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Bee Secure Stopline„Ihr werdet alle dafür bluten, und das nicht zu knapp“: Wenn Hass im Netz Konsequenzen hat

Bee Secure Stopline / „Ihr werdet alle dafür bluten, und das nicht zu knapp“: Wenn Hass im Netz Konsequenzen hat
Hasskommentare sind auf sozialen Medien und anderen Internetseiten mittlerweile teils an der Tagesordnung Montage: Yannick Schumacher

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Klicken, tippen und auf Senden drücken – ein Hasskommentar auf sozialen Medien oder anderen Internetseiten ist schnell verfasst. Doch ebenso wie Aussagen im realen Leben können Online-Kommentare strafrechtliche Konsequenzen haben. Die Stopline der Luxemburger Plattform Bee Secure hilft dabei, solche Inhalte der Polizei zu melden. Das Tageblatt hat bei der Initiative nachgefragt, wie das funktioniert.

Hasskommentare sind mittlerweile überall im Internet zu finden und teils fast schon an der Tagesordnung – auch das Tageblatt erhält regelmäßig unschöne und teils drohende Zuschriften. Diese Kommentare sind für die Leser auf der Website nicht sichtbar, weil die Redaktion sie löscht, bevor sie das Tageslicht erblicken. Ein hartnäckiger Fall ist zum Beispiel ein Nutzer, der kürzlich unter einen Tageblatt-Artikel schrieb: „Ihr werdet alle dafür bluten, und das nicht zu knapp.“ Ein Klick, und er landete im virtuellen Papierkorb. Eine Möglichkeit, Kommentare wie diesen online zu melden, gibt es in Luxemburg bei der Stopline von Bee Secure. Wir haben mit Jeff Kaufmann von der Initiative über den Meldevorgang gesprochen, und ihn gefragt, was es mit dem Online-Hass auf sich hat.  

Jeff Kaufmann von der Initiative Bee Secure sagt, die Stopline sei ein sehr einfacher Weg, um in Luxemburg online Hasskommentare zu melden
Jeff Kaufmann von der Initiative Bee Secure sagt, die Stopline sei ein sehr einfacher Weg, um in Luxemburg online Hasskommentare zu melden Foto: Editpress/Hervé Montaigu

„Bei Bee Secure kann alles gemeldet werden, was im ‚Code pénal’ (Strafgesetzbuch, Anm. d. Red.) steht. Aufruf zu Gewalt, Hass aufgrund von Hautfarbe, Geschlecht, sexueller Orientierung, Alter, politischen oder philosophischen Ansichten, Nationalität“, sagt Kaufmann. Das Ganze funktioniert über ein Online-Formular auf der Bee-Secure-Internetseite unter www.stopline.bee-secure.lu, bei der die Anonymität des Meldenden gewahrt werden soll. Auch Terrorismus und sogenannter Revisionismus kann man auf der Seite melden – laut Kaufmann falle unter letzteres auch das, was teilweise auf den Corona-Demonstrationen zu sehen gewesen war: Relativierungen des „Holocausts“ oder Verunglimpfungen des „Judensterns“. 

Bei der Stopline kümmert sich das „Kanner-Jugendtelefon“ (KJT) um den Meldevorgang. Deren Team schaue sich die Meldungen an, erklärt Kaufmann, und entscheide dann, ob sie den jeweiligen Vorgang an die Autoritäten weiterleitet – also die Kriminalpolizei. „Ab dem Moment sind wir dort raus und bekommen auch nichts mehr von diesem Fall mit“, so Kaufmann. Weitere Untersuchungen stelle das Team nicht an. Stopline sei lediglich eine Art Dienstleistung, auf der man anonym Inhalte melden kann – niemand gehe normalerweise „proaktiv“ Kommentare in den sozialen Medien überprüfen. „Das wird uns vorgeworfen, ist aber nicht der Fall.“

Auf Einsendungen folgen regelmäßig auch Strafen

Bee Secure arbeitet derzeit an einer neuen und größeren Sensibilisierungskampagne zum Oberthema Hass im Netz. Im Herbst soll auch die Stopline-Webseite einen neuen Anstrich bekommen. „Es wird hauptsächlich am Look gearbeitet, aber es geht auch darum, dass den Menschen, die im Hintergrund arbeiten, ein besseres Back-End zur Verfügung steht“, sagt Kaufmann.

Was ist Bee Secure?

Bee Secure ist eine Initiative der Regierung des Großherzogtums Luxemburg, die vom „Service national de la jeunesse“ (SNJ) und dem „Kanner-Jugendtelefon“ (KJT) geführt wird. Das geschieht in Zusammenarbeit mit „Security made in Lëtzebuerg“, der Luxemburger Polizei sowie der Generalstaatsanwaltschaft. Bee Secure wird vom SNJ koordiniert und von der Europäischen Kommission mitfinanziert. Das Mitwirken seitens der Regierung wird durch das Bildungs- und das Wirtschaftsministerium und das Ministerium für Familie und Integration sichergestellt. Außerdem ist die Initiative Teil der europäischen Netzwerke „Insafe“ (Sensibilisierungszentren und Helplines) und „Inhope“ (Meldestellen für illegale Inhalte). (Quelle: Website Bee Secure)

Bee Secure selbst erstelle auch keine Anzeige, das erledige die Polizei selbst. „Eigentlich könnte man auch als Privatperson ohne die Stopline Anzeige bei der Polizei erstellen. Doch: Wir haben auch direkte Kontakte mit den Menschen, die an diesen Fällen arbeiten“, erklärt der Bee-Secure-Mitarbeiter. Die Stopline sei also der einfachere Weg, weil die Fälle sofort bei den richtigen Beamten landen. „Unser Team arbeitet jeden Tag, sodass die Ordner zeitnah weitergegeben werden.“ Es seien auch bereits „regelmäßig“ Strafen ausgesprochen worden, nachdem der entsprechende Kommentar bei der Stopline gemeldet wurde. „Man sieht, wie viele Menschen auch wegen solcher Vorfälle vor Gericht landen“, so Kaufmann. Um die anfallenden Meldungen an Hasskommentaren umgehen zu können, brauche es auch genügend Ressourcen. Das funktioniere jedoch bei der Stopline „relativ gut“.

Corona-Demos und Klima-Proteste

Hassrede, auch Hatespeech genannt, findet zumeist digital statt, eine Radikalisierung und Übertragung ins Leben abseits des Internets sei laut dem Bee-Secure-Mitarbeiter aber noch mal eine andere Sache. Das sei zum Beispiel der Fall, wenn sich „das Ganze in die Realität überträgt und es zu physischer Gewalt kommt, wie wir im Dezember gesehen haben, also dass Politiker zu Hause aufgesucht wurden, dass Menschen evakuiert werden mussten“, sagt Kaufmann.

Im Zusammenhang mit den Klima-Demonstrationen, wie zum Beispiel „Fridays for Future“ oder „Youth for Climate“, kämen Hasskommentare ebenfalls vor. Er ergänzt: „Wenn ‚Youth for Climate’-Veranstaltungen stattfinden und man die Kommentare liest, wo gegen die jungen Menschen gestänkert wird, dann wird das als Durchschnittsmeinung dargestellt – was ein verzerrtes Bild ist. Wir wollen darauf hinweisen, dass das nicht die Realität ist.“

Mehr Einsendungen als noch vor ein paar Jahren

Bei einigen Kommentaren sei es allerdings nicht ganz klar, ob es sich tatsächlich per Definition um Hasskommentare handelt. In diesen Fällen müsse dann auch die Staatsanwaltschaft entscheiden, was mit dem jeweiligen Fall passiert. „Das, von dem man selbst meint, dass es illegal ist, ist es für die Staatsanwaltschaft nicht unbedingt – und umgekehrt“, sagt Kaufmann. Bee Secure leiste außerdem Aufklärungsarbeit bei Jugendlichen. Dabei zeige das Team den jungen Menschen auch Beiträge aus dem Netz und frage sie nach ihrer Einschätzung, ob man sie ihrer Meinung nach an die Stopline weiterleiten sollte oder nicht.

Aus einer Tabelle der eingereichten und weitergeleiteten Inhalte hinsichtlich „Rassismus und andere diskriminierende Inhalte“ seitens der Stopline, lässt sich zudem erkennen, dass die Einsendungen in den vergangenen Jahren zunahmen. Meist wurde mindestens die Hälfte der Einsendungen, oder auch deutlich mehr, an die Kriminalpolizei weitergeleitet. In den Jahren 2016 und 2017 waren es jeweils 114 und 110 Einsendungen und 46 und 58 weitergeleitete Fälle. 2020 und 2021 waren es hingegen jeweils 292 und 291 Einsendungen und davon je 240 und 187 Weiterleitungen.

Die Stopline-Zahlen der eingereichten und weitergeleiteten Inhalte aus den vergangenen Jahren
Die Stopline-Zahlen der eingereichten und weitergeleiteten Inhalte aus den vergangenen Jahren Tabelle: Bee Secure Stopline
viola
23. Juli 2022 - 1.57

Wenn Sie schon lästern, nie unter eigenem Namen und immer mit VPN.
Außer Ihrer Bank braucht niemand Ihren richtigen Namen zu kennen.

Sogar Amazon liefert problemlos an Ihre Katze.

Filet de Boeuf
22. Juli 2022 - 9.53

Ein Traumjob. Sehr wichtig. Da braucht man fast keine Wärmepumpe mehr. Wann werden eigentlich Dogwalker verbeamtet?