Fechten Die Luxemburgerin Lis Fautsch möchte sich vor ihrem Karriereende noch für Olympia qualfizieren

Fechten  / Die Luxemburgerin Lis Fautsch möchte sich vor ihrem Karriereende noch für Olympia qualfizieren
Lis Fautsch bangt noch um ihre Olympiateilnahme – für die 33-Jährige ist Tokio 2020 wohl die letzte Chance, sich diesen Traum zu erfüllen Foto: Chrëscht Beneké  

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Am vergangenen Wochenende drehte sich drei Tage lang alles um den mit Abstand bedeutendsten Wettbewerb des Fechtsports. In Barcelona versammelten sich die besten Fechterinnen der Welt – darunter auch die Luxemburgerin Lis Fautsch. Die 33-Jährige befindet sich im Endspurt einer möglichen Qualifikation für Olympia 2020 – und gleichzeitig auf der Zielgeraden ihrer professionellen Sportkarriere.

Der Weltcup im Degen der Frauen in Barcelona ist traditionell der größte der Saison. Im Olympiajahr ist er mit knapp 260 Athletinnen aus über 50 Ländern besonders stark besetzt. Routiniert bereitet sich Lis Rottler-Fautsch, wie sie seit ihrer Hochzeit 2017 mit ihrem langjährigen Freund Michael heißt, auf ihr erstes Duell am Freitag vor. Ein wenig Schattenfechten, Waffenkontrolle, Stecker rein und los. Die erste Gegnerin ist die Koreanerin Hyo-joo Choi. Diese Nation mit kleinen, schnellen Fechtern liege ihr nicht, verrät ihr Trainer aus Heidenheim, Hans-Jürgen Hauch. Die Zeit tickt erbarmungslos runter, die beiden Fechterinnen belauern sich hoch konzentriert.

Hauch erklärt: „Lis’ Art zu fechten ist, auch wegen ihres Alters, eher defensiv mit Kontern und Cleverness.“ Erst in der „Septième“ lernte die heute 33-Jährige ihren Sport kennen, widmete sich ihm erst nach einem Studium der Kommunikationswissenschaften in Wien 2012 als Sportsoldatin Vollzeit. Eine Förderung, die nach dem Maximum von achteinhalb Jahren im September enden wird. Mit dem Luxembourg Insititute for High Performance in Sport und auch gezieltem Mentalcoaching hat sie in den letzten Jahren einen Schritt nach vorne gemacht. 

Fautschs Trainer hält sich bedeckt

Nach dem gewonnenen Duell mit der Koreanerin beklagt sie sich beim Trainer: „Die hat nichts gemacht.“ Der zugeloste Vorteil reicht der Koreanerin im Sudden Death nicht, denn 18 Sekunden vor Schluss kann die Luxemburgerin zustechen. „Sie hat die Nerven nicht verloren und einen langen Angriff gewagt, sondern sie über die Minute unter Druck gesetzt“, sagt ihr Trainer, der mit dem Auftakt zufrieden ist. 

Der zweite Kampf gegen eine Japanerin scheint schnell entschieden: Nach dem Abtasten gelingt Fautsch ein sauberes 1:0, nach anderthalb Minuten steht es 3:0. Der Kampf muss für die Defensivspezialistin gewonnen sein, meint ihr Trainer. „Kleiner Fehler“, moniert er das schnell folgende 1:3. Beim 2:3, eine halbe Minute vor Schluss, ärgert sich der Coach: „Das ist Leichtsinn.“ Mit einem „Come on“ treibt die Linkshänderin ihre Konzentration wieder hoch und belohnt sich mit dem entscheidenden 4:2.

Eine junge Spanierin beherrscht sie dann klar. Der Trainer hält sich fast die ganze Zeit im Hintergrund, denn seine routinierte Fechterin Lis Fautsch weiß meist selber genau, was sie tun muss. Wie sie im Schach mit flinker Klinge etwaige athletische und koordinative Nachteile gegen jüngere Gegnerinnen mit strategischem und mentalem Geschick ausgleicht. Nach dem Sieg über die Spanierin gerät Fautsch gegen die Venezuelanerin Betyumil Posada in Rückstand. „Das wird interessant“, kommentiert Hauch. Aber mit der Hilfe einer kurzen, präzisen Anweisung ihres Trainers fechtet sie sich ruhig zum Sieg.

Sechs Siege in sechs Gefechten

„Jetzt tigert sie schon rum, sie hat den sechsten Sieg im sechsten Gefecht im Kopf“, bemerkt er über seinen Schützling in den Kampfpausen. Seine Athletin lag die Woche über wegen eines Magenvirus flach. Auch deshalb käme ihr die Abkürzung in die Hauptrunde recht. Die erforderte Konzentration ist an einem langen Qualifikationstag dermaßen hoch, dass sie abends Kopfschmerzen hat. 

Gegen die Litauerin Vikte Azukaite muss sie wieder mit Nachteil ins Sudden Death und glaubt schon mit einem enttäuschten Aufschrei, verloren zu haben. Doch ihr Konter war noch eben rechtzeitig für einen Doppeltreffer. Am Ende gelingt ihr der fünfte Sieg. Es folgt für sie ein kleines Finale um den Direkteinzug ausgerechnet gegen eine Kanadierin aus einer internationalen Pariser Fechtgruppe. Das ist auch ein Trainerduell, denn jener Franzose hatte im Viertelfinale der letztjährigen Weltmeisterschaft mit einem Protest im Sudden Death dafür gesorgt, dass ein Treffer von Lis Fautsch gegen die spätere brasilianische Weltmeisterin Nathalie Moellhausen fälschlicherweise annulliert wurde.  

Olympiateilnahme ungewiss

Mit mindestens einer Medaille statt dem siebten Platz bei der WM und diesen Punkten hätte sie bessere Chancen auf einen von nur zwei Weltranglistenplätzen in Tokio für europäische Einzelfechterinnen. Vergangenen Gelegenheiten will sie jedoch nicht nachtrauern, dafür fordern die aktuellen Herausforderungen wie das Sudden Death gegen Malinka Hoppe zu viel Präsenz. „Beide wollen nicht, beide zocken“, sagt ein angespannter Hans-Jürgen Hauch. Beim erfolgreichen Konter schreit auch er auf, doch weniger ausdauernd als eine Lis Fautsch, die die vielen Minuten angespannter Höchstkonzentration immer wieder aus sich rausbrüllt. Am Ende gewinnt Fautsch auch gegen Hoppe. 

Am Samstag folgt dann das Aus in der Runde der besten 64. Gegen die Italienerin Francesca Boscarelli muss sich Fautsch knapp mit 14:15 geschlagen geben. Nach den verpassten Olympischen Spielen in Rio de Janeiro wurde sie dort ein Jahr später Siebte im Weltcup, erreichte als Siebte bei der EM 2017 auch eines ihrer beiden Karriereziele und das andere bleibt die Olympiateilnahme. Diese entscheidet sich beim Qualifikationsturnier im April. Die Niederlage im 64er-Feld in Barcelona macht die Direktqualifikation über die Rangliste wohl auch rechnerisch unmöglich.

Lis’ Art zu fechten ist, auch wegen ihres Alters, eher defensiv mit Kontern und Cleverness.

Hans-Jürgen Hauch, Trainer von Lis Fautsch