Luxemburger Wirtschaft im Jahr 2020Handelskammer: „Ein gefährlicher Cocktail”

Luxemburger Wirtschaft im Jahr 2020 / Handelskammer: „Ein gefährlicher Cocktail”
Die Luxemburger Handelskammer erwartet, dass 2020 ein schwieriges Jahr für die Unternehmen wird  Foto: Julien Garroy/Editpress

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Die Luxemburger Handelskammer schaut mit einer gewissen Sorge auf das kommende Jahr. Im Jahr 2019 habe sich die nationale Wirtschaft, im Vergleich zu einer langsamer drehenden Weltwirtschaft, noch gut schlagen können, erklärt sie. Für das Jahr 2020 seien die Anzeichen jedoch negativ. Hinzu kommen strukturelle Probleme.

Chinas Wachstum befindet sich seit mehreren Jahren in einem langsamen Abwärtstrend, so die Handelskammer am Mittwoch vor Journalisten. Die lange Phase der US-Wirtschaftsexpansion gehe ebenfalls auf ihr Ende zu. Die Verlangsamung sei auch in der Europäischen Union bereits eine greifbare Realität. Deutschland, das nach wie vor der Motor der europäischen Wirtschaft sei, sei eines der am stärksten betroffenen Länder, so die Vertreter der Unternehmen.

Die Handelskammer rechnet damit, dass sich die weltweit langsamer wachsende Wirtschaft 2020 auch hierzulande bemerkbar macht. „Das Geschäftsklima ist sowohl international als auch national von Unsicherheit geprägt“, schreibt sie. Eine offene Volkswirtschaft wie Luxemburg werde von einem solchen Klima logischerweise getroffen. Mit einer Rezession rechnet die Kammer jedoch nicht.

Fachkräftemangel wird immer mehr zum Problem

„Es ist weniger der Abschwung an sich, der uns Sorgen bereitet”, so Carlo Thelen, Direktor der Handelskammer, gegenüber dem Tageblatt. „Dass ein Abschwung kommt, ist allgemein bekannt.“ Besorgt sei man jedoch, dass die bestehenden strukturellen Probleme des Landes die Situation vieler Unternehmen zusätzlich verschlechtern könnten. „Das ist ein gefährlicher Cocktail”, so Thelen. Die Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität Luxemburgs lassen nach, während die Kosten der Unternehmen steigen.

Als die beiden größten strukturellen Herausforderungen bezeichnet die Kammer den Mangel an Fachkräften, sowie die Entwicklung der Arbeitskosten. „Jedes Jahr wird das Thema Talente und Einstellungsbedarf für Unternehmen immer wichtiger“, so die Kammer. „54 Prozent der Unternehmen hatten in letzter Zeit große Schwierigkeiten bei der Rekrutierung und fast 90 Prozent haben zumindest einige Schwierigkeiten.“ Außerdem klagt sie über stagnierende Produktivität, Überregulierung und immer noch aufwendige Verwaltungsverfahren. Zudem ist Luxemburg in Europa „eines der Länder mit hohen Steuersätzen für Unternehmen und Privatpersonen“, was nicht gut für die Attraktivität des Standortes sei.

Wohnen und Mobilität bremsen Produktivität

Besorgt ist die Handelskammer, dass das Wirtschaftswachstum durch zu langsame Fortschritte in den Bereichen Wohnen und Mobilität behindert wird. Gemeinsam mit dem Mangel an qualifizierten Arbeitskräften sei dies auch eine Erklärung für die Stagnation der Produktivität in Luxemburg in den letzten 15 Jahren, glaubt sie. Auf den Straßen gebe es keinen Platz für neue Beschäftigte, Lieferungen kämen zu spät und der Weg in die Geschäfte sei beschwerlich. Diese sogenannten Reibungsverluste schätzt die Handelskammer auf 1,4 Milliarden Euro pro Jahr.

Bei den Zukunftsplänen der Regierung gibt man sich vorsichtig: Die Hauptprojekte der Regierung – Steuerreform, Wohnungsbau, Klimagesetz und sektorale Masterpläne – bringen ebenso viele Versprechungen wie die Sorge, dass die Hoffnungen enttäuscht werden können, schreibt die Kammer. „Wir kommen nicht voran“, so Thelen. Früher sei Luxemburg für seine Flexibilität und seine kurzen Wege bekannt gewesen. Heute jedoch sei der politische Entscheidungsprozess starr geworden. „Die Strukturen sind rigide geworden.“

Insgesamt wünscht sich die Handelskammer, dass sieben Schlüsselprojekte in Angriff genommen werden, um den Unternehmen zu helfen, sich den Herausforderungen des Jahres 2020 zu stellen. Dazu zählen Unterstützungsmaßnahmen für kleine und mittlere Unternehmen, gezielte sektorielle Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel, mehr Initiativen für Effizienzsteigerungen durch Digitalisierung, eine vorhersehbare Steuerpolitik, eine Kontrolle von Arbeitskosten und Steuern sowie eine Landesplanung, die die wirtschaftliche Entwicklung mit in Betracht zieht.

Auch der derzeitige Entwurf eines neuen Insolvenzgesetzes, an dem seit 2013 geschrieben wird, entspreche in seiner jetzigen Form nicht den Bedürfnissen der Wirtschaft, so die Kammer weiter. „Das Konkursrecht sollte auf dem Prinzip der zweiten Chance beruhen, wie es in den meisten entwickelten Volkswirtschaften der Fall ist.”

Cornichon
21. Januar 2020 - 14.23

Ich finde nicht dass die Strukturen rigide geworden sind, es herrscht überall Chaos. Rigide wäre schön. Die Resultate haben sich in den letzten Jahren nur leicht verbessert, die Arbeitsprozesse sind aber zum reinsten Chaos verkommen. Vertrauen zwischen Direktion und Personal ist gleich null, der "Gestionnaire" im ursprünglichen Sinn gibt's nicht mehr. Merkt euch eins liebe Politiker: "Glücklich macht ihr die Leute nur, wenn sie mehr verdienen und weniger arbeiten müssen." Momentan läuft aber alles in die andere Richtung.