1995 hat die Europäische Investitionsbank (EIB) die Kindertagesstätte „L’Abeille“ eröffnet. Das Gebäude, das in einem Wohnviertel auf dem hauptstädtischen Kirchberg steht, gehört der europäischen Sondereinrichtung, den Betrieb hat sie aber an einen privaten Verwalter ausgelagert, mit dem sie eine Konvention zur Finanzierung der Tagesstätte vereinbart hat. Im Laufe der Jahre hat der Verwalter mehrmals gewechselt. Die Mitarbeiter der Tagesstätte seien bei jedem Wechsel von dem neuen Betreiber übernommen worden, erklärt Pitt Bach, Zentralsekretär des OGBL-Syndikats Gesundheit und Sozialwesen.
Zuletzt war die zur Sodexo-Gruppe gehörende Crèche Attitude s.à r.l. für den Betrieb zuständig. Insgesamt betreibt die Firma eigenen Angaben zufolge rund 1.340 Kindertagesstätten, die meisten davon in Frankreich. Anfang dieses Jahres hat die EIB nun die Konvention mit Crèche Attitude gekündigt. Unter Berücksichtigung der Kündigungsfrist von sechs Monaten wird der Konventionsvertrag voraussichtlich Ende Juli auslaufen.
Zu den Gründen der Schließung erklärte am Donnerstag eine Sprecherin der EIB, dass die europäische Einrichtung ein gerechteres Angebot der Kinderbetreuung für ihre Angestellten schaffen wolle. Die Kindertagesstätte biete nur rund 100 Plätze. Wegen der seit 1995 beständig gestiegenen Nachfrage habe die EIB ihren Mitarbeitern in den vergangenen Jahren zusätzliche Plätze in privaten Kindertagesstätten bezuschusst. Trotzdem würden diese Maßnahmen lediglich 30 Prozent des Bedarfs abdecken. Mit ihren mittlerweile fast 4.000 Mitarbeitern bräuchte die EIB rund 700 potenzielle Plätze. Deshalb habe die Investitionsbank beschlossen, statt der Kindertagesstätte eine Art finanzielle Beihilfe für Angestellte mit Kleinkindern bereitzustellen.
47 Mitarbeiter direkt betroffen
Die Gewerkschaften gehen ihrerseits davon aus, dass wirtschaftliche und budgetäre Gründe für die Schließung ausschlaggebend sind. OGBL und LCBG bedauern die Entscheidung. „Die EIB scheint es wenig zu stören, dass 47 Mitarbeiter direkt von der Schließung der Tagesstätte betroffen sind“, sagt Pitt Bach. Die EIB habe im Vorfeld keine Gespräche mit den Gewerkschaften gesucht. Die Direktion der EIB habe bislang auch nicht auf Gesprächsanfragen von LCGB und OGBL reagiert. Die Leitung von Crèche Attitude habe zumindest ein Treffen in Aussicht gestellt.
„Das Schicksal der 47 Mitarbeiter der Kindertagesstätte scheint der EIB egal zu sein“, vermutet Pitt Bach. Die Beschäftigten, die im Rahmen des SAS-Kollektivvertrags angestellt sind, würden mit ihren Zukunftsängsten alleine gelassen. Wenn die Einrichtung den Betrieb einstelle, müsse ein Sozialplan für die Angestellten ausgehandelt werden. Die Sprecherin der EIB betont ihrerseits, dass die Angestellten der Tagesstätte keinen Vertrag mit der EIB, sondern mit Crèche Attitude haben. Genau wie Catering- oder Sicherheitsfirmen, die von Einrichtungen mit Dienstleistungen beauftragt werden, sei der Betreiber der Kindertagesstätte selbst für seine Angestellten verantwortlich.
OGBL-Zentralsekretär Pitt Bach weist aber darauf hin, dass man sich in diesem Fall in einer juristisch unklaren Situation befinde: „Sollte es zu einem Sozialplan kommen, müssen die Gewerkschaften zwar mit Crèche Attitude als Arbeitgeber verhandeln, andererseits wird das Budget über eine Konvention von der EIB zur Verfügung gestellt, die ja nicht gerade kurz vor der Pleite steht“, gibt Bach zu bedenken.
Ob die Konvention bereits gekündigt wurde und wann genau die Kindertagesstätte geschlossen wird, konnte die EIB gestern nicht sagen. Diese Unklarheit über ihre berufliche Zukunft erzeuge eine große Verunsicherung bei der Belegschaft der Tagesstätte, betont Pitt Bach. Neben dem Personal und Gewerkschaftsvertretern hatten auch betroffene Eltern sich der Protestaktion vor der Tagesstätte auf Kirchberg am Donnerstag angeschlossen. LL
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