Das Geheimnis der Linkshänder: Bestimmen Gene, welche Hand wir bevorzugen?

Das Geheimnis der Linkshänder: Bestimmen Gene, welche Hand wir bevorzugen?

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Wissenschaftler sind dem Geheimnis der Linkshänder auf der Spur. Es ist ihnen nun zum ersten Mal gelungen, Gene auszumachen, die die Händigkeit mitbestimmen.

Rund 90 Prozent der Menschen sind Rechtshänder. Obwohl Linkshändigkeit also gar nicht so selten ist, gelten Rechtshänder als die Norm und Linkshänder als Sonderfall. Im Alltag spielt das meistens keine Rolle. Von Zeit zu Zeit aber taucht ein Gegenstand auf, der Linkshändern überdeutlich macht, dass die Welt nach den Regeln der Rechtshänder funktioniert.

Das fängt bereits beim Schreiben an. Besonders das Schreiben mit Füllfeder und Tinte ist für Linkshänder ein Ding der Unmöglichkeit, ohne dabei mit der Schreibhand über die Schrift zu wischen oder die Hand unmöglich zu verdrehen. Auch ergonomische Scheren sind in der Regel nur in der Rechtshänderversion erhältlich. Bedruckte Tassen, zum Beispiel solche mit einem Firmenlogo, sind meist so bedruckt, dass das Logo nach vorne zeigt, wenn ein Rechtshänder die Tasse hält. Auch Kugelschreiber mit Firmenlogo richten sich an Rechtshänder. Linkshänder sehen Logos meistens verkehrt herum.

Geigen und Tassen

Auch Musiker, die Linkshänder sind, kennen das Problem. Sie müssen sich entweder an ein Rechtshänderinstrument gewöhnen oder sich innerhalb einer kleineren Auswahl von Instrumenten entscheiden und damit leben, dass Diagramme in Lehrbüchern spiegelverkehrt zu ihrem Instrument sind.

Vor nicht allzu langer Zeit galt das Schreiben mit der linken Hand noch als „falsch“. Linkshänder wurden in der Schule gezwungen, mit der rechten – der „guten“ Hand – zu schreiben.

In den letzten Jahren sind in Luxemburg Kaffeetassen mit einem völlig unnötig geschwungenen Griff populär geworden. Was Rechtshänder kaum bemerkt haben werden, macht es Linkshändern schier unmöglich, einen Kaffee zu genießen, ohne sich dabei die Finger zu verbrennen. Zwar gibt es die „Tasse“ auch für Linkshänder, allerdings denkt wohl niemand daran, einen „Kaffee für Linkshänder“ zu bestellen.

In einer in der Fachzeitschrift „Brain“ veröffentlichten Untersuchung sind Forscher der Universität Oxford dem Phänomen der Händigkeit in den Genen nachgegangen. Dazu haben sie die Gene von rund 400.000 Menschen untersucht. 38.332 von ihnen waren Linkshänder, 356.567 zählten zu den Rechtshändern und 44.631 waren beidhändig. Die Daten stammen aus der UK Biobank, einer Langzeitstudie, die die genetischen Daten von rund 500.000 Freiwilligen aus Großbritannien erfasst hat.

Vier Gene kontrollieren, welche Hand wir bevorzugen

Die Forscher konnten vier verschiedene Gene ausmachen, die mit der Händigkeit korrelieren. Drei dieser Gene spielen eine Rolle bei der Entwicklung des Gehirnes. Bei ihren Untersuchungen machten die Forscher allerdings noch andere interessante Entdeckungen.
Die Orte, an denen sich die Gene befinden (loci), werden mit der Entstehung von Parkinson und verschiedenen psychischen Erkrankungen in Verbindung gebracht. Es könnte sein, dass Linkshänder weniger anfällig sind für Parkinson, dafür aber umso mehr für Schizophrenie.

Wissenschaftler haben schon lange den Verdacht, dass Linkshändigkeit und verschiedene psychische Erkrankungen in Verbindung stehen. Die Forscher aus Oxford wollen sich hier allerdings nicht festlegen, bevor nicht weitere, genauere Studien zu diesem Thema gemacht worden sind. Daneben konnten sie nachweisen, dass bei Linkshändern die Hirnregionen, die mit Sprache in Verbindung stehen, stärker vernetzt sind. Ob die Betroffenen dadurch einen Vorteil bei sprachlichen Aufgaben haben, ist unklar.
Händigkeit ist kein rein menschliches Phänomen. Auch andere Tiere haben eine Pfote oder Klaue, die sie bevorzugen. Dass allerdings die überwältigende Mehrheit der Menschen in die gleiche Richtung tendiert, ist eine rein menschliche Eigenschaft. Forscher gehen davon aus, dass dies damit zusammenhängt, dass das Sprachzentrum in der linken Gehirnhälfte liegt.
Genau wie bei Händen haben die meisten Menschen auch eine Vorliebe für den linken oder den rechten Fuß. Das zeigt sich zum Beispiel beim Fußballspiel, je nachdem mit welchem Fuß ein Spieler den Ball lieber kickt, oder beim Skateboarden, je nachdem welcher Fuß vorne auf dem Brett steht. Forscher der Uni Wien fanden in einer Studie mit rund 1.300 Teilnehmern heraus, dass 61,6 Prozent der Teilnehmer Rechtsfüßer waren, 30,2 Prozent beidfüßig und 8,2 Prozent Linksfüßer. Die Wissenschaftler stellten fest, dass jüngere Menschen öfters beidfüßig sind als ältere und dass Männer öfters beide Füße einsetzen als Frauen.

Unhöfliche Kultisten

In manchen Ländern werden Linkshänder immer noch komisch angesehen und umgewöhnt. Derzeit kämpfen in Nigeria Aktivisten für mehr Verständnis für Linkshänder und haben sich an die Regierung gewandt. Aktivistin Adesola Oyinloye-Ndu sagte dem nigerianischen Sender TVC News: „In unserer Kultur werden Linkshänder manchmal als böse angesehen und werden beschimpft.“

Einige Menschen seien der Meinung, nur Kultisten benutzten die linke Hand. In Nigeria gilt es außerdem als unhöflich, jemandem etwas mit der linken Hand zu reichen. „Linkshänder sind intelligente Menschen“, so Oyinloye-Ndu.

Die Idee, dass Linkshänder intelligenter sind als Rechtshänder, konnte die Wissenschaft bislang nicht bestätigen. In einer Metastudie, die im Fachblatt „Neuroscience & Biobehavioral Reviews“ veröffentlicht wurde, kamen Forscherinnen aus Athen zu dem Schluss, dass es keinen nennenswerten Unterschied zwischen Links- und Rechtshändern gibt, was ihren IQ angeht.