsmitteln, Mittagessen, Hygieneartikeln usw. ein Notfallplan mit geeigneten Übergabeprotokollen appliziert werden muss. z.B. kein direkter Kontakt zwischen isolierten Bewohnern und Lieferanten, keine Barzahlung, keine Kartenzahlung... usw. Abstellen der Warenlieferung vor der Haustür nach Bestellung per Telefon oder per Internet? Bezahlung entweder per Internet oder nach Genesung (falls die Betroffenen kein Internetbanking haben). Besondere Schutzmassnahmen der Müllabfuhr bei der Abholung des Hausmülls (?) . Fernunterricht und Fernprüfungen/examen für die schulpflichtigen Kinder der Betroffenen usw...

Gaspari
27. Februar 2020 - 19.23

Frage - nehmen wir an ich komme nach einer Reise zrueck und meine Ortschaft ist abgeperrt. Was nun? Muss ich mir ein Zelt kaufen und in einer Wiese wohnen?

Darius
27. Februar 2020 - 17.27

Auch all die anderen Länder wollen oder wollten das 'möglichst vermeiden'. Dann werden wohl nächste Woche Konserven eingekauft wie verrückt, damit man nicht auf die staatliche Fütterung angewiesen ist, wenn man das Haus nicht verlassen darf.

J.C.Kemp
27. Februar 2020 - 17.23

Gesäit jo éischter aus, wéi wann do en aneren Noutfall kéint geübt gin. Ouni elo mol Verschwörungstheoriën opzebauen! 'Ruhe ist die erste Bürgerpflicht.' duerno kléngt jo eigentlech de leschte Saaz, gewollt oder ongewollt?