Offene BühneEin ökologischer Dritter Weltkrieg und der Hof in Aufruhr: Stand-up-Comedians nehmen in Petingen alles auf die Schippe

Offene Bühne / Ein ökologischer Dritter Weltkrieg und der Hof in Aufruhr: Stand-up-Comedians nehmen in Petingen alles auf die Schippe
Die acht Künstler nahmen alles und jeden aufs Korn Foto: René Hoffmann

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Passkontrollen an türkischen Flughäfen, peinliche Dates und der großherzogliche Hof in Aufruhr – am Freitagabend haben acht Comedians alles, was nicht niet- und nagelfest ist, auf die Schippe genommen. Das Besondere: Die Auftritte waren fast alle auf Luxemburgisch.

Eine Stand-up-Comedy-Szene gibt es hierzulande nicht – und schon gar nicht mit einem Fokus auf die luxemburgische Sprache. Dagegen wollte der Petinger Tourismusbeauftragte Claude Kies etwas unternehmen und schlug prompt eine passende Veranstaltung vor. So wurde die erste „Lëtzebuerger Standup-Comedy-Open-Bühn“ hierzulande auf die Beine gestellt, die rund 100 Personen in die ehemalige Wax-Mühle in Petingen lockte.

Der Moderator des Abends, der Künstler Shay, gab selber einige Anekdoten zum Besten unter erzählte beispielsweise von Passkontrollen an den Flughäfen in der Türkei und in Spanien. Er stellte die acht Künstler vor, die stets mit einem Augenzwinkern und einer gehörigen Portion Humor auf die unterschiedlichsten Themen eingingen. So befasste sich Peter Lübken, ein IT-Experte aus Deutschland, mit der Öko-Besessenheit seiner Landsleute, die nicht davor zurückschrecken würden, einen „ökologischen Dritten Weltkrieg“ aus dem Zaun zu brechen.

Von harmlos bis derb

Besonders lustig findet der junge Comedian Denis Koslowski hingegen den Akzent der Deutschen, die Luxemburgisch sprechen. Salomon, ein US-Amerikaner, der bereits in der englischsprachigen Comedy-Szene bekannt ist, nahm die Republikaner in den Staaten aufs Korn. Die Meinungen über seinen derben Humor gehen weit auseinander, gelacht wurde aber trotzdem.

Der 31-jährige Vincent Retter, ein Luxemburger, der in Köln lebt und unter anderem Szenarien für die bekannte TV-Sendung „Big Brother“ erstellt hat, kennt sich mit luxemburgischen Eigenheiten aus und konnte sich eine Pointe über den großherzoglichen Hof im Zusammenhang mit dem soeben veröffentlichten Waringo-Bericht nicht verkneifen.

Alles ist möglich, Hauptsache man lacht

Die einzige Frau im Bunde und Künstlerin, die an diesem Abend auf Deutsch performte, war die 24-jährige Larissa Magnus, die unter anderem das Finale des „NightWash Talent Award“ für Nachwuchskünstler erreichte hat. Ihr Zusammenspiel mit dem Publikum kam gut an: Sie sprach über ihr Single-Dasein und peinliche Dates und gab am Ende noch ein Stück an der Gitarre zum Besten.

„Comedy darf alles, solange man lacht“, lautete das Motto von Prince Motiani (53), der auch vor Themen wie den Pädophilie-Fällen in der katholischen Kirche oder Witzen über Minderheiten wie Behinderte, Homosexuelle und Veganern nicht haltmachte.

„Wer sagt denn, die Luxemburger hätten keinen Humor?“

Das erste Stand-up-Comedy-Event auf Luxemburgisch kam gut beim Publikum an. „Jeder hat seinen eigenen Stil, der eine trifft sicherlich mehr den Geschmack der Leute als der andere. Insgesamt habe ich mich aber bei allen schlapp gelacht“, sagte Bruno (26) aus Esch. Nachwuchstalent Larissa Magnus, die zum ersten Mal in Luxemburg war, zeigte sich von der Herzlichkeit und dem Humor der Menschen im Saal überrascht. „Wer sagt, die Luxemburger hätten keinen Humor? Hier wird spontan sofort losgelacht. In Deutschland ist das nicht immer so“, bilanzierte die junge Frau.

Auch Claude Kies war vom Erfolg überrascht. „Ich bin überwältigt. Die Basis für ein regelmäßiges Event wurde heute gelegt.“ Ob die Comedians bei einer weiteren Auflage wieder mitmachen würden? „Auf jeden Fall“, hieß es von den Künstlern, die dann auch ankündigten, Kollegen auf die Veranstaltung aufmerksam zu machen. Noch ist Stand-up-Comedy auf Luxemburgisch eine Nische, aber die Möglichkeiten, die sie bietet, sind unendlich. Infos zur Veranstaltungsreihe gibt es auf www.facebook.com/luxembourgcomedy.

„Joss den Hellen“

„Ich habe einfach ein krankes Hirn“, meint Daniel Moutinho alias „Joss den Hellen“ auf die Frage hin, wo er seine Ideen für Auftritte herholt. Der 31-jährige Fahrlehrer aus dem Süden des Landes erzählte dem begeisterten Publikum von seiner Schulzeit und sorgte für lautes Gelächter. Er habe sich schon immer für Stand-up-Comedy interessiert und einem Freund aus Brasilien entsprechende Audio-Dateien geschickt. Dieser sei begeistert gewesen und habe ihm geraten, sein Talent zu nutzen. Das tat Daniel Moutinho – und seine kurzen Videos auf Instagram schlugen ein wie eine Bombe. Der junge Mann hat bereits über 1.000 Follower im sozialen Netzwerk. In seinen Beiträgen geht es nicht nur darum, witzig zu sein, erzählt der Künstler, sondern auch darum, den Leuten „la bonne attitude“ zu vermitteln. „Joss den Hellen“ gibt in seinen Videos Ratschläge – auf Französisch mit luxemburgischen Akzent. Inspiration holt er sich von Gesprächen mit den Fahrschülern, Reisen oder Beobachtungen im Alltag. Demnächst soll ein YouTube-Kanal hinzukommen. Seine Freunde und Familienmitglieder seien anfangs von seinem Hobby überrascht gewesen, würden ihn aber unterstützen, wo sie nur können. Den Veranstalter der „Open Bühn“ in Petingen, Claude Kies, hatte er bei einer Radiosendung kennengelernt. Weitermachen will Daniel Moutinho auf jeden Fall. „Wir sind jetzt Pioniere.“

Mehr zu „Joss den Hellen“:
www.instagram.com/jossdenhellen/
www.facebook.com/jossdenhellen/

Einer der aufsteigenden Sterne am Comedy-Himmel: Daniel Moutinho alias „Joss den Hellen“
Einer der aufsteigenden Sterne am Comedy-Himmel: Daniel Moutinho alias „Joss den Hellen“