EditorialPanikmacher vs. Verharmloser – Wie gefährlich ist das Coronavirus wirklich?

Editorial / Panikmacher vs. Verharmloser – Wie gefährlich ist das Coronavirus wirklich?
Behördenmitarbeiter untersuchen Flugpassagiere, die aus Wuhan nach Vietnam eingereist sind Foto: AFP

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Und jetzt zum Wetter: Beim Thema Coronavirus stehen sich auf der Agitationswetterkarte derzeit zwei Großwetterlagen gegenüber.

Auf der rechten Seite macht sich ein äußerst unglückliches Panikmacher-Tiefdruckgebiet breit: Das böse Chinavirus ist der weitere logische Schritt im Illuminaten-Masterplan zur Herstellung der vollständigen Gedankenkontrolle. Es soll den alten Westen auslöschen, wurde in einem geheimen Bio-Kernwaffen-Forschungslabor „der Regierung“ entwickelt und verbreitet sich über das 5G-Handynetz. Bester Beweis für all das: Es kommt aus dem Ausland.

Auf der anderen Seite dümpelt ein schlaffes Heiter-bis-wolkig-Azorenhoch träge vor sich hin. Unermüdlich weht es eine lauwarme Verharmloser-Brise in die zentraleuropäischen Internetforen. Tonus: Das Coronavirus ist noch weniger gesundheitsschädlich als das gleichnamige Bier (danke, RTL!). Es löst – wenn überhaupt – höchstens ein so kleines grippales Infektchen aus, dass nicht einmal ein Luxemburger Gemeindebeamter sich dafür krankmelden würde. Die Menschen, die es tatsächlich dahinraffte, waren allesamt über 120 und hatten schon vorher Krebs, Diabetes, Bluthochdruck, Rheuma und Mundgeruch und wären einen Tag später sowieso abgenibbelt.

Wie immer zwischen allen Luftmassen: die gute alte Presse, die mit bewährter Moral versucht, vorherzusagen, ob es übermorgen nun regnet oder nicht. Das ist im Fall Corona besonders schwer. Zum einen sind die wenigsten Journalisten Virologen – aber sie müssen die Menschen vor potenziellen Gefahren warnen. Zum anderen mangelt es ihnen derzeit an einer zentralen Ressource: den Fakten.

Viele Informationen rund um das Virus stammen nämlich von der chinesischen Regierung – und die ist nicht gerade für ihre Transparenz bekannt. Dass 80 Prozent der Toten über 60-Jährige waren, dass drei Viertel an Diabetes oder Bluthochdruck litten, sind Zahlen, die schwer überprüfbar sind. Sie kommen nämlich von der nationalen chinesischen Gesundheitskommission. Die Maßnahmen, die das Reich der Mitte im Kampf gegen das Virus ergriffen hat, führen dagegen jede Verharmlosung ad absurdum. Ganze Millionenstädte stehen offenbar de facto unter Quarantäne, Wohngebiete können nur nach einem Fieber-Check betreten oder verlassen werden, anstatt eines Klingeltons ertönen im Handy Warnungen und Gesundheitshinweise. „Es ist das Maximale, was man sich vorstellen kann“, sagt der deutsche Virologe Alexander Kekulé dazu.

Weltweit haben sich laut der amerikanischen Johns-Hopkins-Universität 45.206 Menschen verbrieft mit dem Virus infiziert (Stand 12. Februar, 18 Uhr). 44.687 davon sind in China, 33.366 in der Region Hubei rund um das Virus-Epizentrum Wuhan. 1.117 Menschen sind bis jetzt an dem Coronavirus gestorben. Das ergibt rein rechnerisch eine Mortalität von 2,5 Prozent und würde bedeuten, dass jeder 40. Infizierte stirbt. Zum Vergleich: Die Infektion mit dem durchschnittlichen Grippevirus endet für jeden 1.000. tödlich – und auch da sind Alte und Kranke eingerechnet.

Damit würde das Coronavirus in der Seuchen-Liga ziemlich weit oben spielen. Aber so einfach ist die Sache nicht. Eine genaue und wissenschaftliche Angabe zur Sterblichkeit und damit auch zur Gefahr, die von dem Virus ausgeht, kann derzeit noch niemand machen. Sie kann gering sein, weil die Krankheit bei vielen Infizierten erst gar nicht diagnostiziert wird und tatsächlich verschwindet wie ein Schnupfen. Und sie kann hoch ausfallen, weil von den Menschen, die derzeit mit dem Virus ringen, wirklich viele sterben können.

Mit der Berichterstattung über das Coronavirus ist es wie mit jener über den Sturm, der Anfang der Woche über Luxemburg hinwegfegte: Besser einmal zu oft als einmal zu wenig über eine potenzielle Gefahr berichten. Den Rest müssen die Medien Forschern, Ärzten und Politikern überlassen – und der Intelligenz der Menschen.

werner
14. Februar 2020 - 18.14

@Nomi “”und der Intelligenz der Menschen”” 'Do hun ech awer ganz gro’uss Zweifel !' Dir däerft net ëmmer vun Iech op anerer schléissen.

O.J.
14. Februar 2020 - 10.53

Die Dunkelziffer der Infizierten is wahrscheinlich ein vielfaches von dem was bisher offiziell erfasst wurde. Aber die Zahl der Verstorbenen könnte schon passen. Daher ist die Mortalitätsrate wahrscheinlich bedeutend kleiner als 1/40. Bin auch kein Virologe aber das sagt mir mein gesunder Menschenverstand

Uniklink-Jetzt
14. Februar 2020 - 10.44

Die Mortalität kann man nicht nach Gesamt-Infizierte geteilt durch Gesamt Tote errechnen, da man nicht weiss wieviele der infizierten noch sterben werden. Aktuell sind ca 7000 Menschen genesen und ca 1300 gestorben, was eine mortalität um die 15 % ergibt. Desweiteren wäre ein Verweis auf die Ansteckungs-Rate, welche über 1 pro Infiziertem liegt (aktuell 2-3) hilfreich. Solange die nicht unter 1 gedrückt wird, breitet das Virus sich exponentiel aus.

Nomi
13. Februar 2020 - 16.17

""und der Intelligenz der Menschen"" Do hun ech awer ganz gro'uss Zweifel !

Astrolix
13. Februar 2020 - 9.27

Ach ja,da wäre ja noch die "normale"Grippe. Die in ihrer "grantigen" Form Pandemien auslöst wie einst die Spanische Grippe und mehr Opfer forderte als der erste Weltkrieg. Hysterie ist schädlicher als Besonnenheit.Wer einem Virus nichts entgegensetzen kann wird daran erkranken,vielleicht sogar sterben. Das sollte jeder wissen ohne Panikmache in den Medien und wenn er sich entsprechend verhält wird schon alles gut werden. Viren brauchen einen Wirt und günstig sind auch ungenügende Hygienezustände.Vielleicht fühlen sie sich deshalb in chinesischen Megastädten besonders wohl.Das ist keine Expertise eines Virologen,sondern einfach nur ein Gedanke den man ausdenken könnte. Ohne Panik,denn die ist schädlich für gute Entscheidungen.