Zwischen Hektik und Geduld: Alltag am Filmset der Serie „Cellule de crise“

Zwischen Hektik und Geduld: Alltag am Filmset der Serie „Cellule de crise“

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In Esch und auf Belval finden seit einigen Tagen Dreharbeiten zur Serie „Cellule de crise“ statt. Der Polit-Thriller ist eine schweizerisch-belgisch-luxemburgische Koproduktion. Ein Einblick in den Alltag am Set verrät, dass die Mitarbeiter einerseits ständig unter Zeitdruck stehen, andererseits aber auch viel warten müssen.

Montagnachmittag, 21. Drehtag. Setting: der Campus Belval, der später in der Serie als Universität Freiburg ausgegeben wird. Das rund 50-köpfige Team hat gerade im Catering-Zelt zu Mittag gegessen. Vor dem Eingang des Verwaltungsgebäudes soll die nächste Szene mit dem französischen Schauspieler André Dussollier und der Schweizer Schauspielerin Isabelle Caillat gedreht werden.

Im Mittelpunkt der Serie, die sich aus sechs Folgen von jeweils 48 Minuten zusammensetzt, stehen humanitäre Hilfsorganisationen. Nachdem der Präsident einer wichtigen Schweizer Hilfsorganisation bei einem Attentat im Jemen ums Leben gekommen ist, muss seine Nachfolge gesichert werden.

„In der Szene, die wir jetzt drehen, bietet Vizepräsident Kessel (André Dussollier) der Universitätsprofessorin Suzanne (Isabelle Caillat) an, ihre Kandidatur für den Präsidentenposten zu stellen“, erklärt Line Producer Raquel Morte, die für die belgische Produktionsfirma „Entre Chien et Loup“ arbeitet, dem Tageblatt.

Die Serie ist eine Koproduktion von RTS („Radio Télévision Suisse“), der Schweizer Produktionsfirma „Tipi’mages“, „Entre Chien et Loup“ aus Belgien und „Samsa Films“ aus Luxemburg. Obwohl das Großherzogtum in der Serie nicht erwähnt wird, spielt es eine große Rolle: 32 von 60 Drehtagen finden hierzulande statt – unter anderem in Esch und auf Belval. Davor wurde in der Schweiz gedreht, hauptsächlich in Genf, nächster Stopp ist Marokko. „Es ist eine Bedingung des Filmfonds, dass die Hälfte der Drehtage plus eins in Luxemburg stattfinden“, erklärt Morte.

Ein ganzer Drehtag für rund sechs Minuten

Es ist windig zwischen den Gebäuden der Uni auf Belval. Das gesamte Team, allen voran die Schauspieler, frieren. Die Kostüme von Isabelle Caillat und André Dussollier sind auf sonniges Herbstwetter ausgelegt. Beim Probedurchlauf tragen beide dicke Jacken. Kurz bevor die Kameras laufen, legen sie diese ab. Die Klappe fällt. Doch plötzlich wird der Dreh gestört. Wegen eines Geräuschs muss die Aufnahme wiederholt werden. „Bedeckt die Schauspieler, ihnen ist kalt“, ruft Regisseur Jacob Berger. Dann heißt es warten, bis alles wieder bereit ist. Während dieser Zeit hüllen sich die Schauspieler wieder in ihre Jacken.

„Ein sehr großer Teil der Arbeit am Set besteht daraus, zu warten“, sagt Morte. An einem Drehtag wie dem am Montag, der von 11.30 bis 20.30 Uhr dauert, kommen am Ende im Durchschnitt nur sechs brauchbare Minuten für die Serie zustande. Bei einem Spielfilm sind es durchschnittlich sogar nur zwei bis drei. Ironisch, steht das Team doch gleichzeitig unter hohem Zeitdruck. Das Material für die sechs Folgen von je 48 Minuten muss in 60 Drehtagen im Kasten sein. „Jeder weitere Tag kostet enorm viel Geld“, sagt Raquel Morte. Als Line Producer ist sie dafür zuständig, dass das Budget eingehalten wird, aber auch organisatorische und logistische Belange fallen unter ihren Aufgabenbereich.

Auf die Kleinigkeiten achten

Doch nicht nur Geld setzt ein Filmteam unter Druck, auch die Jahreszeiten spielen eine Rolle. Marie Chaduc ist Script Supervisor. Sie achtet darauf, dass die Kontinuität des Films aufgeht. Das ist besonders wichtig, weil verschiedene Szenen später in der Serie direkt aufeinander folgen, zwischen den Dreharbeiten jedoch Wochen liegen können.
Chaduc muss dafür sorgen, dass später in der Serie alles zusammenpasst. Es darf nicht in Strömen regnen und zwei Minuten danach die Sonne scheinen. Auch bunte Herbstblätter im Hintergrund dürfen nicht plötzlich saftig grün sein.

Chaduc behält jedes kleine Detail im Auge. Zum Beispiel den Schal eines Schauspielers oder eine Tür im Hintergrund, die nicht auf einmal geschlossen sein soll. Sie übt diesen Beruf seit 20 Jahren aus. „Am Anfang meiner Karriere habe ich nächtelang nicht geschlafen, weil ich ständig Angst hatte, ein Detail übersehen zu haben“, erzählt sie. „Inzwischen bin ich darin viel entspannter.“ Sie habe gelernt, Kleinigkeiten hinzunehmen, da sich während der Montage noch viele Dinge ändern könnten, auf die sie keinen Einfluss mehr haben kann.

Script Supervisor ist nur eine von vielen Aufgaben, die am Set übernommen werden müssen. Die Bereiche Kostüme, Make-up und Haare werden in der Regel von jeweils einem Postenchef geleitet, der während der gesamten Dreharbeiten dabei ist. Seine Assistenten sucht sich der Postenchef dann im jeweiligen Land, in dem gerade gedreht wird, aus. Insgesamt arbeiten an den 32 Drehtagen hierzulande rund 30 Luxemburger im 50 Mann starken Team. Am Montag waren noch 30 Statisten dabei, am Dienstag sogar 100.

Dreh bei einem Escher daheim

Nicht nur Personal und Statisten der Serie stammen aus Luxemburg, auch der eine oder andere Escher musste sein Haus für ein paar Tage der Filmcrew zur Verfügung stellen. Unter anderem Steve Faltz: „Wir hatten auf einmal einen Zettel im Briefkasten, unser Haus muss den Serienmachern also gefallen haben“, sagt er.

Faltz stimmt einer Besichtigung zu. Es stellt sich heraus, dass sich das Gebäude ideal für die Serie eignet. Dass die Möbel leicht zu verschieben sind und ein Teil der Dekoration zur Geschichte passt, habe sicherlich dazu beigetragen. Die Crew entfernt die Hälfte der Bilder an den Mauern und schleppt viele Möbel heraus. „Das oberste Stockwerk haben sie nicht gebraucht, sodass wir während der Aufbauarbeiten noch zu Hause wohnen konnten“, erzählt Faltz. Das sei teilweise schon komisch gewesen. „Es war aber auch irgendwie cool, in einer Filmkulisse zu wohnen.“

Als die Dreharbeiten beginnen, zieht die Familie Faltz ins Seven-Hotel auf dem „Gaalgebierg“. Dort bleibt sie vier Nächte lang. „Das war wie ein kleiner Urlaub zu Hause“, sagt Steve Faltz, der seit Dienstag wieder im trauten Heim ist, lachend. Es sehe alles aus wie vorher – als sei nie jemand dort gewesen.