Alibaba-Gründer Jack MaVom Wohnzimmer-Start-up zur größten E-Handelsplattform

Alibaba-Gründer Jack Ma / Vom Wohnzimmer-Start-up zur größten E-Handelsplattform
Jack Ma führt 2017 bei einer Betriebsfeier ein Lied von Michael Jackson auf Foto: AFP/Kelly Wang und Dan Martin

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Vor der Jahrtausendwende war Jack Ma Englischlehrer in einer chinesischen Provinzstadt. Nur wenige Jahre später nennt das Wirtschaftsmagazin Forbes den Milliardär den „Godfather des chinesischen Unternehmertums“. Das Tageblatt sah sich die Alibaba-Erfolgsgeschichte genauer an.

Jack Ma (chinesischer Name: Ma Yun) wurde in eine Zeit des Mangels hineingeboren. Das China des Jahres 1964 war von den Misserfolgen und der Fehlwirtschaft des „Großen Sprungs nach vorn“ geprägt. Mao sollte noch für zehn weitere Jahre in seinem Amt bleiben.

Beide Eltern waren Musiker und Geschichtenerzähler, Anhänger einer traditionellen Kunstform, die damals verboten war. Der spätere Internetmilliardär war auch kein guter Schüler. Im Fach Mathematik soll er sogar schlecht gewesen sein. Englisch mochte er. Im kommunistischen China waren dies nicht die besten Voraussetzungen für späteren materiellen Erfolg.

Fabrikverkauf auf Chinesisch: Die Plattform verbindet Hersteller und Endverbraucher
Fabrikverkauf auf Chinesisch: Die Plattform verbindet Hersteller und Endverbraucher Foto: Screenshot

Während neun Jahren soll Ma Yun jeden Tag mit dem Fahrrad zum Hangzhou Hotel geradelt sein, um den Gästen gratis Führungen in Englisch anzubieten, so die Legende. So konnte er sein Englisch verbessern. Zweimal hatte er sich für ein Universitätsstudium beworben, zweimal wurde er abgelehnt.

Internet-Start-up

Schlussendlich bekam Ma einen Ausbildungsplatz in einer Lehrerschule zugewiesen. Sein Diplom für Englischlehrer erhielt er im Jahr 1988. Sechs Jahre später war er es leid, für 12 Dollar pro Monat Sprachunterricht zu geben. Laut Financial Times gründete er einen Übersetzungsdienst und ging in die USA.

In den 1990ern war es chinesischen Medien untersagt, über das damals noch neue Internet zu berichten. In den USA erlebte Ma jedoch die Boom-Phase der „New Economy“, die Zeit der ersten digitalen Revolution. Er fasste den Entschluss, sich in diesem Bereich zu versuchen. Zurück in China gründete er ein Online-Unternehmen.

Der Erfolg blieb jedoch aus. Heute macht er keinen Hehl daraus, dass sein Leben durch zahlreiche Rückschläge und Niederlagen geprägt war. In Interviews betont er gerne, dass er zehnmal an der Harvard University abgelehnt wurde. Seine ersten Internetfirmen entwickelten sich nicht in die gewünschte Richtung, Ma wechselte in das Handelsministerium.

The internet is like a glass of beer: it tastes best when there are bubbles in it

Jack Ma, Gründer von Alibaba

Eines Tages bekam er den Auftrag, einem Amerikaner die große Mauer zu zeigen. Es stellte sich heraus, dass es sich um Jerry Yang handelte, einen der Gründer von Yahoo und späteren Investor. Dieses Treffen soll auf Ma einen solchen Eindruck hinterlassen haben, dass er sich erneut an die Gründung eines Internetunternehmens wagte, so die Legende.

Im Jahr 1999 war es dann so weit. Mit 17 anderen Personen und 60.000 Dollar Startkapital gründete Ma in seiner Privatwohnung (er besaß wohl keine Garage) das Unternehmen Alibaba. Die Geschäftsidee: kleine und mittlere Unternehmen aus China direkt mit Händlern in Übersee zu verbinden. Nur fünf Jahre später war Alibaba die größte B2B-Handelsplattform der Welt.

Im Jahr 2003 gründete er die C2C-Plattform Taobao, eine Art chinesisches Ebay. Heute ist Taobao eine der am meisten angeklickten Internetseiten der Welt und die größte E-Handelsplattform überhaupt. Im Jahr 2016 haben die Konsumenten in China für 485 Milliarden Dollar über Alibaba-Plattformen eingekauft. Zum Vergleich: Der Umsatz aller amerikanischen Onlinehändler zusammen betrug im Jahr 2015 „nur“ 341 Milliarden Dollar.

Im Jahr 2010 gründete Ma die B2C-Plattform AliExpress, die erstmals die End-Konsumenten außerhalb Chinas direkt anspricht. Hier treffen kleine und mittlere Unternehmen aus China auf Verbraucher auf der ganzen Welt.

Auch diese Geschäftsidee sollte sich als erfolgreich herausstellen. Auf AliExpress findet der globale Verbraucher alles, was die Fabriken in China herstellen – direkt beim Hersteller. Im Gegensatz zu Amazon, einem Onlinehändler, ist AliExpress nur eine Plattform, die Anbieter und Kunden zusammenbringt. Zwischenhändler werden nicht mehr gebraucht.

Dies führt zu besseren Preisen für beide Seiten: Hersteller und Endverbraucher. Eine Flut an Paketen fließt seit der Freischaltung des Internetshops aus China in die ganze Welt. Mit einem Anteil von 13 Prozent sind die USA der größte Einzelmarkt für die chinesischen Onlinehändler. 10 Prozent des Umsatzes werden in Russland gemacht. Der größte Markt in Europa ist Spanien.

Im Jahr 2010 erscheint Jack Ma erstmals auf der Forbes-Milliardärsliste. Heute belegt er den 22ten Platz. Sein Vermögen wird auf 44,4 Milliarden Dollar geschätzt. Im September 2018 gab er bekannt, dass er von der Spitze der Alibaba Holding zurücktreten wolle und sich anderen Projekten zuwenden werde.

In mehreren Interviews zeigte er sich zunehmend besorgt über „die ungezügelte Umweltverschmutzung in China“ und gab an, sich und sein Vermögen in philanthropische Projekte zu investieren. Er spendete mehrere Milliarden Dollar an Projekte aus den Bereichen Umwelt, Medizin und Bildung. Seither ist Daniel Zhang für die Zukunft der Alibaba-Gruppe verantwortlich.

AliExpress und Luxemburg

AliExpress hat ebenfalls in Luxemburg Kunden – und auch Probleme. Da sich die Händler, die ihre Waren auf der Plattform anbieten, meist außerhalb der EU befinden, werden bei der Einfuhr nach Luxemburg eigentlich Zölle fällig. In der Praxis ist dies jedoch nicht immer der Fall. Nur bei einem Bestellwert von über 20 Euro sind Zollnachzahlungen zu erwarten. Aus diesem Grund siedeln sich immer mehr Händler im europäischen Wirtschaftsraum an und zahlen Einfuhrsteuern wie andere Onlinehändler auch. Produktfälschungen sind ein weiteres Problem, mit dem der luxemburgische Zoll zu kämpfen hat und an dem AliExpress Mitschuld trägt. Im Januar hatte die ULC Klage gegen die sieben europäischen E-Commerce-Sites des chinesischen Unternehmens Alibaba/AliExpress, auf denen luxemburgische Verbraucher Bestellungen aufgeben können, eingereicht. Die Verbraucherschützer fordern die Einhaltung des europäischen Rechtes wie z.B. der 14-tägigen Widerrufsfrist und der Garantie von mindestens zwei Jahren.

Im Jahr 2019 besuchte Jack Ma Luxemburg und wurde von Xavier Bettel empfangen
Im Jahr 2019 besuchte Jack Ma Luxemburg und wurde von Xavier Bettel empfangen Foto: Tageblatt-Archiv