Tageblatt: Wie intensiv darf man einen Meistertitel eigentlich als Präsident feiern?
Gerry Schintgen: Wir hatten schon vor einer Woche intensiv gefeiert – und am Sonntagabend nochmal. Es bleib aber alles im Rahmen des Vernünftigen. Ich war um 1.00 Uhr zu Hause und heute Morgen (am Montag) schon wieder bei der Arbeit. Es stand von vornherein fest, dass die Trophäe und Medaillen in Wiltz überreicht werden würden. Danach sind die beiden Busse mit den Fans und der Spielerbus gemeinsam nach Düdelingen aufgebrochen, wo wir gegrillt und gefeiert haben. Es waren sehr viele Leute dabei, was mich unheimlich gefreut hat.
Mit welchen Emotionen blicken Sie auf die vergangene Saison zurück?
Man sollte nicht nur die aktuelle, sondern beide vergangenen Saisons analysieren. Wir haben den Titel im letzten Jahr aufgrund eines 0:0 gegen Wiltz verpasst. Diesmal hätte man den Sack früher zumachen können, beispielsweise mit einem Punkt gegen Fola (3:4). In Differdingen haben wir im Herbst verloren, obwohl wir 20 Minuten in Überzahl waren. Dort ist uns ein individueller Fehler unterlaufen. Wenn man am Ende oben steht, hat man allerdings vieles richtig gemacht, denn auch bei den Konkurrenten läuft es nicht immer nach Plan.
Trainer Carlos Fangueiro verlängerte vor neun Tagen demonstrativ vor versammelter Mannschaft und der eigenen Kulisse: Welches Zeichen wollte der Klub damit setzen?
Diese Aktion kam sehr gut an. Es war der Beweis dafür, dass diese Vertragsverlängerung der Wunsch eines ganzen Vereins war. In Wiltz klatschten 500 Menschen, als er den Rasen 25 Minuten vor Spielbeginn betrat. Er ist zu einer Identifikationsfigur geworden. Es war also ein starkes Zeichen, das wir gesetzt haben. Seit Februar gab es immer wieder Gerüchte und andere Vereine, die mit ihm in Zusammenhang gebracht worden sind. Wir haben dem Trainerstab im März mitgeteilt, dass wir die Option auf Verlängerung noch nicht ziehen möchten, da zu diesem Zeitpunkt nicht feststand, wo wir aus sportlicher Sicht hinsteuern würden. Das war für den einen oder anderen Betroffenen vielleicht nicht einfach zu verstehen. Das ändert aber nichts daran, dass es für uns als Verein immer eine Priorität war, mit diesem Trainerstab weiterzuarbeiten. Bei den Verhandlungen herrschte totale Transparenz. Carlos Fangueiro hat uns von seinen Angeboten erzählt und wir haben gemeinsam nach einer optimalen Lösung gesucht.
Während 24 Spieltagen stand Düdelingen ganz oben in der Tabelle. Ist der Titel demnach verdient?
Ich bin in diesen Dingen immer zurückhaltend. Aber wenn man sich anschaut, wie die Saison verlaufen ist, kann man sagen, dass der Titel verdient ist. Wir haben gegen Fola, Differdingen und Swift gewonnen. Das beweist es eigentlich schon.
Vor zwei Jahren verließ mit Flavio Becca der ehemalige Investor den Verein in Richtung Swift. Hilft diese Trophäe dabei, nun endlich ein neues Kapitel Vereinsgeschichte aufzuschlagen?
Wir mussten im Juni 2020 einen Neubeginn starten, als man uns sozusagen die Schlüssel überlassen hat. Ich würde nie eine Verbindung herstellen und behaupten, dass dieser Titel mehr wert sei als die davor. Es ist eine neue Ära. Die Unterstützung der Düdelinger Menschen, unserer Fans, hat sich verändert. Damit haben wir etwas Großes erreicht. Im letzten Jahr fehlten uns zwei Punkte, um Meister zu werden. Wir haben beständig gearbeitet. Als Carlos Fangueiro ankam, sagte er, er möchte Champion werden. Ich bin übrigens auch sehr froh darüber, dass wir in Wiltz gewonnen haben – alleine schon, um den Diskussionen der Wettbewerbsverzerrung aus dem Weg zu gehen. Der Rosporter Präsident und der Trainer haben sich dafür bedankt.
Wie viel Becca steckt denn noch in diesem Titel?
Es stehen ja noch ein paar Stammspieler der damaligen Ära im Kader. Kirch, Morren, Cools, Bettaieb. Diese Spieler hatten damals entschieden, zu bleiben, und gehören mittlerweile zu den Leadern. Ein Stück davon ist also noch vorhanden. Fakt ist aber, dass der Klub jetzt komplett autonom und selbstständig geworden ist. Die Entscheidungen werden gemeinsam vom Vorstand und dem sportlichen Stab genommen – was vorher nicht der Fall war.
Nach dem Abgang des Mäzens hat der Verein das Budget um 30 Prozent gekürzt. Wie haben sich die Finanzen stabilisiert?
Wir mussten noch weitere Einsparungen vornehmen. Verglichen mit dem letzten Becca-Budget sind wir aktuell bei Minus 40 Prozent. Wir müssen weiterhin sehr vorsichtig sein. Die Ausgaben müssen gedeckt werden können. 85 Prozent davon gehen für Trainer und Spieler drauf.
Als Meister sind Ihnen vier internationale Termine bereits sicher. Welchen Einfluss haben die UEFA-Solidaritätszahlungen auf die Planungen für die nächste Saison?
Wir können durch diese Einnahmen das eine oder andere Angebot machen, das besser ist.
Mit Bruno Freire wurde die erste Neuverpflichtung unter Dach und Fach gebracht. Kevin Van den Kerkhof (Bastia) und Ricky Delgado (Swift) stehen als Abgänge fest. Wie groß wird der Personalwandel beim F91 sein?
Wir sind gerade dabei, Gespräche mit den Kaderspieler zu führen, deren Verträge auslaufen. Es ist nicht einfach, die Gruppe zusammenzuhalten, da es Konkurrenz gibt, bei der wir finanziell nicht mithalten können. Man spürt aber eine Tendenz, dass sie auch für weniger Geld bleiben. In den Interviews war immer wieder von Familie die Rede. Das kann ich bestätigen. Idealerweise finden wir passenden Ersatz für Van den Kerkhof. Er war, auf die beiden Saisons gesehen, der beste Spieler der Liga. Am Sonntag hat er sein erstes Spiel in zwei Jahren verpasst.
Sie haben sich am Freitag auf Facebook schützend vor Ihren Spieler Dejvid Sinani gestellt, der die Nominierung von Nationaltrainer Luc Holtz nicht annahm. Ist das aktuelle Format, mit 30 Spieltagen und Pokalspielen, nicht an die nationalen Gegebenheiten angepasst?
Das will ich nicht unbedingt infrage stellen. Bei der Problematik mit Sinani geht es darum, dass der Junge seit einem Jahr fast ununterbrochen spielt und jede Woche 40 Stunden arbeitet. Er hat keine Freizeit. Man muss es respektieren, wenn er sagt, dass er nach so einer Saison mental und physisch leer ist. Wir haben die Vorbereitung am 15. Juni 2021 aufgenommen und spielen am Freitag noch ein Pokalfinale. In zwei Wochen beginnt die nächste Vorbereitung. Es ist normal, dass jemand, der tagsüber keine Pause hat, ausgelaugt ist.
Jetzt führt Sie der Weg ins Stade de Luxembourg. Ihre Mannschaft hat nur zweimal zu Hause verloren – als Sie dementsprechend auch als Stadionsprecher im Einsatz waren. Sind Sie trotzdem erleichtert, dass diesmal jemand anderes diesen Job erledigt?
Als ich vor zehn Jahren das Mikrofon bei der FLF übernommen habe, wurde festgelegt, dass ich bei einem Pokalfinale des F91 nicht im Einsatz sein möchte. Ich freue mich unheimlich darauf, zum ersten Mal nicht im Stade de Luxembourg zu arbeiten. Es wird ein tolles Erlebnis für beide Vereine sein, die diese Premiere erleben werden.
Gab es nach dem letzten Meisterschaftsspieltag eigentlich schon einen Anruf aus Hesperingen?
Nein. Es ist eine Diskussion, die keine ist. Wir stehen unmittelbar vor dem Double. Da ist es uns völlig egal, ob Hesperingen am Ende europäisch spielt oder nicht. Unser Ziel ist der Pokalgewinn.
Vorverkauf und Transport
F91 Düdelingen: Der F91 organisiert am Freitag einen Bustransport für seine Anhänger. Abfahrt ist um 18.15 Uhr. Anmelden kann man sich bis Donnerstag (18.00) Uhr über valmauchere@hotmail.com oder per SMS an die Nummer 621 46 71 89.
Tickets können im Vorfeld beim Verein gekauft werden. Am Mittwoch (18.00 bis 19.30 Uhr) und am Donnerstag (10.00 bis 11.30 Uhr) sind Eintrittskarten im Stade Meyer erhältlich. Informationen zum Online-Vorverkauf gibt es auf der Facebookseite des Klubs.
RFCU Lëtzebuerg: Die Hauptstädter haben für ihre Anhänger ein komplettes Rahmenprogramm auf die Beine gestellt. Am Donnerstag können im Stade Hammerel ab 17.30 Uhr Tickets und Snacks erworben werden, während die Mannschaft ihr Abschlusstraining vor dem Finale absolviert. Zudem können die Eintrittskarten am Dienstag und Mittwoch zwischen 14.00 und 16.00 Uhr im heimischen Stadion gekauft werden. Über Facebook gibt es weitere Informationen und den Link für den Online-Vorverkauf.
Damen: Racing feiert zu Hause
Ungeschlagen haben die Damen des RFCU Lëtzebuerg am Samstag ihre Meistersaison mit einem 6:1 gegen Bettemburg beendet. Nach 24 Spieltagen stehen die Racing-Frauen mit berauschenden 70 Punkten obenauf. Vizemeisterinnen wurden die Mamer Frauen um Nationalspielerin Amy Thompson (59 Punkte), auf Platz drei landete Junglinster (55). Mit ihren 52 Treffern in 16 Spielen ist Karoline Kohr (RFCUL) Torschützenkönigin der Ligue 1 geworden.
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