Als „Amerikas Vater“ wurde Bill Cosby einst liebevoll bezeichnet, so dauerpräsent war der Schauspieler und Komiker als Familienvater im US-Fernsehen. Zu seinem 85. Geburtstag am Dienstag (12. Juli) aber scheint das in ferne Vergangenheit gerückt und Cosbys Karriere vollkommen zerschlagen zu sein. Vorwürfe gleich mehrerer Frauen von sexuellem Missbrauch holten den einst so beliebten Schauspieler ein und mehrere Prozesse machten aus ihm einen verurteilten Sexualstraftäter – den ersten der Ära #MeToo.
2018 war Cosby wegen sexueller Nötigung zu einer Strafe von mindestens drei und höchstens zehn Jahren Haft verurteilt worden. In dem Prozess ging es um einen Fall aus dem Jahr 2004. Die Jury sah es als erwiesen an, dass Cosby eine Frau mit Tabletten hilflos gemacht und dann sexuell genötigt hatte.
Dass Cosby trotzdem wieder auf freiem Fuß ist, liegt vor allem an einer Formalie: Im vergangenen Jahr hatten Richter in Pennsylvania das Urteil überraschend gekippt. Wegen des Deals eines früher mit dem Fall befassten Staatsanwalts hätte Cosby in dieser Sache gar nicht erst angeklagt werden dürfen, hieß es. Der Prozess dürfe auch nicht noch einmal aufgerollt werden. Nach rund drei Jahren als Insasse NN7687 in der Anstalt SCI Phoenix mit rund 2.400 Insassen in Pennsylvania kam Cosby wieder frei.
Ein Sieg für Cosby, der auf dem Weg nach Hause dann auch gleich mit den Fingern das Victory-Zeichen für die Kameras machte und immer betont hat, dass er sich als unschuldig ansieht. „Ich habe weder meine Haltung noch meine Geschichte je geändert. Ich habe immer meine Unschuld beteuert.“ Cosby sei „extrem glücklich, zu Hause zu sein und freut sich darauf, mit seiner Frau und seinen Kindern zusammen zu sein“, hieß es von Cosbys Anwältin Jennifer Bonjean.
Der gerichtliche Ärger scheint für Cosby aber trotzdem noch lange nicht vorbei. Erst im Juni befand eine Jury in einem Zivilprozess in Los Angeles den Komiker des sexuellen Missbrauchs für schuldig – und sprach der Klägerin 500.000 Dollar zu. Die Jury aus acht Frauen und vier Männern sah es als erwiesen an, dass Cosby die Klägerin in der Playboy-Mansion in Los Angeles missbrauchte, als sie 16 Jahre alt war. Cosbys Anwälte wiesen den Schuldspruch zurück – und kündigten an, gegen das Urteil Berufung einlegen zu wollen. Weitere Zivilprozesse könnten folgen.
Cosbys Ruf scheint längst dahin, zudem ist er auch gesundheitlich stark angeschlagen. In der Öffentlichkeit wird er beim Gehen meist gestützt, zudem ist er Angaben seines Teams zufolge so gut wie blind. Dass er seine Karriere nochmal ankurbeln kann, wie er immer wieder angekündigt hat, scheint derzeit äußerst fraglich. Seine Familie – Ehefrau Camille, mit der er seit mehr als 50 Jahren verheiratet ist, und die drei verbleibenden Kinder – hält weiter zu ihm, in der Öffentlichkeit hat sich ansonsten fast die gesamte Branche von dem Schauspieler distanziert. Unter anderem das Kennedy Center in Washington widerrief Auszeichnungen an ihn, die Oscar-Akademie schloss ihn aus.
1966 hatte der 1937 als William Henry Cosby in Philadelphia geborene Schauspieler mit der Krimi-Serie „Tennisschläger und Kanonen“ als erster schwarzer Schauspieler einen Emmy gewonnen. Mit der „Bill Cosby Show“ wurde er dann weltweit berühmt. Aus „Amerikas Vater“, so titelte vor einiger Zeit der Boston Globe, sei aber inzwischen „Amerikas missbrauchender Vater“ geworden.
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