WissenschaftAuch in Luxemburg benennen Forscher ihre Entdeckungen gerne nach Pop-Figuren

Wissenschaft / Auch in Luxemburg benennen Forscher ihre Entdeckungen gerne nach Pop-Figuren
Nach Pikachu ist ein Protein benannt Foto: AP Photo/Shizuo Kambayashi

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Wissenschaftler sind auch nur Menschen, die in ihrer Freizeit Hobbys nachgehen, Spiele spielen, Musik hören und Serien anschauen. Manchmal finden diese Aktivitäten Eingang in ihre Arbeit. Zum Beispiel dann, wenn Forscher ihre Entdeckungen nach Metal-Bands, „Star Trek“-Charakteren oder nach Pokémon benennen.

Wenn Wissenschaftler eine Entdeckung machen, haben sie manchmal das Privileg, sich einen Namen dafür auszudenken. Ob es sich dabei nun um ein Tier, eine Pflanze, ein Gen oder ein Krater handelt, spielt keine Rolle. Menschen haben den Drang, alles zu benennen. Manche Entdecker werden dabei kreativ und erinnern sich an ihre Lieblingsband oder eine Figur aus ihrer Lieblingsfernsehserie.

Viele, wenn auch nicht alle Wissenschaftler, die sich mit den unendlichen Weiten des Universums beschäftigen, sind gleichzeitig Science-Fiction-Fans, deshalb überrascht es nicht, dass einiges „da draußen“ nach Orten und Personen aus Science-Fiction-Serien und Romanen benannt ist.

Der Doktor (Peter Capaldi) und Clara Oswald (Jenna Coleman) vor der Raum-Zeit-Maschine Tardis aus der britischen Serie „Doctor Who“
Der Doktor (Peter Capaldi) und Clara Oswald (Jenna Coleman) vor der Raum-Zeit-Maschine Tardis aus der britischen Serie „Doctor Who“ Foto: BBC/Ray Burmiston

Richtig ausgetobt haben sie sich am Pluto-Mond Charon. Die Internationale Astronomische Union hatte 2018 zugestimmt, dass geografische Landmarken auf dem Planeten nach fiktiven Orten und Science-Fiction-Autoren benannt werden können. Seitdem gibt es auf Charon offiziell die Landmasse „Oz Terra“ („Der Zauberer von Oz“), die dunklen Flecken „Gallifrey Macula“ („Doctor Who“) und „Mordor Macula“ („Herr der Ringe“), die Ebene „Vulcan Planum“ („Star Trek“) und die Berge „Butler Mons“ (nach Octavia E. Butler), „Clarke Montes“ (nach Arthur C. Clarke) und Kubrick Mons (nach Stanley Kubrick). Einige Schluchten auf Charon sind nach fiktiven Raumschiffen benannt: „Macross Chasma“ („Macross“), „Nostromo Chasma“ („Alien“), „Serenity Chasma“ („Firefly“) und „Tardis Chasma“ („Doctor Who“).

In unbekannte Galaxien vordringen

Bereits 1976 war die Raumfähre „Enterprise“ nach dem gleichnamigen Raumschiff aus der Science-Fiction-Serie „Star Trek“ benannt worden. Ursprünglich sollte die Fähre zu Ehren der amerikanischen Verfassung „Constitution“ heißen. Nachdem der Präsident Gerald Ford „hunderttausende Briefe» von „Star Trek“-Fans erhalten hatte, die sich dafür einsetzten, dass die neue Fähre den Namen „Enterprise“ erhält, intervenierte er bei der NASA. Der Name hat außerdem Tradition. Das Raumschiff aus der Fernsehserie ist benannt nach einer Reihe von real existierenden Kriegsschiffen mit dem Namen „Enterprise“.

Es ist nicht tot, was ewig liegt

Doch nicht nur Science-Fiction-Fans dürfen sich austoben, wenn es um das Benennen von Entdeckungen geht. Auch die Horror-Fans sind kreativ. Ein einzelliges Lebewesen, das nur im Darm einer auf Kuba heimischen Termitenart vorkommt, erhielt 2012 den Namen „Cthulhu macrofasciculumque“. Die Forscher Erick James und Patrick Keeling fühlten sich von den „Tentakeln“ des Einzellers an das Wesen „Cthulhu“ aus den Geschichten des Schriftstellers H. P. Lovecraft erinnert.

Wegen seiner „Tentakel“ wurde „Cthulhu macrofasciculumque“ nach „Cthulhu“ benannt
Wegen seiner „Tentakel“ wurde „Cthulhu macrofasciculumque“ nach „Cthulhu“ benannt Bild: Rick R. James, Noriko Okamoto, Fabien Burki, Rudolf H. Scheffrahn, and Patrick J. Keeling/Creative Commons

Auch der ausgestorbene Meeresbewohner „Sollasina cthulhu» ist nach dem Wesen benannt. Die vielen Arme und die Tatsache, dass «Sollasina cthulhu» vor 430 Millionen Jahren auf dem Grund des Meeres lebte, erinnerten die Forscher wohl an die Tentakel des „Cthulhu“, wie er in der Stadt R’lyeh auf dem Grund des Pazifik schlummert.

Mit ausgestorbenen Meeresbewohnern kennen sich auch die schwedische Metal-Band Arch Enemy und ihre Sängerin Alissa White Gluz aus. Ben Thuy, Paläontologe am luxemburgischen Naturkundemuseum und Metalhead, und seine Co-Autorin, die Zoologin Sabine Stöhr vom schwedischen Naturkundemuseum, sind bei ihrer Forschung an Fossilien aus Luxemburg und Deutschland auf alte Vorfahren von „Schlangensternen“ gestoßen. Seesterne mit langen schlangenartigen Armen. Thuy benannte die Fossilien nach einer seiner Lieblingsbands und ihrer Sängerin: „Melusinaster arcusinimus“ und „Melusinaster alissawhitegluzae“. Der Konvention folgend wurden die Namen latinisiert. Bei einem Konzert 2018 in der Rockhal in Esch überreichte Thuy Alissa White Gluz ein Modell des Fossils, das auf einen schwarzen Totenkopf montiert ist.

Rock on!

Alissa White Gluz ist lange nicht die einzige Sängerin, nach der ein wissenschaftlicher Fund benannt worden ist. Man könnte aber argumentieren, dass sie es gut getroffen hat. Unter anderem wurden zwei Farne nach Lady Gaga („Gaga germanotta“ und „Gaga monstraparva“) und eine Pferdefliege nach Beyoncé Knowles („Scaptia beyonceae“) benannt. Ein blutsaugender Parasit trägt den Namen des Musikers Bob Marley („Gnathia marleyi“). Keine Fledermaus, sondern ein Frosch, der Fledermauslaute macht, wurde nach Black-Sabbath-Frontmann Ozzy Osbourne benannt („Dendropsophus ozzyi“). Nach Frank Zappa wurde das Fossil eines Schalentieres benannt („Amaurotoma zappa“).

Käfer hingegen werden erstaunlich oft nach Politikern benannt. 2005 benannten Wissenschaftler eine Reihe von Schleimpilze-Käfern (die Tiere ernähren sich von Schleimpilzen) nach dem damaligen US-Präsidenten George Bush, Vizepräsidenten Dick Cheney und Verteidigungsminister Donald Rumsfeld („Agathidium bushi“, „Agathidium cheneyi“ und „Agathidium rumsfeldi“). Bush rief einen der Wissenschaftler, Quentin Wheeler, persönlich an, um sich für die Ehre zu bedanken.

Wenig verwunderlich: Auch nach Adolf Hitler ist ein Käfer benannt („Anophthalmus hitleri“). Das bemitleidenswerte Tier lebt in Höhlen in Slowenien. Der Ingenieur, Käfersammler und Hitler-Fan Oscar Scheibel benannte das Insekt nach dem damaligen Reichskanzler „als Ausdruck (seiner) Verehrung“. Der Käfer hat aufgrund seines Namens einen gewissen Sammlerwert unter Nazis und ist deswegen bedroht.

Weniger ernst geht es zu, wenn Forscher ihre Entdeckungen nach Zeichentrickfiguren benennen. Das Protein „Pikachurin“ (nach dem Pokémon Pikachu) spielt eine wichtige Rolle bei der Interaktion von Sehzellen und Synapsen. Seine Entdecker, der Japaner Shigeru Sato und seine Co-Autoren, benannten das Protein nach dem Pokémon wegen dessen „blitzschnellen Bewegungen und seiner elektrischen Effekte“.

Malaysia statt ’ner Ananas ganz tief im Meer

Kein Schwamm, sondern ein in Malaysia wachsender Pilz wurde nach Spongebob Schwammkopf (eng.: Spongebob Squarepants) benannt („Spongiforma squarepantsii“). Der Name bezieht sich auf die schwammartige Natur des Pilzfruchtkörpers, der der beliebten Comicfigur tatsächlich ein wenig ähnlich sieht.

Kein Schwamm, sondern ein Pilz wurde nach Spongebob Schwammkopf benannt
Kein Schwamm, sondern ein Pilz wurde nach Spongebob Schwammkopf benannt Foto: Tom Bruns/CC BY-SA 3.0

Natürlich darf auch Harry Potter nicht zu kurz kommen, wenn es um leidenschaftliche Fans geht. Einige aus den Büchern von J. K. Rowling entlehnte Namen finden sich in verschiedenen Bereichen der Wissenschaft. Eine thailändische Grabwesper zum Beispiel wurde nach den bösartigen, magischen Wesen, den Dementoren, benannt („Ampulex dementor“). Die Wespe erhielt ihren Namen nicht durch den Entdecker, sondern durch Besucher des Berliner Museums für Naturkunde, die während der Langen Nacht der Museen im Januar 2012 zwischen mehreren Vorschlägen auswählen konnten. Die Aktion sollte Aufmerksamkeit für die biologische Vielfalt und die Benennung von Tieren schaffen.

Eine indische Spinne, die 2016 erstmals beschrieben wurde, wurde aufgrund ihrer Körperform nach dem sprechenden Hut aus den Harry-Potter-Büchern benannt („Eriovixia gryffindori“). Lediglich ein Exemplar (Weibchen) der Spinnenart wurde bislang entdeckt. Mit dem Namen wollten die Wissenschaftler Aufmerksamkeit für Spinnen erregen.

Mein Name ist nicht wichtig

Besonders clever waren die Namensgeber der „Fiordichthys slartibartfasti“. Der seltene Fisch kommt nur vor der Küste Fjordlands in den Fjorden Neuseelands vor. Benannt ist er nach der Figur Slartibartfast aus Douglas Adams „Hitchhiker’s Guide to the Galaxy“. In der Geschichte treffen die Helden auf dem Planeten Magrathea auf den Planeten-Designer Slartibartfast, der sich auf Fjorde spezialisiert hat. Er ist verantwortlich für die norwegischen Fjorde, für die er sogar mit einem Preis ausgezeichnet worden ist. Ursprünglich war „Hitchhiker’s Guide to the Galaxy“ ein Hörspiel in der BBC. Adams wollte, dass der Name möglichst schroff klingt. Außerdem wollte er, wie er später zugab, die Sekretärin seines Produzenten ärgern, die den Namen mehrmals abtippen musste, obwohl der Charakter gleich am Anfang sagt, dass sein Name nicht wichtig ist.