„Ich arbeite mit Menschen und nicht mit Maschinen“: Die Digitalisierung hält Einzug in das soziale Arbeiten

„Ich arbeite mit Menschen und nicht mit Maschinen“: Die Digitalisierung hält Einzug in das soziale Arbeiten

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Die Digitalisierung hält Einzug in die Sozialarbeit. Während einige Praktiker auf dem Gebiet skeptisch sind, finden andere, man müsse alle zur Verfügung stehenden Methoden nutzen, um den Menschen zu helfen.

In der Gemeinschaft der Sozialarbeiter gibt es Vorbehalte gegenüber moderner Technik. Manchmal höre man Aussagen wie „Ich arbeite mit Menschen und nicht mit Maschinen“, erzählt Manou Flammang, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Praxisbüros der Universität. Dabei sei die Frage, ob eine Digitalisierung der sozialen Arbeit erwünscht ist, längst obsolet. Die Digitalisierung sei längst in der Praxis von Streetworkern und Organisationen angekommen. Nun gelte es für die Sozialarbeiter, ihr Selbstverständnis zu überdenken.
An der Uni fand am Donnerstag zum siebten Mal ein Praxis- und Kontakttag statt.

95 Organisationen aus dem sozialen Bereich waren an die Uni gekommen, um sich den Studierenden vorzustellen und sich mit ihnen zu vernetzen. Bildungsminister Claude Meisch (DP) und die ehemalige Europapolitikerin Mady Delvaux (LSAP) wohnten der Veranstaltung bei und hielten jeweils eine Rede. Im Fokus stand in diesem Jahr das Zusammenspiel von sozialer Arbeit und Digitalisierung.

Kontaktaufnahme mit Klienten 

Digitalisierung kann im sozialen Bereich zum Beispiel bei der Kontaktaufnahme mit Klienten benutzt werden, meint Manou Flammang – das sogenannte „Aufsuchen der Arbeit“. Ein Teil des Lebens der Klienten finde längst in den sozialen Medien statt. Es gelte, dort präsent zu sein. Das habe Vor- und Nachteile. Die Klienten seien zum Beispiel offener, trauten sich von ihrem Bildschirm aus, mehr zu sagen. Allerdings fehlten dem Sozialarbeiter wichtige Hinweise wie Mimik und Gestik. Eine Mischung aus Online- und Face-to-face-Beratung sei deshalb angebracht. Dass es heute mehr Kanäle gibt, über die Menschen erreicht werden können, sei grundsätzlich eine Bereicherung, sagt sie.

Auch bei der Verwaltung von Fällen könnte Software eine Hilfe sein. Flammang hat allerdings die Erfahrung gemacht, erzählt sie, dass Software oft nicht gut ist und nicht die Möglichkeit bietet, die Einträge zu machen, die man machen möchte. Das liege auch daran, dass die Software nicht von Praktikern gemacht sei. Sie fordert deshalb diese auf, sich in die Erstellung solcher Programme einzubringen. Sie selbst habe an einem solchen Programm mitgearbeitet und stelle fest, dass sie dadurch drei Stunden am Tag einsparen kann, die sie sonst mit dieser Arbeit zugebracht hätte.

In den USA werde mittlerweile vielerorts Software benutzt, um das Risiko einer Kindeswohlgefährdung einzuschätzen. Das könne den Sozialarbeitern helfen, Schwerpunkte zu setzen, wo ein Hausbesuch am dringendsten notwendig ist. Am Ende entscheidet allerdings immer noch der Sozialarbeiter. Die Software liefert nur eine Empfehlung.

Risiken

Die Technik berge aber auch Risiken, so Flammang. Es dürfe nicht passieren, dass die Technik die Arbeit diktiere und Sozialarbeiter entmündigt. Maschinen müssten Sozialarbeiter unterstützen – und nicht ersetzen. Außerdem sieht sie die Gefahr eines „Digital Divide“, also einer Spaltung der Gesellschaft zwischen jenen, die Zugang zu neuen Techniken haben und damit umgehen können, und jenen, die keinen Zugang haben und nicht wissen, wie diese Technik genutzt werden kann.

Digitalisierung passiere, so die Expertin. Aus Sicht der Sozialarbeiter gelte es nun, sie mitzugestalten, um sie sich nicht vorschreiben zu lassen. Dann könne die Technologie ein „integrativer Bestandteil der modernen Sozialarbeit“ werden. Es gelte, alle Methoden auszuschöpfen, die dazu beitragen, den Menschen zu helfen.

Dass Maschinen den Menschen nicht ersetzen können, glaubt auch die ehemalige Europapolitikerin Mady Delvaux. „Eine Maschine ist nicht intelligent. Es hat keinen Zweck, mit einem Computer zu streiten, wenn er nicht funktioniert“, sagt sie. Ein Computer könne bestenfalls verschiedene Funktionen des Gehirns simulieren. Und: „Ein Roboter hat keine Gefühle. Er simuliert Gefühle.“

Delvaux war im Europaparlament u.a. für Robotik und künstliche Intelligenz zuständig. Sie ist der Meinung, dass jede Organisation, die mit künstlicher Intelligenz arbeitet, sich ein Ethikkomitee geben muss. Sie findet nicht, dass jeder Mensch programmieren können muss. Allerdings solle jeder die Grundzüge der digitalen Technologien kennen, um sorgsam damit umgehen zu können.

Mensch im Mittelpunkt

Die soziale Arbeit müsse den Menschen in den Mittelpunkt stellen, meint Petra Böwen, Leiterin des Praxisbüros der Uni. Die Frage müsse lauten: „Was kann die Technik leisten, damit sich der Sozialarbeiter seiner Kernaufgabe widmen kann?“

Das Praxisbüro sieht sich selbst als „Schnittstelle zwischen der Universität und den vielfältigen Akteuren in Praxis und Politik“. Es bietet „Information, Beratung, Unterstützung und Kooperation für Studierende, Hochschulmitarbeiter, Vertreter der Praxis und der Politik und die interessierte Öffentlichkeit“.

Unter den Organisationen, die sich am Donnerstag den Studierenden präsentierten, waren so vielfältige Akteure wie das Rote Kreuz, die Arbeitnehmerkammer, die „Œuvre nationale de secours Grande-Duchesse Charlotte“ sowie die „Stëmm vun der Strooss“.

Jacques Zeyen
28. Oktober 2019 - 11.00

" Im digitalen Zeitalter bilden die Schulen in ihren Tablet-Klassen Kinder und Judendliche nicht zu mündigen Bürgern,die den totalitären Versuchungen der Internet-Konzerne widerstehen könnten,sondern machen sie zu deren Agenten. Es beginnt also schon im Kindesalter.Nutzen als Ziel und Zweck der Bildung. Kognitive Ressourcen werden für den Arbeitsmarkt aufbereitet.Sofern sie für den Markt von Nutzen ist wird Bildung eingefordert. So wird Arbeit zur Tugend und Müßiggang zum Laster.Ein voller Terminkalender als Statussymbol und Burnout als ehrenhafte Krankheit." ( Bildung als Provokation - KP Liessmann ) Wir arbeiten also mit Menschen,nicht mit Maschinen. Das Smartphone oder Tablet als zwischenmenschliche Beziehung? Wer kennt sie nicht,die vollverkableten Kinder mit starrem Blick auf die Mattscheibe.Sei es auf der Straße,im Pausenhof oder im Wartesaal eines Arztes. Man ist hier bereits "Maschine". Eigenständiges Denken oder Aneignen einer Wissensgrundlage durch Bücher lesen wird durch den schnellen Zugriff auf dem Smartphone ersetzt. Wiki und Google wissen alles. Fragen sie einmal zehn Sechzehnjährige wer Aristoteles war,nachdem sie ihnen das Smartphone abgenommen haben.Maschinen oder Menschen?