Frauenverführer, Richter, Faschist und Gauner: Jean-Louis Trintignant hat mit mehr als 140 Rollen Kinogeschichte geschrieben. Auch sein Leben war von Dramen überschattet.
Für Costa-Gavras, Roger Vadim, Eric Rohmer, Bernardo Bertolucci und Michael Haneke stand er vor der Kamera. An der Seite von Brigitte Bardot und Romy Schneider glänzte er in Kultfilmen. Jean-Louis Trintignant hat in mehr als 140 Film- und Fernsehrollen mitgewirkt. Dabei trat er oft als charismatischer und distanzierter Antiheld auf. Nun ist der französische Schauspieler im Alter von 91 Jahren gestorben.
Mit Trintignant hat Frankreich einen der größten Charakterdarsteller verloren. Als schüchterner Ehemann an der Seite von Brigitte Bardot wurde er 1956 in „Et Dieu créa la femme“ von Roger Vadim in Frankreich zum Star. In dem Film überzeugte er nicht nur als geduldiger Ehemann an der Seite einer Femme fatale. Mit Bardot – damals noch mit Vadim verheiratet – begann er eine Beziehung, die für viel Aufsehen sorgte. Trintignants Idylle mit Bardot und seine Karriere wurden durch seinen rund 30-monatigen Militärdienst unterbrochen, der ihn unter anderem auch nach Deutschland brachte.
Erst 1966 kehrte er mit „Un homme et une femme“ von Claude Lelouch als verwitweter und alleinerziehender Vater an der Seite von Anouk Aimée wieder ins internationale Rampenlicht zurück. Zwei Jahre später folgte der Italowestern „Leichen pflastern seinen Weg“ (mit Klaus Kinski).
Mit Costa-Gavras drehte er den Politthriller „Z“. Seine Rolle als Untersuchungsrichter brachte ihm 1969 auf den Filmfestspielen in Cannes die Auszeichnung als bester Schauspieler ein. Es folgten „L’homme qui ment“ von Alain Robbe-Grillet und „Le mouton enragé“ mit Romy Schneider, in dem er einen Frauenverführer verkörpert.
Mit Bernardo Bertolucci drehte er „Il conformista“. Das Angebot, in dessen erotischem Klassiker und Skandalfilm „Der letzte Tango von Paris“ mitzuspielen, lehnte er hingegen ab. An seiner Stelle schlüpfte Marlon Brando in die Rolle des älteren Amerikaners, der sich regelmäßig mit einer jungen Französin zu Gesprächen und Sex trifft.
Er habe nie einen Film wegen der Rolle ausgewählt, sondern eher wegen des Regisseurs, sagte Trintignant einst. „Wenn ich spiele, dann stehe ich im Dienst des Regisseurs. Ich vergesse völlig meine Person und schlüpfe in eine Rolle. Es gibt keine guten oder schlechten Akteure. Es gibt nur gute oder schlechte Regisseure“, erklärte er auch in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.
Der beste Regisseur der Welt war für ihn Michael Haneke. Mit dem Österreicher drehte er seine letzten Filme. In „Liebe“ aus dem Jahr 2012 spielte er nach mehrjähriger Pause einen Rentner, der seine nach einem Schlaganfall ans Bett gebundene Frau vom Leiden erlöst. Erneut mit Haneke drehte er „Happy End“ aus dem Jahr 2017.
Trintignant begann seine Karriere zunächst im Theater. Trotz seiner Leinwanderfolge bevorzugte er das Theater, dem er zeitlebens treu blieb. Man könne Kino ohne Schauspieler machen, aber kein Theater ohne Schauspieler, gab er als Grund an.
Trintignant wurde am 11. Dezember 1930 in Piolenc in Südfrankreich als Sohn einer wohlsituierten Industriellenfamilie geboren. Neben seinem Jurastudium in Aix-en-Provence belegte er Kurse in Schauspielerei. Für den Beruf als Schauspieler entschloss er sich, um seine fast schon krankhafte Schüchternheit zu verlieren, erzählte er.
Auch privat gab es viele Dramen in seinem Leben. Von seinen drei Kindern mit der Regisseurin Nadine Trintignant, die er 1961 geheiratet hat, lebt heute nur noch sein Sohn Vincent. Seine Tochter Pauline starb am plötzlichen Kindstod. Das schmerzliche Erlebnis verarbeitete seine Frau Anfang der 70er Jahre in dem Film „Das passiert immer nur den anderen“ mit Catherine Deneuve und Marcello Mastroianni. Nur wenige Jahre später ging die Ehe in die Brüche.
Ein Schicksalsschlag, von dem sich Trintignant zeitlebens nie erholte, war der Tod seiner Tochter Marie Trintignant, mit der er oft zusammen auf der Bühne stand. Sie starb im Jahr 2003 bei Dreharbeiten in der litauischen Hauptstadt Vilnius. Im Streit hatte sie ihr Freund und Sänger Bertrand Cantat geschlagen. Aus dem Koma war sie nie mehr erwacht. Er sei an jenem Tag gestorben, an dem Marie gestorben sei, sagte er in einem Interview. (dpa)
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