ForumMeinung: Alarm! Alarm! „Gewerkschaftsstaat“ im Anmarsch! 

Forum / Meinung: Alarm! Alarm! „Gewerkschaftsstaat“ im Anmarsch! 
Der Bruch der Patronatsvertreter (hier UEL-Präsident Nicolas Buck) mit dem sozialen Dialog bezeichnet André Roeltgen als skandalöse  Kriegserklärung  Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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Im Verlauf der letzten 40 Jahre hat der soziale Dialog nur zu Niederlagen für das Patronat geführt. Sagte am 18. September der Präsident der UEL ins Gesicht des Arbeitsministers und der Präsidenten der national repräsentativen Gewerkschaften und verkündete kurzerhand, dass ab jetzt für die Arbeitgeberseite die Dreierverhandlungen im „Comité Permanent du Travail et de l’Emploi“ (CPTE) Vergangenheit seien.

André Roeltgen, Präsident des OGBL

Aus dem Mund eines führenden Vertreters der Arbeitgeberseite hat es, meines Wissens, eine solche Interpretation des Wirkens und der Bilanz des luxemburgischen Modells der sozialen Partnerschaft noch nicht gegeben. Diese, gelinde gesagt, kuriose Abkanzelung des „Luxemburger Modells“, das über 40 Jahre lang die Gestaltung der sozialen Beziehungen in unserem Land geprägt hat, dürfte nicht nur bei den Gewerkschaften tiefes Befremden und Staunen auslösen. Lang ist nämlich die Liste jener ehemaligen Spitzenvertreter des Patronats, die stets die positive Bedeutung des „Modell Luxemburg“ für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung Luxemburgs hervorhoben und es als Garant des für unser Land so wichtigen sozialen Friedens anerkannten.

Rückfall in vergangene Zeiten

Welch eine abstruse Einschätzung der historischen sozialen und politischen Realitäten. Ein einmaliger Ausrutscher? Oder, und vieles deutet darauf hin, eine strategische Abkehr der Arbeitgeberseite, oder zumindest von Teilen der luxemburgischen Arbeitgeber, von der Anerkennung des institutionalisierten sozialen Dialogs? Wer, wie es der Präsident des Patronats tut, sozialpartnerschaftliche Verhandlungskompromisse zu Verhandlungsniederlagen umbewertet, der verneint den Willen zum Interessensausgleich mit dem anderen Verhandlungspartner. In diesem Fall zum Ausgleich mit den legitimen Interessen des gesamten luxemburgischen Salariats.

Welch ein Rückfall in vergangene Zeiten, die man überwunden geglaubt hat. Als das Patronat sich jedem sozialen Fortschritt widersetzte, sei es beim Arbeits- oder beim Sozialrecht, und den ideologischen Begriff des „drohenden Gewerkschaftsstaates“ erfand, um die Interessen der arbeitenden Menschen zu diskreditieren und zu übergehen.

In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass bereits im Jahre 2010 die Arbeitgeber den Wirtschafts- und Sozialrat Luxemburgs boykottierten. Und dass sie im Jahre 2014 der Regierung die kalte Schulter zeigten, als diese die Indexierung der Löhne und der Renten wieder normal einsetzte. An dieser Haltung hat sich übrigens bis heute nichts geändert. Nicht vergessen ist ebenfalls ihr kategorischer Widerstand gegen die längst fällig gewordene Reform der Mitbestimmung in den Betrieben, die das Parlament im Jahre 2015 beschloss. Und ihr, glücklicherweise gescheiterter, Versuch, sich den Sozialbeiträgen für die Naturalleistungen der Gesundheitskasse zu entziehen. Und bis heute hält das Gezeter der Arbeitgeber gegen das neue Gesetz über die Arbeitszeiten (PAN) an, weil sie mit ihrer unilateralen Forderung der totalen Flexibilisierung der Arbeitszeiten am Widerstand des OGBL scheiterten.

Skandalöse Kriegserklärung

Et geet elo duer! Der neueste Bruch mit dem sozialen Dialog, mit den sozialen Verhandlungen im CPTE ist eine skandalöse Kriegserklärung gegen die gesetzlich institutionalisierten Verhandlungsrechte aller Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen Luxemburgs.

Und er ist eine unverantwortliche Absage an die Politik dieser Regierung, die bei ihrem Antritt im Jahre 2014 die Notwendigkeit hervorstrich, den sozialen Dialog aufzuwerten. Diesem Anspruch genügt das aktuelle Regierungsprogramm, das u.a. nicht nur den sozialen Dialog im Rahmen des CPTE verstärken will, sondern ebenfalls die allgemeine Förderung des luxemburgischen Kollektivvertragswesens zum Anliegen hat. Ganz zu schweigen von der notwendigen Anpassung der Schutzfunktion des Arbeitsrechts an die neuen und zukünftigen Entwicklungen der Arbeitswelt.

Der Tiefschlag des Patronats gegen den sozialen Dialog widerspricht darüber hinaus dem von der Regierung im Jahre 2018 unterzeichneten Protokolls der „Europäischen Säule der sozialen Rechte“.

Am 25. September haben die national repräsentativen Gewerkschaften CGFP, LCGB und OGBL den Beschluss gefasst, dass sie den Angriff des Patronats auf die Mitbestimmung und auf die gewerkschaftlichen Verhandlungsrechte nicht hinnehmen werden. Am 19. November wird eine erste Protestveranstaltung der Gewerkschaften gegen den Boykott des Patronats und für ein sozial fortschrittliches Arbeitsrecht stattfinden. Der Regierung haben die Gewerkschaften ihre ungebrochene Bereitschaft mitgeteilt, die im Regierungsprogramm aufgeführten Themen in punkto Arbeitsrecht im Rahmen von Dreierverhandlungen im CPTE zu behandeln.

Die Gewerkschaften haben ebenfalls die Gründung einer gemeinsamen Plattform „Arbeit 4.0“ beschlossen, die die Interessen und Bedürfnisse aller Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in der neuen Arbeitswelt im digitalen Zeitalter und mit Blick auf die karbonarme Wirtschaft und Gesellschaft bündeln und abstimmen soll. Für Arbeitsverträge, die prekäre Arbeitsverhältnisse ausschließen. Für die Absicherung der beruflichen und sozialen Perspektiven. Für einen besseren und präventiven Schutz gegen Entlassungen. Für sozial fortschrittliche Fort- und Weiterbildungschancen und –rechte. Für eine bessere Arbeitsqualität und Arbeitszeiten, die eine bessere Harmonisierung zwischen privatem und beruflichem Leben ermöglichen. Für das Aushandeln innovativer Arbeitszeitmodelle im Rahmen von Kollektivverträgen. Für die allgemeine gesetzliche Förderung des Kollektivvertragswesens und seine Anpassung an die Arbeitswelt von heute und morgen.

en Aarbechter
11. November 2019 - 18.38

Wat méicht dee Patron dann nach hei am Land, wann e seng " Boîte " an en Dumpingsland verluecht huet?

J.C.KEMP
8. November 2019 - 19.32

E Patron, de seng 'Boîte' hei am Land zoumecht an se an engem Dumpingland nei opmecht. Seet dach genuch!

de Ben
6. November 2019 - 15.56

La plupart des chefs d'entreprise, le patronat en général, n'ont pas d'états d'âme!

en ale Sozi
5. November 2019 - 18.11

Genau das ist der fruchtbare Boden für die rechtsradikale Saat!

spëtzbouf
11. Oktober 2019 - 18.47

Dem Herrn auf dem Foto steht die Angst förmlich ins Gesicht geschrieben! :)

J.C.KEMP
11. Oktober 2019 - 12.30

Ech hun nach esou puer al Frangen (luf) dorëmmer leien. Kann en déi fir d'UEL spenden?

de Prolet
10. Oktober 2019 - 15.08

Armes, bedauernswertes Patronat, fühlt sich von den Gewerkschaften, lies Arbeitnehmern bedroht!

Erny
10. Oktober 2019 - 14.28

D'Patronat kann sech jo op d'Been setzen an massiv Wunnénge bauen, da brauchen d'Leit net emmer méi Paie well d'Wunnengspräisser regelrecht explodéiren. Kapital as jo do, dat wier eng langfristeg Investissioun fiir weider Leit ze fannen. Nach méi lang pendelen kennen d'Grenzgänger net.

Jacques Zeyen
10. Oktober 2019 - 14.10

" Moral hat in der Wirtschaft nichts zu suchen." ( Würth- UEL )

Obèsix
10. Oktober 2019 - 14.09

" Germinal " Zurück in die 20-er. Zwölfstundentag, sechs Arbeitstage, keinen Urlaub,keine Krankmeldungen. Als könnte das Patronat ohne sein " Fußvolk " bestehen. Natürlich gibt die Klobasilierung(!) neue Perspektiven. Lohndumping und fristlose Entlassungen zugunsten von Billigarbeitern mit Migrationshindergrund machen es den Arbeitgebern einfach. Kündigungsschutz war gestern,jeder ist ersetzbar. Aber sich wundern helfen wenn rechtsradikale Parteien aus dem Boden schiessen wie Pilze. Schöne neue Welt.

Grober J-P.
10. Oktober 2019 - 10.27

Stehen alle "Patrons" hinter den Aussagen des H. Bück, würde mich wundern? Er kommt rüber wie ein Profilneurotiker.